William und Patricia Parkers New-York-Wintermenü

Was wird an einem kalten New Yorker Winterabend aufgetischt, wenn ein vielseitig aktives, sozial engagiertes Künstlerpaar aus der Free-Jazz- und Impro-Szene unseren Chef-Gourmet aus Freiburg zu Gast hat? Ganz klar: jede Menge Soulfood. Denn das ist gut gegen die Kälte, die Grippe, den Hunger – und ein bisschen auch gegen soziale Unbilden.

Mit neuer Winterjacke im Plastiktüten-Schlepptau läßt mich der russische, stämmige Taxifahrer aus seinem leicht zerbeulten Gefährt. Ein weiterer Dauertelephonierer vor dem Herrn. Mit Plastikstummel im Ohr geleitete mich seine Muttersprache vom Ein – bis zum Ausstieg ununterbrochen, außer die läppischen dreimal, als er vor lauter Laberei zwischendurch immer wieder – in englisch – nach der Adresse fragte, zu der ich denn wollte.
Nun also in NYC downtown east. Ein kurzer Blick auf die Hausnummer und solchermaßen versichert direkt auf den Klingelknopf zu. Das elektronisch ausgelöste Surren nestet sich in mein Ohr bis kurz vor der Wohnungstür unserer Gastgeber, die leicht geöffnet die ersten Küchendüfte in den Hausflur schleudert. Eintreten und schnurstracks in die Richtung, in der ich die weiteren Beteiligten dieser Begegnung kochender Art vermute. Ich finde alle bereits in der zum Wohnbereich offenen Küche; wo denn – eigentlich wie uneigentlich – sonst ?
Doch es geht eben nicht gleich zur Sache. Stattdessen setzen wir uns zum Kennenlernen an einen Tisch und gleiten sogleich in Gespräche über reisende Musiker, deren Lieblingsrezepte, welche sowohl von ihren Reisen selbst wie auch den familiären Erfahrungen aus dem Einzugsbereich der Mütter wie Großväter geprägt sind.
William hält Chicago immer noch für „segregated“, also nach Rassen getrennt, er redet von den unerschiedlichen Szenen in NY, die sich nicht mischen sondern unter sich bleiben, und so einer mehr inzestuösen Verfahrensweise nachgehen.
Ein Wellensittich wirft von der Fensterbank einige Laute in die Runde. Gottseidank keine Knickhalslaute……
Nachdem sich der Troß aufgrund diverser Speisenzubereitungen Richtung Herd begeben hat vernehme ich den Menüplan. Aha, Soulfood in Form von Collored Greens. In Verbindung mit rosmariniertem Federvieh und vanillisierten Süßkartoffeln ein Grund mehr zum erwartungsvollen Lächeln.
Patricia Parker stopft Rosmarinzweige ins Hähncheninnere bevor die beiden Zweiflügler gesalbt von der Marinade in den Plastiktüten verschwinden. Schon gibt’s die ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen William und Patricia ob der Zubereitungsalternativen. Das kennen wir aus eigenen Erfahrungen doch nur zu gut.
William schleicht sich noch schnell in die neighbourhood um Zwiebeln zu erwerben während Patricia den mit Gas befeuerten Backofen einstellt. Daneben prangt ein Küchenbord, voll mit Vitamindosen, supplements und all den anderen Zutaten der amerikanischen Gesundheitsvorsorgeveranlagung. Wie war da noch einmal mein eigenes Motto gegen Vogelgrippe ? Ganz klar: Hühnerbrühe.
Patricia schnappt sich die Weinflasche, der Korken wird zu sehr geknickt und…..bricht. Unser Photograph Nick Ruechel stürmt heroisch voran und verhindert größeren Schaden am Medoc 2001 Reserve Special Barons de Rothschild (Lafite). Gläsersuche, Gläserfund. Kurzes Ausspülen mit der Hand. Das erste Zuprosten. William trinkt keinen Wein und hält sich am Wasser gütlich.
Patricia putzt Süßkartoffeln und sticht Löcher in dieselben. William, unser Multiinstrumentalist, schneidet Zwiebeln und Kohl, verschiedene Messer benutzend.
Die ausgebildete Tänzerin und Organisatorin des Vision Festivals in New York (www.visionfestival.org) beobachtet ihren Mann, schmunzelnd und erzählt vom speziellen Rezept ihrer Großmutter gegen Grippe: „Eine Mischung gleicher Mengen aus Apfelsaft und Wasser wird mit viel geraspeltem Ingwer, Cayennepfeffer und Nelken erhitzt und ca. 10 Minuten leicht geköchelt. Heiß trinken ! Und nicht zuletzt hilft auch das Einreiben des Gesichts mit hochprozentigem Rum…….“ Wir erwarten die Erfahrungsberichte unserer geneigten Leserschaft. Hinweis der Redaktion: Der Autor übernimmt auch keinerlei Gewähr bei der individuellen Interpretation der relativen Aussage „heiß trinken“. Fragen Sie wie immer die Jazzpolizei. TrariTrara. Für rheinische Jecken auch: UmbaUmbaTätärä…………
Nachdem William den Kohl in die hohe Pfanne gekippt hat, schüttet er aus einem Tetrapak organic chicken broth hinzu. Nach einer Weile wird die Hitze reduziert und nur noch ab und an umgerührt.
Zwischendurch hören wir Musik der verschiedensten Kulturkreise unserer nicht nur auf Bali zu schützenden Erde, z.B. tuvinische Musik aus Südsibirien (siehe auch www.avantart.com/tuva/tuvad.html ). Überall in der Wohnung sind Instrumente wie Euphonium, Kontrabass, Flöten etc. aus aller Herren Länder verstaut und deponiert, auf ihren Einsatz wartend. In Teamarbeit kümmern sich die Parkers schälend und achtelnd um die Früchtchen. Alles läuft relaxt und vergnüglich ab. Nun erklingt Musik der neukaledonischen Kanak aus dem Südostpazifik. Während sich unser Photograph in die tieferen Weihen der Williamschen Klangkörper einweihen läßt, weile ich mit Patricia nun in der Küche. Dessertvorbereitungen. Äpfel und Birnen werden in Butter angebraten, ein süßer Duft steigt einschmeichelnd in die Nase. An der Wand eingerahmt, huscht mein Blick über das „Certificate of Ordination“ from The Church Of Spiritual Humanism, mit Datum 11.06.07.
Während die Dame und der Herr des Hauses, in der Küche wiedervereint, über die wechselnden Kräfte – wie Arbeitsverhältnisse in der Küche philosophiert, drückt William die Süßkartoffeln durch die Spätzlepresse. Mit Hilfe Patricias wird geschält, denn Hitze macht ihr an den Händen nichts aus, Verhalten wie ein gestählter Profikoch. Abschmecken, Umfüllen. William schlägt die Eier ins Pürree und gießt Schlagsahne hinzu, Tröpfchen von Vanilleextrakt verschwinden in der sich verbindenden Masse.
Draußen regnet es, das Rauschen vorbeifahrender Autos erinnert immer wieder daran. Die Hähnchen werden vom Mann zerlegt. Wir lassen uns hungrig am runden Tisch nieder und füllen uns gegenseitig die Teller. William bittet um persönliches Nachwürzen, da er einer salzlosen Diät nachgeht. Der Salzstreuer macht prompt die Runde.
Das Süßkartoffelpürree hinterläßt bleibenden Eindruck in meinen Pipetten und provoziert Vorfreude aufs Nachkochen. Himmlisch. Unser auch sozial engagiertes Musikerehepaar bittet nicht alles aufzuessen, da noch am Abend ein Obdachloser zum Essen hereinschauen wird. Wir nicken.
Und wie die Jahreszeit der langen, dunklen Nächte es gebietet, vertiefen sich – nicht nur weil sich zwei Kontrabassisten am Tisch befinden – die Gespräche und landen beim Thema Märchen. Ein schöner Abend endet frei nach Fromm: „Märchen, Mythen, Träume“. Und läßt uns hoffend wünschen, daß jeder auf der Welt genug zu essen haben möge.Empfehlung des Autors:
Damit auch Sie in den Genuss wunderbarster Vanille zu fairem Preis kommen können, will ich hier eine feine Bezugsadresse erwähnen. Mit dem Vanillepulver oder sogar dem Mark der ganzen Vanilleschoten aus dieser Quelle statt Vanillearoma sind Sie auch jederzeit in der Lage, das unten angeführte Süßkartoffelrezept individuell in die Tat umzusetzen und derlei mehr:Gourmet-Vanille
Sebastian Schipulle

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Rezepte:

Rosmarin Hähnchen

2 mittelgroße Hähnchen (bitte aus einwandfreier Tierhaltung) putzen, mit kaltem Wasser reinigen und trocken reiben

¼ Tasse Olivenöl mit dem Saft von 2 Zitronen verschlagen,

frischen Rosmarin, Thymian und Paprikapulver beimischen und das Geflügel in einem Gefrierbeutel mindestens 1 Stunde marinieren lassen

frische Rosmarinnadeln rundum unter die Hähnchenhaut schieben

im Backofen bei ca. 175° etwa 1 ½ Stunden garen

Süßkartoffelpürree

6-7 mittelgroße Süßkartoffeln oder Yams für 45 Minuten (bzw. bis sie weich sind) bei 220° im Ofen backen

schälen und pürieren

½ Becher Schlagsahne hineinrühren sowie 2 Eier, 1 TL Vanilleextrakt (Vorsicht: intensiv !), ¼ TL Salz, ¼ TL Zimt und gut vermengen !

