Jazz Cooks 51

Pasta & Sugo alla [em]
Die normative Kraft der Pasta

Erst machten sie die Nudeln platt, dann waren unser Chef-Gourmet Dieter Ilg und die drei von [em] mutmaßlich selbst platt. Lecker ist eben manchmal alles andere als „light“ – in Berlin wie in Schwäbisch Hall oder im Piemont.

Berlin, Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin………tönt es aus diversen Fußballkehlen. Nicht die cleversten in Menschengestalt, definitiv nicht die dümmsten. Ballverrückt und pokalgeil lungert die Masse hinter Absperrgittern in alkoholgeschwängerter Luft und schreit sich die Seele aus dem Leib. Sei sie noch so arm und in schwarzweiß gefärbt. Persönliche Sichtweiten. So findet im Frühling der ein oder andere und die ein oder andere den Weg in Wowereits Regierungsbereich, wo all die Merkels, Seehofers und Westerwelles, ihre Hände nicht schmutzig machen wollen. Stattdessen gibt es Brot und Spiele.
Doch nun ist es herbstlich, und es findet sich Pasta und Soße. Ein Grund, in Eva Kruses Dachwohnung, auf schwarz-weißen Küchenfliesen der Nudelherstellung und Sugogewinnung beizuwohnen. Ememem…..zu dritt wird hier gewerkelt. Auch ohne Pokal.
Der Autor verwechselt Vorder – mit Hinterhaus und läuft somit punkt 20h zwölf Stockwerke hoch. Macht der gar nichts außer im Dutzend ?
Eric Schäfer überholt mich auf der letzten Stufe, schnurstracks an Eva vorbei in die Arme von Michael Wollny. Das ist das Trio, welches zu kochen gelüstet. Mir dünkt gerade, daß der ECHO 2011 doch in Schwäbisch-HALL stattfinden sollte. Mit knuspriger Schulter von der schwäbisch-hällischen Sau als Catering-Höhepunkt. Schon wieder Punkt. Komma. Strich. Aus. Amen. Beim Wort Schwein werde ich aufgeklärt. Eric ist seit 18 Jahren Vegetarier, als Buddhist auch aus ethischen Gründen. „Eigentlich esse ich alles außer Schweinefleisch“ meint Eva. Zartes Filet aus Fisch oder Fleisch sind ihr genehm. „Ich bin picky….“. die Bassistin mit dem paradiesischen Vornamen lacht. Butter wie Schlagsahne sind ihr auch ein Plaisier. Als große Süßspeisenliebhaberin frönt sie dem ein oder anderen Kuchen. Wer möchte es ihr verdenken ? Auch ich würde für Heidesand Meilen gehen….
Michael wiederum ist neben dem berühmten Heuschnupfen von der ein oder anderen Lebensmittelallergie geplagt: Haselnuss, Apfel, jegliches Steinobst wie Pfirsich oder Kirschen und die Milchzuckerunverträglichkeit müssen bewältigt werden. Sodenn wird es heute geben: pasta alla norma mit selbstgemachten Nudeln, dazu einen Salat des Hauses und eine Apfeltarte aus Mürbeteig. Die entsprechenden Rezepte sind wie zumeist unten angefügt. Ave.Eva erwähnt ihre Beschäftigung mit der Chinesischen Medizin. Holz, Feuer, Metall, Wasser, Erde als Quintessenz. Quittenessenz. Wortspiel – Musikspiel. Puls – und Zungendiagnose. Akupunktur. Der sogenannte Westen hat diese Art der Heil – und Glaubensfragen in den letzten Jahrzehnten begierig aufgesaugt, wohl auch in Ermangelung und Zerstörung der eigenen Heilkräutermedizin. Statt Unkraut zu rupfen, heißt es nun im Rückenstudio lupfen………äußerst frei nach dem feinen Heinz Ehrhard.
Eric packt die von seiner Mutter vererbte Nudelmaschine aus und frägt gleichzeitig nach einer Plastikschüssel für seinen Teig. Perkussives Kneten mit leichtem Beckenkreisen. Michael schlängelt sich tastend durchs enge Küchental. Für die im Pariser Moderestaurant Maxim bekannt gewordene (im Original in der Kupferpfanne im Backofen gegarte) Tarte des Demoiselles Tatin hat er die Teigführung bereits hinter sich. Nun heißt es für den Tastentaster Äpfel schneiden, in dünne Scheiben. Evas Sugo brodelt auf leichtem Feuer bereits seit gefühlter Ewigkeit vor sich hin. Rühren, rühren, rühren und immer wieder abschmecken ist die Devise. Eric nimmt nun die einzelnen Teigstücke, plättet sie grob vor und führt diese durch die anfangs noch weit auseinanderstehenden Walzen. Hernach mit immer kleiner werdendem Walzenabstand wiederholend. So werden die Teigplatten nach und nach dünner und auf dem ganzen Küchentisch auf etwas Mehl niedergelegt, quasi zwischengelagert. Wir unterhalten uns über diverse Möglichkeiten Nudeln selbst zu machen. Ich erinnere mich an ein Nudelteigrezept aus einem Kochbuch des Piemont, welches mit folgenden Zutaten auskommt: 1kg Mehl, 20 Eigelb, 3-4 Eiweiß, 1 gehäufter TL Salz und 2-3 EL Olivenöl. Das ergibt edle Tajarin. Man munkelt in italophilen Genußkreisen von Nudelteigen mit bis zu 60 Eigelb pro Kilo Mehl. Das sind im wahrsten Sinne des Wortes Eiernudeln ! Für abhängig Cholesterinsüchtige. Kann man hier schon von Beschaffungskriminalität sprechen ? Nun denn, absolute Puristen bestehen auch darauf, daß statt der letzten Maschinenschneidung nur das Messer zur finalen Nudelwerdung beitragen darf. Schnittnudeln statt Schnittblumen.Eva und Eric waren des Morgens mit ihren Kindern beim Einkaufen der Zutaten. Man bekam keinen Ricotta Salata und wählte deshalb Ricotta Romana + Peccorino. Letzterer wird gerieben, der Ricotta kleinstmöglichst zerbröselt. Weise vorausdenkend fragt Eva Eric, ob sie schon einmal das Nudelwasser erhitzen soll. Eindeutig organisiert und reguliert die Kontrabassistin die Arbeitsströme in ihrer Küche. Gute Logistik, insbesondere in einer kleinen Küche ist unabdingbar. Über die Ästhetik der sogenannten „Frankfurter Küche“ gelangen wir an unsere kulinarischen Erlebnisse der letzten Zeit. Eva war kürzlich in Hessens Hauptstadt und erschmeckte die Vorzüge einer gut gemachten Grünen Soße mit Kartoffeln. Eric läßt von einem gemeinsamen Schäuferla in Nürnberg verlauten. Hollahoppsasa, im Frankenland ein unvegetarischer Anfall ? Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Michael inspiziert die Tartewerdung mit Argwohn. Doch kein Grund zur Sorge. Kein Pedalbruch in Sicht. Es zieht ihn nach Frankfurt…..am hellen Tage.

