Frühstücken im Hotel – Gastrosophisches von Dieter Ilg

November 2006

FRÜHSTÜCK IM HOTEL ?
Ach herrje, frühstücken im Hotel unterwegs. Gelegentlich passiert es, daß ich noch im morgentlichen Transchlaf kurz überlege, ob es sich denn lohnt, das Hotelfrühstück wahrzunehmen oder lieber auf eingepackte Trockenfrüchte und dergleichen oder eben gar nichts auszuweichen. Gute Frühstücksadressen befinden sich zumeist nicht in unmittelbarer Nähe des eigenen Übernachtungsetablissements oder man und frau kennt keine solchen um die Ecke. Oder vielleicht doch nur einen Espresso mit großem Glas Wasser unterwegs bei der nächsten Rast ?
Die Bequemlichkeit der Stunde läßt mich zumeist in den Frühstücksraum tapsen. Falle zugeschnappt. Deutschland billig Vaterland. Selbst in angesehenen Häusern nagt der Rost des Totsparens. Die werten Hotelmanager scheren sich nicht um den Benzinverbrauch ihres fahrenden Untersatzes, aber 2 Cent beim Teebeutel gespart scheint der Heilsbringer schlechthin. Neulich in Berlin: Der blaukartonierte Assamtee im Beutel von Eilles entsprach eher der Qualität gepressten Toilettenpapiers denn eines vernünftigen Schwarztees. Sind die Dinger falsch gelagert gewesen oder kann Assamtee wirklich so schlecht sein ? Gut, heute kein Tee dachte ich und beugte mich über den Obstsalat. Der Geruch und die bereits oxidierten Oberflächenflecken waren nicht zu übersehen. Ich hätte schwören mögen, daß die schon leicht an den Seiten nach oben wellenden Salamischeiben aus den quellenverschleiernden, anonymen Plastikverpackungen hiesiger Großmärkte stammten. Der schon etwas eingetrocknete, Rührei genannte Klumpen im Warmhalteblech gab mir dann den Rest. Wie so häufig: mehr Schein als Sein. Weniger, aber dafür in guter Qualität, wäre mehr. Weitaus mehr. Nein, kein Frühstück im Hotel.