bei 190° ca. 30 Minuten im Ofen garen lassen

Collard Greens (Kohlblätter)

1 kg Kohlblätter waschen und kleinschneiden

2 mittelgroße, gehackte Zwiebeln in Olivenöl in einen großen Topf geben und

anschwitzen

die Kohlblätter mit 1 Pfund (=1/2 Kilo) zerkleinerter Karotten beifügen

ca. 200-300 dl Hühnerbrühe angießen

zum Kochen bringen und ca. 40 Minuten minimalst köchelnd garen bis die Blätter weich sind

Gebackene Äpfel und Birnen

1 kg Äpfel und 1 Pfund Birnen schälen und achteln

mit einem EL Butter, 1 EL Zucker und einer Prise Zimt 20 Minuten in einer tiefen Pfanne braten, bis sie weich sind

zusammen mit Vanilleeis servieren

Nils wog das Gramm
Mit Nils Wogram am Herd

„Gut Ding will Weile haben“: Diesen ungeschriebenen schweizerischen Verfassungsartikel hat sich wohl auch der aus Braunschweig stammende Posaunist Nils Wogram zu Eigen gemacht. Und so musste unser Chef-Gourmet, Bassist Dieter Ilg, nebem dem obligatorischen Wein vor allem eins zur Verabredung in Zürich mitbringen: Muße. Eine gute Minestrone braucht nun mal ihre Zeit…

Aus dem Tram ins Blaue Atelier. Nichts ist so einfach und durchdacht wie der öffentliche Nahverkehr in der Schweiz. Und die SBB sticht die DB um Längen, in der Qualität und im Preis. In diesem Sinne ein Hoch auf den Schweizer Franken! Doch der Herr des Geschehens am heutigen Tag ist kein Franke, sondern Braunschweiger. Genauer gesagt: ein im werten Zürich lebender Exil-Niedersachse. Dieser wiederum hat mich fein säuberlich per öffentlichem Nahverkehr in sein Revier gelotst. Als gemeinhin unbekannter Jäger bringe ich kein Wild und als ungemein gelegentlicher Angler auch keinen Fisch, wie man denken könnte. Nein, nur Flaschenwein. Ohne Bass und ohne Fass.
Das Einkaufen der festen Stoffe zum Kochen hatte Nils Wogram übernommen, frei nach dem kleinen schweizerischen Motto: MigrosCoop überall. Ich bin noch nicht richtig angekommen, da überwältigt mich unser Gastkoch bereits mit einem genauen Zeitplan fürs nachmittägliche Kochprogramm, das er zuvörderst mit seinem sechssaitigen Kameraden Philipp Schaufelberger abstimmt. Und das ohne elektronisches Stimmgerät. Letzteres scheint mittlerweile auch die jazzimmanenten Bühnen erobert zu haben wie die schnurlosen Telefone den gemeinen Haushalt. Aber das schnürt uns nicht die Kehle zu. Stattdessen benetzt diese jeder von uns mit einer Tasse ungesüßten Tees. Währenddessen sind die ersten Vorbereitungsschritte bereits in vollem Gange. Philipp schneidet den geräucherten Schinken wohlgelaunt mit stark gekreuztem Beinüberschlag, dabei mit Nils über die Zeitplanung, das „Timing“, beim Kochen diskutierend.
Zunächst soll eine Minestrone das Mahl eröffnen. Nils verweist auf eines seiner Lieblingskochbücher: „Aus Italiens Küchen“ von Marianne Kaltenbach mit Originalrezepten der verschiedenen Regionen Italiens (aus dem Hallwag Verlag). Erschienen in Bern 1982 und momentan vergriffen, wie es im Deutschen so schön heißt. Nils’ Exemplar ist nur ganz schön abgegriffen, vernudelt, wunderbar benutzt. Kein so genanntes Regalbuch. Wieder und wieder greift Nils zwischen Schneiden, Rühren, Riechen und Schmecken nach den als Aperitiv gereichten Wasabinüssen (Coop): „Ich kann nicht aufhören…“
Mein Blick auf den vollen Küchentisch bleibt bei etwas anderem Grünen hängen: einem in Papier eingepackten Block mit der darauf stehenden Bezeichnung „Kochbutter“ (Migros). Stirnrunzeln. Das kenne ich nicht. Es wird immer wieder in einschlägigen Magazinen von „Kochwein“ gesprochen, aber nicht von „Kochbutter“. Ich frage den Schweizer. „Kochbutter wird wohl aus rein kommerziellen Gründen als solche bezeichnet“, vermutet Philipp. Somit lässt sich auch die in höheren Preissegmenten kursierende Markenbutter besser vermarkten. Für geklärte Butter wie das Ghee würde ich solch’ eine Benennung als sinnvoll erachten, ist jene doch für hohe Temperaturen und somit das Pfannenbraten wesentlich besser geeignet. Egal: wer die Wahl hat, hat die Qual. Ist das dann Qualität?
Ein qualitativ vielversprechender Duft strömt immer mehr in unsere Nasen, Suppenträume kommen auf. Nils schmeckt die sanft vor sich hin köchelnde Minestrone immer wieder ab. „Geil“, entströmt es entzückt aus seinem Mund. Im akustischen Hintergrund windet sich Joe Hen- derson über Ron Carters Basslinien. Im realistischen Vordergrund erklärt Nils: „Ich nehme festkochende Kartoffeln für die Minestrone und vorwiegend festkochende für die Rösti.“ Fürs letzteres Gericht verschwinden daraufhin die geschälten Erdäpfel in einer mit Wasser gefüllten Schüssel.
Nun werden Äpfel geschält, wird ihnen das Kerngehäuse herausgeschnitzt und in Sechzehntel gescheibt. Einhändig quetscht el Posauneur massig Zitronensaft darüber. Philipp ergötzt sich derweil an der Waschung des Nüsslisalats und entgegnet auf meine Neugier nach Herkunft und Verpackung augenzwinkernd: „Das einzige Halbfertigprodukt heute.“ Es ist wirklich auffällig, dass Verpackungen aus der Schweiz zumeist dreisprachig sind.
Die fette Winterwurst, die Waadtländer Spezialität „Saucisson“, wird erwähnt: „Das wäre auch eine Option für den heutigen Kochtag gewesen“, ergänzt Nils, raffelt die Kartoffeln und salzt sie. Unser Blick schweift hinüber zu Philipp, der sich der Flaschenentkorkung gewidmet hat, damit die beiden Weine ein klein wenig Sauerstoffkonfrontation erfahren, bevor sie mit unseren Schlünden Bekanntschaft machen dürfen.
Mit schlotzendem Geräusch verkostet Philipp einen Schluck des Roten, genießt und gibt sich der Geschirrwaschung hin. Nils kippt noch ein wenig Wasser in die Suppe nach. Hernach decken beide den Tisch. Immer wieder beobachtet Corinne Hächler das Geschehen und macht sich fotografisch ihr eigenes Bild und für uns die Bilder.
Es ist so weit, die Minestrone wird mit geriebenem Parmesan und Pfeffer ser-viert. Sie ist reich an Geschmack und Inhalt. Dazu gibt’s einen 2004er Sauvignon Collio DOC Ronco dei Tassi, einen „2-Gläser-Wein“ der „Vini d’Italia 2006“, der folgendermaßen beschrieben wird: „stroh-gelbe Farbe und vielschichtiges, intensives Bukett mit Noten von Peperoni, Holunder, Pfirsich und exotischen Früchten.“ Na denn.
Im Anschluss pochiert Philipp die Eier im Akkord. D’accord.
Der ateliereigene Elektroherd geht ob der ständigen Plattenwechsel langsam in die Knie und lässt eine gute Hitzeregulation nicht richtig zu. Die Rösti sehen mittlerweile spitze aus. Nils widmet sich final der Leber und kredenzt sie uns sogleich zusammen mit dem Apfelmus, gerösteten Zwiebeln und den Rösti. Es tut sich kein Graben auf. Herrlich, wie Apfelmus und Kartoffeln sich inniglichst verstehen. Der badische Spätburgunder 2006er vom Weingut Achim Jähnisch spielt den höchst soliden Trauzeugen. Heftiges Nicken im viereckigen Tischrund.
Uff, etwa noch ein Dessert? Aber ja doch, das Ganze soll doch fruchten. Ach, eine Kühlung naht durch ein wirklich schnellst zuzubereitendes geeistes Himbeermus. Muss sein. „Ich hatte einmal in Hamburg ein Gorgonzolaeis zu essen. Grauenhaft!“, erwähnt Nils und schlotzt genüßlich am Beerenmus. Eine Tasse Kaffee schließt den Reigen. Wohl genährt schweift mein Blick noch einmal durchs Kücheneck und über den Tisch. „Ein Haufen Zeugs, merci vielmals“, verlautbare ich und Nils fügt grinsend hinzu: „Gern geschehen.“ Der gute Mann von Zürich hatte übrigens all die Lebensmittel per Fahrradanhänger mit Velo herbefördert. Da wog jedes Gramm. Ich sagte ja schon zu Anfang: Der Schweizer Nahverkehr ist das Ding schlechthin! Hopp Schwiiz!Die Rezepte nach Nils Wogram:
Minestrone
2 Mohrrüben (schwiizerdütsch auch Rüebli genannt), eine Stange Sellerie, eine Stange Lauch, 2 Kartoffeln, 150 g Pancetta-Schinken: alles kleingewürfelt. Sowie 200 g getrock-nete Borlotti-Bohnen, 200 g Erbsen, 3 EL Petersilie, 3 Knoblauchzehen.
3 Liter Wasser zum Kochen bringen und Gemüse  zugeben. Dann den Rest nach und nach beifügen und salzen. (Bohnen müssen am Abend vorher eingeweicht werden.)
Nach 90 Minuten Wirsingblätter in mittelgroße Stücke reißen und zur Suppe geben. Wenn der Wirsing noch Biss hat, aber schon gekocht ist – nach ca. 20 Minuten –, dann ist die Suppe fertig. Als Hauptspeise kann man zusammen mit dem Wirsing noch Reis zugeben.
Die Suppe wird mit geriebenem Parmesankäse serviert.Feldsalat mit angebratenem Speck und blanchiertem Ei
Salat waschen und auf einem Teller anrichten, Speck knusprig braten und abgekühlt auf den Salat geben. Salatsauce mit Weißweinessig, Olivenöl, Senf, Salz, Pfeffer mischen und auf den Salat geben. Blanchiertes Ei neben den Salat auf den Teller legen.
Herstellung des blanchierten Eis: Wasser zum Köcheln bringen, etwas Zucker und Essig dazu geben. Ei in einem Schaumlöffel vorsichtig ins Wasser geben.Kalbsleber mit geschmelzten Zwiebeln, Rösti und Apfelmus
Zwiebeln halbieren und in Streifen schneiden. Bei schwacher Hitze braten.
Rösti: Kartoffeln grob raffeln und salzen. Olivenöl und etwas Butter in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Kartoffelraffel dazugeben, leicht andrücken und am Pfannenrand etwas Öl nachfüllen. Bei niedriger Hitze und bei mit Deckel geschlossener Pfanne 15 Min. braten. Danach die Pfanne umkehren und die Rösti mit Hilfe des Deckels wenden. Weitere 15 Minuten ohne Deckel braten. Danach nochmals wenden und kurz braten, so dass beide Seiten knusprig sind. Säuerliche Äpfel schälen, entkernen und in Schnittchen schneiden. Mit Zitronensaft übergießen und im Topf mit geschlossenem Deckel bei niedriger Hitze weich kochen. Je nach Geschmack noch mit dem Kartoffelstampfer zerkleinern.
Kalbsleber in Scheiben schneiden und in Olivenöl, etwas Butter und 2 Lorbeerblättern bei großer Hitze kurz auf beiden Seiten braten. Alles auf einem Teller nebeneinander anrichten.