Aus dem Dunkeln der Berliner Nacht ins grelle Flurlicht taucht des Trios Managerin Vivian Peruth. Erics Platikflaschenschorle erspähend schwärmt sie sogleich vom Pellegrino – Orange, entsetzt feststellend ohne Wein zu sein. Doch das Piemont hatte Spuren hinterlassen, flugs organisiert sie eine Flasche Barolo. Salute. Nun nähert sich der Höhepunkt: Gemeinschaftsarbeit. Eric hievt die dünnen Teigplatten in die Maschinenwalzen, Eva kurbelt und Michael fängt fingernd die fertigen Tagliatelle auf. Das Wasser im Topf kocht, und Eric hebelt die gestalteten Nudelbändchen ins gesalzte Wasser. Immer wieder mit Holzlöffel Kreise ziehend. Al dente werden die Kohlehydratlinge von der heißen Flüssigkeit abgeseiht und mit etwas Olivenöl gegen das Anbappen gewappnet. Schlußendlich die Suche nach frischem Basilikum zwecks Garnierung. Am Esstisch in familiärer Runde kreist der Nudeltopf. Pasta samt Sugo werden eingesaugt, schmatzend und glücklich. Bene.
Finalmente geben wir uns einem Stück der Tarte hin und laben uns an Wasser, Sprudel und Wein. Nur Eric besorgt sich zu später Stunde einen Kaffee zum Abschluß, die Steuererklärung muß in dieser Nacht noch fertiggestellt werden. Die Pasta Norma dürfte ihm dabei geholfen haben. Basta.