Corinnes geeistes Himbeermus
Gefrorene Himbeeren und die Sahne mit dem Pürierstab miteinander vermengen, so dass eine eisartige Masse entsteht. Je nach Geschmack mit frischen Minze- oder Majoranblättern servieren.

Empfehlung des Autors: Ein Schweizer Bier hat es mir angetan. Nein, kein für mich zu vermeidendes Feldschlösschen (Schmerz…), sondern ein Gebräu handwerklicher Güte aus einer Kleinstbrauerei, unfiltriert, das „Rote“ genannt, 5,5 % alc. im 0,3-Liter-Fläschchen: „Barberousse“, Brasserie Artisanale de Fribourg, Rue de la Samaritaine 19, Case Postale 159, CH-1707 Fribourg, +41-026-3228088 – nur samstags geöffnet!

Gebackene Äpfel und Birnen
1 kg Äpfel und 1 Pfund Birnen schälen und achteln, mit einem EL Butter, 1 EL Zucker und einer Prise Zimt 20 Minuten in einer tiefen Pfanne braten, bis sie weich sind. Zusammen mit Vanilleeis servieren.

Fast Slow Food.
Ein Messebesuch mit Wolfgang Haffner

Die Entdeckung der Langsamkeit zieht, von Italien ausgehend, seit geraumer Zeit ihren Weg durch Europas kulinarische Landschaften. Sogar eine Messe wird für das „langsame Essen“ bereits gehalten. Schlagzeuger Wolfgang Haffner nahm sich die Zeit, zusammen mit Jazz-thing-Chef-Gourmet und Spitzenbassist Dieter Ilg durch die „Slow Food“ in Stuttgart zu lustwandeln. Auf der Suche nach entschleunigten Genüssen wurden die beiden reichlich pfundig, pardon: fündig…

Etwa eine heilige Messe soll es sein oder ein Versammlungsort der Offiziere auf einem Schiff, vielleicht die Vertonung einer liturgischen Messe? Richtung arabische Vorspeisen in Form von Mezze? Letzteres nahezu: der Besuch einer Warenschau hinsichtlich Nahrungsmittel im Allgemeinen und der Slow Food Messe 2008 (www.slowfood.de) in den neuen Messehallen am Flughafen Stuttgart im Besonderen. Wolfgang Haffner spitzte die Ohren bei meinem Anruf und gleichzeitigen Aufruf, mit mir durch die Futterkatakomben zu turnen. Auf geht’s in Halle 3, nachdem der werte Schlagwerker lange auf mich warten musste – „Ja, wo bleibsch denn…?“ –, während mir das Aprilwetter auf dem Weg mit diversen S-Bahnen der Schwabenmetropole kräftig ins Wasser(glas) spuckte.
Die letzten Tropfen auf meiner Brille trocknen erst, als wir, schon im Fokus von Fotograf Philipp Honstetter, planmäßig bereits den ersten Happen Hohensteiner Büffelmozzarella (www.albkaes.de, www.albbueffel.de) am ersten Stand unserer „Tour de Slowfood“ gereicht bekommen. Gerade in Zeiten auf dioxinverseuchten Böden grasender italienischer Büffel ist die eine oder andere heimische Quelle genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Bärlauchmozzarella von der Schwäbischen Alb bekommt gute Noten. Ein eingestrichenes „A“ ist zu vernehmen… Auf dass die Albbüffelherde wachse und gedeihe! Die Renaissance des Wasserbüffels führt uns im weiteren Verlauf des frühen Nachmittags zu einem anderen Fall von Entzücken. Doch der Reihe nach: Wolfgang stürzt sich tapfer in das in der Mittagszeit bereits stark frequentierte Messe-Areal, wehrhaft, um nicht vom Strom häppchenjagender Messlinge mitgerissen zu werden. Am anderen Ufer der Futtergasse angelangt, begutachten wir diverse Kartoffelsorten, widmen Nils Landgren den „Blauen Schweden“ und dem Oberfranken Wolfgang Haffner das „Bamberger Hörnla“ (www.erlesene-kartoffeln.de).
„Dieter, check’ mal den Stollen“, zischt es lächelnd aus Wolfgangs Mund. Der Willinger Christinen-Stollen reift laut Prospekt tatsächlich im stillgelegten Schieferbergwerk „Grube Christine“ mindestens vier Wochen bei gleichbleibender Luftfeuchtigkeit und konstanter Temperatur von 8° (www.gourmetbrot.de). Wer wäre da nicht gerne Grubenarbeiter! Da wird die Zeche nicht geprellt. Das gereichte „Vogelfutterbrot“ alias Mehrkornbrot allerdings ist nicht mein Ding. Wolfgang lässt sich die verschiedenen Schritte der Kartoffelbrot-Herstellung erklären, nickt an-erkennend und landet am nächsten Stand. Standhaft bleiben.
Wir passieren in der messenen „Käsestraße“ die Langenburger Schafkäserei (www.-schafkaese.com). Ein kurzes Gespräch, und wie gelöstes Strandgut landen wir an einem anderen Milchproduktestand. Wolfgang lässt sich ein Stück Sotto il Fieno reichen. Das ist ein Kuhmilchkäse aus dem Veneto, der nach viermonatiger Lagerung mit Heu umwickelt noch einige Wochen weiterreifen darf (www.fromagerie-holzapfel.de). „Den find’ ich klasse.“ Eine kleine Ladung wird gekauft, für zu Hause. Und da wir kaum noch Käse kosten können, bewundern wir beim nächsten Stand, der Käserei Zurwies, nur den schlohweißen Bart des Betriebsleiters An-ton Holzinger. Weiter geht’s.
Die Biomanufaktur Schwarzwald bietet allerlei Produkte aus Ziegenmilch. Selbst Großanbieter EDEKA vertreibt diesen Käse. Was diese Firma mit ihren teilweise minderwertigen Produkten allerdings auf besagter Messe zu suchen hat, ist zumindest fragwürdig. Erinnert ihr riesiger MARKeTing-Stand doch eher an eine außerirdische Mischung aus Großküchenhersteller und klinischer Krankenkas-senvereinigungslobby. Und auch das ist felsenfest zu konstatieren: „Bio ist nicht gleich Bio.“
Per Gesichtsmimik deutet des Trommlers Zeigefinger auf einen Demeter-Frisch-käse mit Honig und Sesam (www.monteziego.de). „Ein Hit“, meint er. „Wenigstens kein Schlager“, entfährt es meiner Zunge. Wolfgang verdreht die Augen. Auch Kalauer können weh tun. Darauf ein Bier. „Das ist mir zu bitter“, entweicht meinem losen Mundwerk. Wolfgang probiert es freundschaftlich mit einer Apfelbierschorle: „Gar nich’ so schlecht, oder?“
Volltreffer, wir passieren einen offenen Kiosk mit riesiger Menschenschlange. Wolfgang schaut mich an, ich schaue zurück. Es ist um ihn geschehen. Bevor ich auch nur ausatmen kann, steht er grinsend in der Warteschleife. Ich suche derweil einen freien Stehtisch. Kein deutsches Handtuch weit und breit, gut. Volle Bierzelt-Atmosphäre. Und da kommt er schon, mit einer Ladung belgischer Bio-Currywurst und belgischen Tiefkühlpommes. Eisenhart, fast slow food. Convenience-Gedöns. Nickende Zustimmung zur Currywurst vom Stockmeister: „Schmeckt erfreulich gut.“ Ich steche meine kleine Holzgabel in die mit Bio-Sonnenblumenöl frittierten Kartoffelecken. Alle Achtung, wenn tiefgefrorene Pommes, dann solche. Die Firma Lutosa (www.lutosa.com) erklärt auf Informationszetteln, dass sie bei den Produkten mit Biosiegel (sic!) keine gentechnisch veränderten Or-ga-nismen im Herstellungsprozess ver-wendet. Klar, somit eine der Grundregeln der Biosiegel eingehalten. Abgesehen davon haben die Dinger wirklich einen feinen Kartoffelgeschmack.
Auf zu Bernd Kreis. Ein Sommelier des Vertrauens. Der gute Mann bietet an seinem Stand fokussiert sechs sehr unterschiedliche Weine an. Amen, mehr ist nicht unbedingt notwendig für einen überzeugenden Auftritt. Da ich Wolfgang gegenüber schon im Vorfeld davon schwärmte, wird uns je ein Glas vom exzel-lenten Winzer namens Eric Bordelet aus dem französischen Charchigné arbeitet nach den Me-tho-den des biodynamischen Landbaus. Bernd Kreis (www.wein-kreis.de) bezeichnet den „Poiré Granit“ (300-jährige Bäume auf Granitboden) als den Romanée-Conti unter den Obstschaumweinen. Unsere Laune steigt schlagartig. Denn wir beißen nicht auf Granit. Frohgemutet erzählt uns der passionierte Jazzliebhaber, welchen kulinarischen Gedanken er gerade nach-geht, bis gar plötzlich Wolfgang das Wort „Büffel“ erwähnt.
„Wart ihr schon bei Herrn Failenschmid?“, hören wir Herrn Kreis verlauten. Bevor wir uns dessen gewahr werden, stehen wir mit ihm einem währschaften Metzger gegenüber (www.failenschmid.de). Welch’ Freude macht diese Begegnung. Während sich der Weinfachmann wieder zurück zu seinem Stand macht, werden wir von Herrn Failenschmid mit offenen Armen empfangen. Welche fachmännische Auskunftsbereitschaft, welch’ Interesse an einem intensiven Gespräch trotz gro-ßen Andrangs. Wir reden über Land-wirtschaftsförderung, die fast ausschließ-lich auf Großbetriebe ausgerichtet ist. Unser Metzger des Vertrauens hingegen bevorzugt Kleinbetriebe mit z.B. 20 bis 50 Tieren. Damit hält er die regionalen Bezugsquellen aufrecht und kann den Bauern somit auch Aufträge hinsichtlich tiergerechter Aufzucht wie Fütterung geben. Und schon serviert der Meister uns luftgetrockneten Büffelschinken von der Alb, einen 14 Monate gereiften Schinkenspeck von ausgesuchten Schweinen und eine leicht gerauchte Rinder-Schweinesalami. Alle Achtung. „Na, was sagst du dazu?“, frage ich den Herrn der Becken. „Wir sollten bald einmal einen gemeinsamen Ausflug in die-se Metzgerei machen“, entgeget er glückselig, „allererste Sahne.“ – „Vorher nehmt ihr aber erst mal einen Schluck zur Kräftigung!“ – und schwuppdi-wupp landet je ein Glas naturtrüben Bieres aus der Zwiefalter Klosterbrauerei (www.zwiefalter.de) vor uns auf dem Tresen. Herr Failenschmid ist ein perfekter Gastgeber: „Ich bin wirklich glücklich, dass ich heute hier bin“ sind die Worte, die wie Kirchenglocken noch Stunden nach unserer Begegnung in meinem Ohr nachklingen. Zufriedene Sprachlosigkeit. Auf zum Landgasthof Adler in St. Johann-Gächingen…
Halt, grinsend fährt mir Wolfgang in die Parade. Wir verabschieden uns vom Bilderbuchmetzger. „Ich brauch’ jetzt einen Saft und etwas Frischluft.“ Einen wunderbaren Apfelsaft, insbesondere den naturtrüben, bieten Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer (www.apfelgut.de) an. Auch die beiden mit Kohlensäure angereicherten Säfte, zum einen aus der Sorte Els-tar, zum anderen aus Cox Orange, sind äußerst delikat und erfrischend. Ich spreche im Gehen ein lobendes Wort für die mit gutem Fotomaterial ausgestatteten Kochbücher („Kulinarische Landschaften“, „Küche, Land und Leute“) der beiden Apfelgut besitzenden Autoren aus.
„Ich fahr’ jetzt“, meint Wolfgang und zieht sich erschöpft und umarmend mit einer Tüte guter Lebensmittel gen Autobahn zurück. Den samstäglichen Bundesligafußball im Radio verfolgt er garantiert… Bevor ich mich ver-dünnisiere, streife ich mit den letzten Kräften abermals durch ein paar Gän-ge. Hier wirbt eine schweizerische Firma mit „Leck mich“ (www.chocolats-de-luxe.de), dort eine Confiserie Madlon mit einer „Anti-Stress-Praline“. Jetzt fehlt nur noch die „Viagra-Krakauer“… Oder vielleicht eiserne Bratlinge guter Machart ? Eine Pfanne von Anne? www.pfanne-von-anne.de.
Aber stop, an einen ganz bestimmten Ort möchte ich zuguterletzt. Es handelt sich um den Stand des Informationsdienstes Dr. Watson – Der Food Detektiv (www.food-detektiv.de), an dem ich das neue Buch vom anwesenden Autor Hans-Ulrich Grimm erwerbe: „Die Kalorienlüge“. Wobei mir das Wort Futterdetektiv besser gefallen würde… Ein nettes Gespräch mit der Mitarbeiterin Maike Ehrlichmann kommt auch zustande. Das ist ein feiner Abschluss, denke ich mir und schleife mich zurück gen Hallenausgang. Ein kleiner Halt nun doch noch: Falls Sie sich für Weg und Ziel des unterfränkischen Rekultivierungsprojekts alter Quittensorten interessieren, alsdann www.mustea.de. Vielleicht ein Bäumchen pflanzen?

Vincent Klink kocht das Jubiläumsmenü.
Zu Besuch auf der Wielandshöhe in Stuttgart.

„Meine Küche ist keine Alltagsküche“, sagt Vincent Klink, sternegekrönter Küchenmeister, Buchautor und – gemeinsam mit Wiglaf Droste – Herausgeber der kulinarischen Kampfschrift „Häuptling Eigener Herd“. Damit ist er prädestiniert, das Jubiläumsmenü von Jazz thing zu kochen, findet unser Chefgourmet Dieter Ilg.