Evas Auberginen-Tomatencreme
2 Auberginen in Scheiben schneiden, mit Salz bestreuen und etwas ziehen lassen. Olivenöl in der Pfanne erhitzen, die Auberginen mit Küchentuch abtupfen und ca. 15 Minuten andünsten. 2 gehackte Knoblauchzehen untermischen. Auberginen heraus nehmen und 3 abgezogene, kleingeschnittene Tomaten andünsten. 500 ml passierte Tomaten und ca. 5 EL Tomatenmark unterrühren. Paprika-Gewürz zufügen und die Auberginen-Knoblauch-Masse unterziehen. 1 TL Honig dazugeben sowie
Pfeffer und Salz. Das Ganze mindestens 1 Stunde bei kleinster Flamme ohne Deckel köcheln lassen (zwischendurch umrühren). Zum Schluss ca. 3 EL Olivenöl und eine Handvoll zerrupfte Basilikum Blätter untermengen.
Schlußendlich mit Käse, entweder nur Ricotta Salata oder Ricotta Romana + Peccorino bestreuen.
(alles Zutaten aus dem Bio-Markt – schmeckt besser und ist gesünder)

Erics Pasta
Pasta für 5 Personen:
500g Mehl und 5 Eier in tiefer Schale verrühren und lange kneten. Der Teig darf weder zu feucht (sonst mehr Mehl hinzufügen) noch zu trocken sein (ein wenig Wasser hinzufügen). Dann den Teig langsam stufenweise mit einer Pastamaschine dünnwalzen und zu Tagliatelle verarbeiten. Etwa 10 Minuten in einem grossen Topf mit geöltem und gesalzenem Wasser al dente kochen.

Michaels Tarte des Demoiselles Tatin
250g Mehl
125g Butter
1 EL Öl
1 Prise Salz
etwas Wasser
500g – 1kg Äpfel
60g Butter
125g Zucker
Zimt

In einer Schüssel Mehl mit Öl, Salz & Butter in kleinen Stücken mit den Händen vermengen. Etwas Wasser zugeben, um den Teig zu binden.
Den Teig zu einer Kugel formen und mit Folie belegt im Kühlschrank deponieren. Äpfel schälen und in Scheiben schneiden. 100g Zucker mit etwas Wasser in eine Ofenform geben und im Ofen erhitzen bis der Zucker braune Blasen entwickelt. Dann herausnehmen und die Formen schwenken, so daß die Seiten ebenfalls beschichtet sind. Etwas abkühlen lassen. Apfelscheiben in mit Karamel beschichteter Ofenform auslegen. Butterflocken, Zimt und ein wenig Zucker hinzufügen. DenTeig auf etwas Mehl ausrollen, ca. 0,5 – 1 cm dick. Dann den Teig über die Äpfel in die Ofenform drapieren. Im auf 200 Grad vorgeheizten Backofen ca. 30 Minuten backen. Später herausnehmen und mit Hilfe eines großen Tellers stürzen.

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