Welche Freude als mir Freund Vincent Klink – seinerseits Jazzthing-Abonnent – telephonisch mitteilt, dass er sich bereit erklärt, zum 15-jährigen Jubiläum von Jazzthing „aufzukochen“. Wir wählen einen geschickten Termin und die passende Uhrzeit. Schon kann es losgehen. Die Messer sind gewetzt. Und ehrlich, der Meister schärft sein Handwerkszeug noch selbst. Und das ist nicht alles. Der passionierte Stadtimker generiert seinen eigenen Honig. Paradoxerweise können Biene und manch anderes Getier in den Städten noch mehr oder weniger unbeschadet von Agrarchemie, Monokulturen und Gentechnik ihrem Lebenswerk nachgehen. Auf dem Lande wüten derweil BayerCropScience, Monsanto und Konsorten…..wohl geduldet von allerlei duckfreudigen Landwirtschaftsministern unserer Republik.
Keine langen Ausführungen, los geht’s mit dem Ohr am Herd.
Vincent schnappt sich sogleich eine seiner properen Gehilfinnen und ordert als erstes Zwiebeln, die er in Windeseile fein hackt. „Jede Frau in der Küche erhöht den Intelligenzquotienten“ ist einer seiner Sätze aus einem reichen Erfahrungsschatz langjähriger Küchenarbeit. Mann verzeihe und widme Dich dem Duft, der nun in einer kleinen, gut eingebrannten Eisenpfanne den Zwiebeln entweicht. Sodann wird auch die Petersilie schnell mit dem Messer in kleinste Bestandteile zerlegt. „Ob glatte oder gekräuselte Petersilie, geschmacklich ist kein großer Unterschied bis auf die Tatsache, dass sich in den Windungen der gekräuselten Petersilie Wasser ansammelt und geruchlich zum Nachteil gegenüber der glatten führt.“ Zum Glück gibt es keine Dietersilie…..Pardon, ein keineswegs glatter Kalauer der Autorenart.
Beim Thymianhacken verwendet El Vincente zumeist nur das obere Drittel inklusive Stengel, allerdings nur beim jungen Thymian.
Wozu das Gehacke ? Ein Perlhuhn soll mit einer Mischung aus Zwiebeln, Petersilie, Thymian, Milchtoast, Eier, Milch, Muskat, Salz und Butter gefüllt werden, und zwar äußerst trickreich. Vincent fährt mit Zeigefinger zwischen Haut und Brustfleisch und löst erstere nach und nach auf diese Weise vom Fleisch. Sodann gibt er mit einem Spatel die Füllmasse in einen Einmalspritzbeutel, schneidet deren Spitze ab und platziert das weiche Material zwischen Brustfleisch und Haut, was aussieht wie eine Wattierung. Nun sieht das Perlhuhn wirklich stattlich aus. Der Effekt ist kluger Natur. Denn ohne derlei Stopfakt wird speziell das Brustfleisch zu trocken, da die Ofenhitze zu direkt wie zu schnell einwirken würde. Die restliche Brotmasse wird in ein gefettetes Auflaufförmchen gebannt und dient später als zusätzliche Sättigungsbeilage. Vincent buttert das Eisenpfännchen und legt das mittlerweile dressierte (also mit Küchengarn in Form gebrachte, will sagen die Gebeine an den Körper angebundene) Geflügel zuerst auf die eine Seite zur Bräunung. Hernach auf die andere Seite. Es brutzelt gar köstlich. Und ab in den 180° warmen Ofen. Ich frage „Wie lange schmoren lassen?“ Seine Antwort:“Kochen ist Bauchsache“. Im Moment taucht an der äußeren Küchentür Winzer Breuer auf, der mit seinem jungen Weingut und seinen Reinzuchthefe-freien Produkten auf ökologischer Basis schon beachtliche Erfolge vorweisen kann. Vincent spricht in höchstem Tönen von diesem Familienbetrieb (www.weingut-beurer.de) und hat gleichzeitig ein waches Auge auf seine Küchenmannschaft. Sein Stellvertreter Helmut Schulz entbeint währendessen einen Lammrücken. Hier werden die Tiere noch ganz angeliefert. Kein Rungis-Express dieselt vor der Tür. Es wird regional und saisonal gedacht. Vincent legt größten Wert auf die Qualität wie Frische des Ausgangsmaterials, der Basis allen wirklich vollwertigen Kochens. Vollfett eben auch. Und trotz cholerischen Anfällen einiger Fernsehernährungsberater, ist der Schlag Butter in der Eisenpfanne ein ritterner. Ohne Fett weniger Geschmack. Und zur Perlhuhnfüllmasse sei noch gesagt, dass diese laut Erfinder mit Sahne statt Milch leider besser schmeckt. Der Chef hinzu:“Meine Küche ist keine Alltagsküche.“ An manchen Tagen tuts eben auch schlicht und einfach ein Topf mit duftendem Reis und etwas Sojasauce.
Was soll den Festtagshappen eigentlich begleiten? „Jetzt machä ma noch Röschdi“. So soll es sein. Vincent nimmt die rohen Kartoffeln und reibt sie grob. Und nun das wichtigste: in ein Handtuch gelegt unbedingt die Flüssigkeit ausdrücken. Je nachdem welche Sorte, kommt mehr oder weniger Flüssigkeit aus dem Tuch heraus. „Ich bevorzuge möglichst mehlige Kartoffeln.“ Er grinst, schmeißt ein schönes Stück Butter in – ja genau, wie könnte es anders sein – besagte Eisenpfanne und zitiert einen Kollegen: „Entweder man will schlank sein, oder man will gut aussehen.“
Ähnlich meinte wohl Shakespeare: „Der ist ein schlechter Koch, der seine Finger nicht ablecken kann.“ Nun die geraffelten Erdäpfel in die Pfanne bugsieren und nicht (!) anpressen. Luftig lassen.
„Mein ganzes Leben ist Improvisation“ entfährt es Vincent und schwärmt von der Zusammenarbeit mit seinem Pianisten Patrick Bebelaar. Denn der passionierte Bassflügelhornspieler ist nicht nur passiver sondern auch aktiver Jazzliebhaber. Wie bei jeder Leidenschaft, „irgendwann versteht man mehr davon, weißt Du warum etwas passiert und lernst die Zusammenhänge.“ Eben wie bei der Küchenkunst.Widmen wir uns der Vorspeisenzubereitung. Nicht zu feuchter Ziegenfrischkäse aus Weil im Schönbuch findet den Weg in die Edelstahlschüssel, wird gequetscht, mit abgezogenen Thymianblättern, Salz, Pfeffer und verflüssigtem Honig unter Zuhilfenahme eines Schneebesens verrührt. „Immer wenn es präzise wird, hat der Alte schlechte Karten“ läßt der Messerkünstler gegenüber seiner Jungköchin verlauten und animiert sie, ihre Fingerfertigkeit mir gegenüber unter Beweis zu stellen. In konzentrierter Routiniertheit schlägt Josefa die Ziegenkäseteignocken in den geölten Strudelteig ein, bis die kleinen, dreieckigen Pakete fertig verpackt sodann in Olivenöl sanft pfannengebraten werden. Mein Speichel läßt sich kaum noch unter Kontrolle halten, was der beschürzte Großmeister bemerkt und mich schnurstracks in die gute Stube ( www.wielandshoehe.de) weist. Wir setzen uns an den übersichtlich gedeckten Tisch und werden erst einmal mit dem Wielandshöhenklassiker, dem Gruß aus der Küche besänftigt: in Eintracht mit einem kleinen Schlucke Champagner läuft die Lauchquiche zu Hochform auf. Ich hatte schon des öfteren das Vergnügen, aber sie ist jetzt noch besser denn je zuvor. Hut ab. Und gleich zurück in die Kochzone um nach dem Rechten zu sehen, der Bräunung des Perlhuhns etwa.
Sommelier Häffner läßt mich den Beurer 2007er Grauburgunder aus Kernen-Stetten probieren, der für das Perlhuhn dargebracht werden soll.
Vincent und ich geben den Ziegenkäseteigtaschen, die mit kleinem Salat garniert angerichtet sind, unsere Aufmerksamkeit. Der süßlich-thymiansche Geschmack kommt wirklich gut, macht Lust auf mehr.
Hortensien schmücken das Fensterbrett neben mir, Elisabeth Klink zeigt sich für die bestens gewählte Blumenpracht verantwortlich, und beweist nicht nur hier ihren guten Geschmack. Seltenst sitzt der Fremde in einem Sternerestaurant so frei von erschlagendem Interieur. Stattdessen benebelt oftmals ein diesen Häusern innewohnender Status Quo strukturkonservativer Gesinnung das Wohlfühlsein. Beengt geht es in Vincents Reich höchstens in der Küche zu, wo viel Personal zur Hand geht.Der Gastwirt (www.haeuptling-eigener-herd.de) selbst tranchiert das Hauptgerichtstier, das mit blanchierten Karotten, Radieschen, Petersilienwurzeln und Zwiebeln nebst den gut durchgezogenen Rösti serviert wird. „Im Einfachen liegt die Kunst“. Und unter Umständen wechselt die Tageskarte sogar zweimal am Tag, da es z.B. von einem Tier nur eine begrenzte Anzahl von Stücken gibt, d.h. eine Kalbsbacke ist nicht unendlich verfügbar. Ist sie aufgegessen, erscheint das Gericht erst dann wieder auf der Karte, wenn ein Kalb angeliefert wird, das den strengen Anforderungen des Maitre genügt. Das hört sich großartig an, klingt logisch, und wird doch zu wenig praktiziert allerorten.
Zuguterletzt gibt es noch ein Lieblingsdessert des Gastgebers und zu meiner Freude auch eines von mir, denn ich liebe Meringe mit Sahne:
Meringenmelange mit frischen Brombeeren. Vincent erzählt, dass er bereits mit 15 Jahren Jazzpodiums-Abonnent war und als Jugendlicher die regionalen Jazzclubs regelmäßig abklapperte. Viele Erinnerungen gibt es an das Domicile in München und das Jazztone in Lörrach, Sta(d)tionen seiner Ausbildung zum Küchenkünstler. Für einen Bassflügelhornisten kocht dieser Mann erstklassig…………..Ziegenfrischkäsetaschen

Nicht zu feuchter Ziegenfrischkäse in einer Schüssel quetschen, mit abgezogenen Thymianblättern, Salz, Pfeffer und verflüssigtem Honig unter Zuhilfenahme eines Schneebesens verrühren. Abschmecken. Vier Schichten geölten (Olivenöl) Strudelteigs auslegen und jeweils eine Ziegenkäseteignocke am linken unteren Rand auflegen, den rechten unteren Teigrand über die Nocke legen, sodass eine Dreiecksform entsteht. Hernach wieder dreieckig auf die andere Seite einschlagen usw. bis zum Ende des oberen Randes. Beim letzten Umschlagen noch einige Blättchen Thymian zwischen die letzte Schicht legen, zur Zierde. Die Teigränder bindend zusammendrücken und die kleinen Pakete fertig verpackt sodann in Olivenöl sanft pfannengebraten. Mit z.B. grünem, angemachten Salat auf einen Teller legen und noch warm servieren.

Rösti

Rohe Kartoffeln schälen und in einer Schüssel mit kaltem Wasser aufbewahren, damit sie sich nicht verfärben. Dann grob reiben, in ein Handtuch legen und die Flüssigkeit auswringen. Butter in eine Pfanne geben. Nicht anpressen! Luftig lassen. Bräunung kontrollieren und wenden. Anschließend im 180° warmen Backofen garen lassen bis sie, nach ungefähr 20 Minuten, fertig sind.

Perlhuhn a la Vincent

Zwiebel fein hacken und in einer kleinen, eingebrannten Eisenpfanne gut anschwitzen. Sodann frische Petersilie und jungen Thymian kleinhacken. Die Zwiebel nun mit Petersilie, Thymian, gewürfeltem Milchtoast ohne Rinde, 2 Eiern, Milch oder Sahne, Muskat, Salz und Butterflocken zu einer nicht zu flüssigen Masse formen. Mit Zeigefinger zwischen Haut und Brustfleisch fahren und erstere nach und nach auf diese Weise vom Fleisch lösen. Mit einem Spatel die Masse in einen Einmalspritzbeutel füllen, deren Spitze abschneiden und das weiche Material zwischen Brustfleisch und Haut spritzen. Die restliche Brotmasse wird in ein gebuttertes Auflaufförmchen gebannt und dient später als zusätzliche Sättigungsbeilage. Ein Eisenpfännchen buttern und das mittlerweile dressierte (also mit Küchengarn in Form gebrachte) Geflügel zuerst auf einer Seite anbraten. Hernach auf der anderen Seite. In den 180° warmen Ofen für ca. 30 Minuten geben. Herausholen, in der Pfanne und mit Alufolie gut abdeckt an einem warmen Ort nachziehen lassen.

Meringenmelange mit frischen Beeren,
Rezept für ca. 4 Personen

150 g Eiweiss
90 g Zucker

300 g Himbeeren oder Brombeeren
1 EL Puderzucker
350 g Erdbeeren
1 Vanillestange
100 g Sahne

Den Ofen auf 140 Grad Ober-Unterhitze vorheizen.
Eiweiß zu Schnee aufschlagen. Der Eischnee hat die richtige Konsistenz, wenn am Schneebesen etwas Masse stehen bleibt, die sich beim Herausheben ein bißchen umbiegt. Eischnee in einen Spritzbeutel geben und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech aufspritzen oder mit einem Löffel Nocken abstechen und diese auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben.

Das Blech in den Ofen schieben, und sofort die Hitze auf 100 Grad reduzieren und die Meringen „trocknen“ lassen.
(Dies kann kann je nach Größe ca. 5 Stunden dauern. Werden die Meringen flach gespritzt, ähnlich einer Schneckennudel, dann geht alles schneller.) Die gut getrockneten Meringen in 1 cm große Stücke zerbrechen.
Himbeeren mit Puderzucker pürieren und durch ein Sieb streichen. Die Himbeersauce kalt stellen.
Die Erdbeeren waschen, trocknen, putzen und klein schneiden. Vanillestange aufschneiden und das Mark herausstreichen. Vanillemark mit der Sahne aufschlagen. Diese nach Geschmack zuckern.

Die zerbröselten Meringen mit der gesüßten, vanillierten Sahne vermengen. Die Sahne dient nur zur Bindung der Meringenstückchen. Diese Arbeit erst vornehmen, wenn alles andere fertig ist. Die Meringenstückchen werden sehr schnell weich und deshalb muss sofort serviert werden. Meringen-Sahne-Melange in einen Ring ( ca. 8cm Durchmesser) streichen und in die Mitte des Tellers setzen. Beeren mit Soße drumherum drapieren.

Mit Ross und Reiter… Chinesisches bei Florian Ross

Was tun als verantwortungsvoller Konsument angesichts der allgegenwärtigen Krisenszenarien? Unser Chef-Gourmet, Bassist Dieter Ilg, und der Kölner Pianist, Komponist und Arrangeur Florian Ross gehen mit gutem Beispiel voran und lassen es sich einfach mal gut gehen – und damit auch diversen Feinkostläden, Asia-Märkten, Weinhändlern, Winzern sowie den mit diesen wiederum verbundenen Gliedern der worldwide Wertschöpfungskette….

Nicht gerade billig, aber im Verbunde mit Kaffeeliebhabern im Freundeskreis ein Leichtes zu realisieren. Überhaupt, das Kretze verursachende Wort „billig“ macht mich in seiner modernen Interpretation ganz wild. Was heute billig erscheint, ist das Teure von morgen. Freilich, wer gar kein bis wenig Geld hat, ist verdammt in unserer Gesellschaft. Er hat keine Wahl. Wer allerdings Geld hat und billig einkauft, kann zum Mörder der Zukunft werden. Und wer keine Verantwortung für seine Wette auf Billigkredite und dergleichen übernimmt, sogleich nach Hilfe des Staates ruft, ist aus gleichem Holz geschnitzt. Und auch die Herren Politiker, die sich vor diesen Karren spannen lassen, vergreifen sich mutwillig an des Menschen Zukunft. Der, der sich nicht vor den Karren spannen läßt, heißt in unserem Falle ganz zufällig Ross. Und was dieser, mir und Ihnen serviert, ist mir teuer und viel wert.
Organisch geht Florian zu Werke, es wird chinesisch gekocht. Mir entfährt ein Satz sogleich: Endlich einer, der ´mal chinesisch kocht“, denn ich liebe chinesisches Essen. Natürlich nicht die verwestlichte Pampe, die unsereins oft in hiesigen Peking-Tempeln serviert bekommt, wo offensichlich der deutsche Normalbesucher eben genau das essen möchte. Sondern mehr homecooking-style, um in die Sprache des Jazz zu gehen. Angelsächsich. Obwohl Florian ab und an angelt, spricht er kein sächsich sondern badisch. Meine Muttererde auch. Und nicht bei Muttern, sondern bei einem Bäcker im badischen Pforzheim, bestellt unser Arrangeur zuweilen ein Päckchen Maultaschenteig. Doch dieses spezielle Mal legt Florian selbst Hand an. Denn als Vorspeise hat er ein Gericht namens Har Gau ausgewählt, Haargenau, es handelt sich quasi um chinesische Maultaschen, eine Art der Dim Sum. Geschlagenes Eiweiß, Krabben, grüner Speck, Pilze und Sardellen werden durch den Fleischwolf getrieben. „That´s the Füllung“ kommentiert Florian seine Handlung und widmet sich der eiweißhaltigen Masse. Vermengen, rühren, tätscheln, kneten.
Eventuell kann in die Füllmasse der Har Gau etwas Fischsauce gegeben werden, je nach Geschmack.
Bei Oma das Kochen erlernt, resümiert er: „Eigentlich hat meine Oma nicht gut gekocht;…..Generation Pülverchen eben.“ Er erwähnt seine Allergie auf Glutamat, das sogenannte China-Restaurant-Syndrom. Jaja, wir sind in den Untiefen der Nahrungsmittelherstellung gelandet und den legalen Drogen der Lebensmittelchemie. Auch E620 genannt, wird selbiges unter Hilfe von Bakterien hergestellt, und zwar aus pflanzlichen wie tierischen Rohstoffen. Diese können gentechnisch verändert sein. Und ohne Glutamat z.B. würden Fertiggerichte, Tütensuppen, Soßenpulver, Chips etc. fade schmecken. Vegetarier demonstrieren vor der Bahlsen-Zentrale ? So wie ich als 18jähriger jede Chipstüte leerfressen musste, so war auch Florian ein Maggi-Junkie der 1l-Flasche. Wir sind dem Geschmacksverfälscher Glutamat und seinen Salzen verfallen gewesen, einem Stoff, der im Verdacht steht, bei der Entwicklung von so genannten neurodegenerativen Erkrankungen im Spiel zu sein, wie etwa ALS, MS, Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer.
Prost, Mahlzeit………Nun denn, ein bißchen Glutamat, natürlich vorkommend, ist zumeist nicht schlimm, sonst müssten wir auch auf Sojasauce, Sushi-Algen, Roquefort – und Parmesankäse wie Tomatenmark verzichten.
Florian empfiehlt fürs chinesisch-essen-gehen in Köln das Ni Hao, Brüsseler Str. 44, fon +49-221-251815. Dort soll der geneigte Leser unbedingt die Tafel mit den chinesischen Schriftzeichen, die Tagesgerichte beachten und die herkömmliche Speisekarte für den mitteleuropäischen Geschmack außer Acht lassen. Z.B. das Sojahuhn gebraten, das im Ganzen auf Spinat angerichtet wird, wäre eine gute Wahl.
Und Videos kochender, asiatischer Hausfrauen – schwer zu verstehen – findet man auch bei youtube, einfach einen asiatischen Rezeptnamen eingeben und los geht’s.
Zurück zu den Klößchen, die im Dämpfer ursprünglich auf Bananenblättern – Mangold oder anderes großblättriges Kohlblatt geht auch – nun vor sich hin garen sollen. Doch zuvor ist Handarbeit angesagt. Florian nimmt ein Stück des Teiges, knetet es und mehlt, flacht es an auf Butterbrotpapier, füllt es, macht Täschchen. Und ab in den Reiskocher mit Dämpfeinsatz. Einsatz erfolgreich durchgeführt. Noch schnell die Tunksossen zubereiten. 2 Fertigsossen ( Sriracha Hot Chili Sauce „Flying Goose Brand“ sowie Hoisinsauce) und eine selbstgemachte aus Sojasauce und Essig. „Ich nehme einen jungen Balsamico“ meint Florian.
Die gereichten Sößlein in der Schale erinnern mich an meinen Wasserfarbkasten. Schnellstens den mitgebrachten, gekühlten Weißwein ( Gredic 2006 vom slowenischen Weingut Movia aus Brda, www.slowenien-weine.de/ ) eingeschenkt, während die dampfenden Dim Sum serviert werden. Eine Tunk – und Schenkorgie startet. Mmmhhhh !
„Du kriegst auch dein Mittagessen“ vernimmt nun die junge, schwarze Familienhündin namens Nellie und spitzt die Ohren. Übrigens, junge Cocker-Spaniel haben einen Gendefekt und können ganz schwer ein Sättigungsgefühl entwickeln. Und das ohne Glutamat !
Unsere Hauptspeise ist ein typisches Rezept von der Insel Hainan im südchinesischen Meer. Dem Ursprungsort der Vogelgrippe. Räusper. Gemäß meiner Devise „bei germanischem Vogelgrippenalarm empfehle ich Hühnersuppe“, und statt manischem Vorgehen gibt’s nun die von Florian in diversen Zwischenarbeiten zubereitete Poularde. „Normalerweise wird das Fleisch kalt zu heißem Kokosreis serviert. Wir sprechen das Mahl geniessend von den großen Unterschieden in der Qualität zu kaufender Kokosmilch. Schöne Farben auf dem Teller. Auch hier nimmt sich Florian lachend einige Spritzer aus der Plastikflasche der scharfen Sriracha Sauce auf den Reis. Der einfach gemachte Gurkensalat passt perfekt als kühlendes Beiwerk.
Apropos Kühlung, kaum tierisch gut gegessen, widmet sich der Hausherr der Eismachung. Während die Eismaschine laut brummend rührt, rührt und rührt, sitzen wir im Gespräch entspannt auf dem Balkon. Florian saugt genüsslich an einer Zigarre und schenkt uns reinen Wein ein, dieses Mal eine Empfehlung für Eisliebhaber in der rheinischen Hauptstadt (des Karnevals).“Beste Eisdiele Kölns ist die am Hahnentor beim Rudolfplatz oder, halt, gut ist auch das Sagui gegenüber dem WDR“ entfleucht es aus seinem Munde. Die Zeit vergeht wie im Flug. Nachtisch ist fertig: Lychee-Sorbet. Äußerst delikat und erfrischend. Dazu eine Kerner Auslese 2007 vom Weingut Bercher-Schmidt aus dem badischen Oberrotweil a.K. Ach, geht’s uns gut. Kein Bassbogen mit Rosshaar zu hören sondern eher
Eight Ball & White Horse………..Har Gau (für 4-8 Personen)

180gr Tapiokastärke
300gr Kartoffelstärke
2 EL Erdnussöl
1 Prise Salz

150gr Krabben (prawns)
350ml Wasser
1 TL Sesamöl
80gr grüner Speck
10gr getrocknete Mu-Err Pilze (2 Stunden eingeweicht und geputzt)
4 TL Reiswein oder trockenen Sherry

2 EL helle Sojasauce

Für den Teig beide Stärken mit dem Salz mischen und mit kochendem Wasser übergießen. Mit Holzlöffel – oder stäbchen vermengen und ca. 10 Minuten abkühlen lassen. Hernach das Öl zugeben und zu einem glatten Teig kneten. Diesen in Folie hüllen und kurz ruhen lassen.
In der Zwischenzeit das Eiweiß schlagen, mit den anderen Zutaten für die Füllmasse vermengen und durch den Fleischwolf drehen. Je nach Lust kann man die Krabben ungewolft lassen und pro Täschchen eines der gewolften Masse beifügen.
Ein walnussgroßes Teil des Teigs nehmen, zu einer Kugel formen und mit einem Hackebeil oder breitem Messer flachdrücken. Den Teig so dünn wie möglich lassen, als Durchmesser ca. 8-10 cm.
1 EL der Füllmasse in die Mitte geben, Teig in der Mitte zusammenklappen und zu einem Päckchen drehen. Zwischen Teig und Füllmasse keine Luft lassen. Genauso weiterverfahren bis die Füllung und der Teig verbraucht sind. Auf einer leicht mehlierten Fläche parken.
Die Krabbenklößchen ca. 8-10 Minuten in starker Hitze im Bambusdämpfer oder im mit gelochtem Butterbrotpapier ausgelegten Dampfeinsatz des Reiskochers dämpfen. Mit Dip servieren.

Hainanese Chicken

1 Poularde (1 – 1,5 kg)
ca. 130-150 gr frischer Ingwer
4 Zehen frischer Knoblauch
geröstetes Sesamöl
Erdnussöl
Sojasauce
2 Spritzer Sesamöl
1 Dose (ca. 250ml) Kokosmilch (z.B. AROY-D, ein thailändisches Produkt)
ca. 1l Hühnerbrühe
2 getrocknete (?) Sardellen
1 Lauch
1 Bund Frühlingszwiebeln
700gr Duftreis (z.B. Jasminreis)
frischer Koriander

2 Schlangengurken
helle Sojasauce

Poularde in Wasser aufsetzen, zusammen mit Lauchstückchen, einem 1/3 Ingwer und getrockneten Sardellen. Leise köcheln lassen (ca. 40 Minuten). In einem Topf Öl erhitzen, 3 Zehen gepressten Knoblauch und 1/3 geriebener Ingwer dazu, höchstens 10 Sekunden gut schwenken, gewaschenen Reis reinschütten, 1 Dose Kokosmilch beigeben sowie mit Hühnerbrühe auffüllen bis die Flüssigkeit ca. 1 Fingerbreit über dem Reis steht. 1 x aufkochen lassen und heiß bedeckt ziehen lassen (nicht mehr kochen).
Das gegarte Geflügel sofort in Eiswasser abschrecken.
Gurken in Stückchen schneiden, helle Sojasauce nach Belieben unterrühren und in einer separaten Schüssel anrichten.
Dann Flügel und Keulen der Poularde vom Rumpf entfernen und für ein anderes Gericht verwenden. Das Brustfleisch mit Knochen nun quer in ca. 1 cm dicke Scheiben schneiden.
1/3 geriebener Ingwer mit 4 EL Erdnussöl, 2 Spritzer Sesamöl, 1 EL Sojasauce und einer Zehe gepressten Knoblauch vermischen.
Fleischscheiben in eine flache Schüssel oder Auflaufform schichten, mit dem gehackten Koriander bestreuen und der Ölsauce beträufeln.

Litschie-Sorbet

1 große Dose Litschie (in Sirup, ca. 250gr)
2 eiweiß, steif geschlagen
0,125 l Prosecco
8 TL Zucker

Litschies mit Sirup per Zauberstab pürieren, mit Prosecco und Zucker verrühren, Eiweiß unterheben und in die Eismaschine geben. Das Eis nach Gebrauchsanweisung der Maschine herstellen. Fertig.

Die Alphatierchen
Zu Tisch mit Fisch bei Ulita Knaus und Tim Rodig

Ein Freiburger zu Gast im hohen Norden: Kann das gut gehen? Sogar sehr gut. Wenn die Gastgeber Ulita Knaus und Tim Rodig heißen – und wenn man fischpolitisch auf einer Wellenlänge ist.

Hamburg im Winter. Jedes Stockwerk begrüßt die Gäste auf seine Weise, mal steht ein Fahrrad an der Wand, mal ein Schuhregal, mal ein Kinderwagen. Ist das typisch für Ottensen ? Keine Ahnung, typisch für Hamburg ist eher, dass nahezu jeder Besucher der Stadt dort Fisch essen möchte. Da der einstige Brotfisch des Nordens, der Kabeljau, bald nur noch in den Märchenbüchern des alten Fischerordens vorkommen könnte, wird in einschlägigen Lokalen auch noch Babyscholle serviert statt ökologischer Karpfenzucht. Denn der einstige Massenfisch war noch vor ca. 30 Jahren mit der günstigste zu erwerbende Meeresfisch, der neben den Fischstäbchen so manchen 70er-Jahre Haushalt zu einer freitäglichen, bezahlbaren Eiweißportion bereicherte. Doch mittlerweile wird der Kabeljau in Sternelokalen kredenzt und wiederholt die Geschichte des Lachses, der auch einst ein preisgünstiges Getier und heute fast nur noch ein billiges Massenschnäppchen darstellt oder eben als nahezu letzter Wildfang zum Luxusgeschöpf avanciert. Solange unsere für die Fischerei verantwortlichen Minister bezüglich der erlaubten Fangmengen, der Kontrolle der Einhaltung von gesetzlichen Fangverboten und der entsprechenden Bestrafung kriminellen Verhaltens so total versagen wie in den letzten Jahrzehnten ist Hopfen und Malz verloren. Womit wir beim Bier angekommen sind. Aber das würde mich vom Hauptthema noch weiter entfernen. Oder glauben Sie etwa an die Mär des deutschen Reinheitsgebots ? Lassen wir uns den unten angefügten Getränketipp schmecken und bleiben dennoch beim Fisch, sprechen mit Ulita Knaus und Tim Rodig über die Fischpolitik und den Transport von Nordseekrabben nach Nordafrika: extra und ausschließlich zum Entfernen der Schale. Wir hoffen gemeinsam und inbrünstig, dass die vor uns liegenden Krabben diesen langen und depperten Weg nicht hinter sich haben.

Die Frage nach einem Espresso wird von mir freundlichst bejaht.
Und gleich in der Arbeit des Kartoffelschälens berichtet Ulita von ihren schlechten Erfahrungen mit portugiesischem Stockfisch. Aha, hier ist er wieder, der Kabeljau (siehe auch das Buch von Mark Kurlansky „Kabeljau, der Fisch, der die Welt veränderte“, Claassen Verlag). Nun schlägt Ulita Eier auf, während Tim sich dem Schälen der Avocados hingibt. Gemeinsame Handarbeit der Alphatierchen, wie sie sich beschreiben. Beruflich geht man getrennte Wege. Externe Proberäume machen das Leben in der kleinen, gemütlichen Wohnung möglich. Mir gefällt das überaus. Und dass die beiden sich als Bandleader ihrer eigenen Gruppen behaupten möchten, kenn` ich doch nur allzu gut. In der Küche ist es eben anders. Gemeinsames Würzen, separates Arbeiten.
Das Stampfen der Kartoffeln wird als Chorus eingeworfen, bis es Ulita zu orchestral wird. So werden wir aus Platzgründen ins Wohnzimmer geschickt.“Zum Sekttrinken geht ihr mal am besten in die gute Stube“. Der Prosecco wird geköpft und darf in kleiner Ration die Kehle benetzen. Viel war nicht zu trinken, denn jeder von uns muß am selben Tag noch konzentriert arbeiten. Zurück im rechteckfreien Kochraum wälzt Ulita genüsslich den Piroggenteig, ein Rezept mütterlicher Herkunft soll es sein. „Ich muss gleich ´mal die Butter schmelzen“ entfährt es der Dame des Hauses. Doch zuvor gibt es die im Glase geschichtete Vorspeise, ein Krabbencocktail. Und wieder schieben wir uns durch den Gang gen Feuerstelle. „ Du mußt sie ordentlich zusammendrücken“ dirigiert Ulita ihren Partner und lächelt in die Runde „ Ohrläppchen-Piroggen, ja Ohrläppchen-Piroggen“. Die Teigtaschen sehen auch so aus. In Gesprächen über Hebammen, Tonträgerfirmen und andere illustre Themen gelangen wir in weitem Exkurs nach einer gehörigen Weile zurück zu den sogenannten Musikergetränken, Nein, keine Pina Colada oder Mojito, den Standardgetränken an Deutschlands Bartheken: die Sängerin schwärmt vom Ingwertee, der in den Probepausen von einem ihr bekannten Chorleiter serviert wird. Ich nicke zustimmend.
Nun geht wieder alles Hand in Hand. Es dampft. Denn in der Zwischenzeit reifte Tims Suppe – nach einem väterlichen Rezept soweit, dass wir sie nun als nächstes uns einverleiben können. Nach den ersten Löffeln frage ich mich, ob Tims Vater nicht einen mexikanischen Hintergrund hat. Eine geheime südamerikanische Liebe, oder etwa ganz trivial, ein Kochheft der 70er-Jahre ? Egal, ich bin kein Suppenkasper. Ulita berichtet von ihrer Gesangslehrerin, die behauptete: „Kochbücher sind wie Pornos. Anregen lassen und dann selber machen“. Schade, dass ich keine Gesangslehrerin hatte. Meine Musiklehrerin in der Grundschule drohte mir gar mit Rausschmiss aus der Schule, weil sie dachte, ich würde absichtlich falsch singen……….O sole mio.
Oder einfach eine Mousse au chocolate. Den Bogen zur Vorspeise machend wird diesselbige nun auch in einem durchsichtigen Glase serviert. Pappsatt, jede leere Magennische ausgefüllt, ist das Werk vollendet.
Tim schickt uns mit einem Gläschen Williams-Christbrand von der Brennerei Dietrich aus Markgröningen aus dem gemütlichen Wohnungsfeld wieder in die Wirrungen der Großstadt, in meinem Falle mit klarer Anweisung des Fußweges zum Bahnhof Altona, direkt in die zügigen Fänge der Mitropa. In der weiß getünchten Gleisschlange, vor mich genußvoll hindämmernd, wabern Tagträume durchs Gebälk, Sirenen säuseln „Mehdorn in den tiefen See“ und derlei Zeugs, bis mich die durchdringende Stimme des Schaffners in die Wirklichkeit zurückholt.

Empfehlung vom Autor:

Riedenburger Brauhaus, D-93339 Riedenburg, www.riedenburg.de

Des Biertrinkers Herz geht auf: vom glutenfreien Bier aus Hirsemalz, vom Diplom-Biersommelier, dem Brauen nach Bioland – Richtlinien, dem historischen Emmerbier, welches überwiegend aus historischem Urgetreide gebraut ist (50% Emmermalz, Einkorn-, Dinkel-, Gersten- und Weizenmalz), bis zu meinem momentanen Liebling, dem Viva Bavaria Festbier, ist hier (auch in einem unfassenden online-shop) viel zu finden. Prost.

Dieter Ilg, www.dieterilg.de

Rezepte von Ulita Knaus & Tim Rodig

Rodig’s scharfe Suppe:

300gr. Gulaschfleisch
löffelgerecht kleinschneiden und in Olivenöl kräftig anbraten.
Kleingeschnittene Zwiebeln, Knoblauch, Karotten, grüne Paprika
dazu geben und kurz mitschmoren lassen.
Scharfe Peperoni oder Chillis (Menge nach Geschmack) kleingeschnitten dazugeben.
3 EL Tomatenmark unterrühren. Salzen.
Mit Wasser ablöschen und 1 Std. kochen lassen.
Anschließend mit Cayennepfeffer ggf. nachwürzen.
Zum Schluß einen Becher Sahne angießen. Umrühren. Fertig!

Piroggen aus dem Hause Knaus:

Für die Füllung werden Salzkartoffeln gekocht, und mit in viel Oliven-oder Sonnenblumenöl gerösteten Zwiebeln vermengt und gestampft. Die Masse gut salzen und ordentlich pfeffern!!
Aus 400gr. Mehl und 3 Eiern, einer Prise Salz und etwas kaltem Wasser
einen Nudelteig kneten.
Auf ca. 3 mm ausrollen und in Quadrate schneiden. Auf jedes Quadrat einen Klecks Füllung geben und zu Teigtaschen formen. (Vorher die Teigränder mit Wasser bestreichen, damit diese gut zusammenkleben)
Wenn alle Pirogen geformt sind, kommen sie ins kochende Salzwasser.
Nach ca. 10-15 Minuten mit einer Schaumkelle herausnehmen und auf Tellern anrichten. Dort werden sie mit viel geschmolzener Butter und darin gebräuntem Paniermehl übergoßen.

Krabbencocktail:

Gepulte und gegarte Krabben mit Creme Fraiche, Salz, Pfeffer, gehacktem Koriander und Basilikum vermengen.
Aus dem Fruchtfleisch einer Avocado, Chillipulver, Salz und Zitronensaft eine Guacamole machen.
Pürrierte Tomaten mit Chillipulver, Salz, gehacktem Basilikum und etwas Puderzucker vermischen.
Nun alle 3 Elemente jeweils zu einem Drittel der Reihe nach in halbhohe Wassergläser füllen.
Zum Schluß kann man mit gelben Cocktailtomatenstückchen oder Basilikum garnieren.
Mit dem Löffel wird gegessen.

Mousse au chocolat

150gr feinste Edel-Bitter Schokolade im Wasserbad schmelzen.
In einem anderen Wasserbad (nicht zu heiß!) 3 Eier schaumig schlagen und ein Schnappsglas
Rum, Cognac oder Whisky ( in unserem Fall den venezuelanischen Rum „Cacique“) dazugeben.
Die Schokolade mit der Eimasse vermischen. (Vorher aus dem Wasserbad nehmen!)
Nun einen halben Liter Sahne steif schlagen.
Die Sahne nach und nach unter die Schoko-Ei Masse heben.
Im Kühlschrank am besten über Nacht fest werden lassen.
Dazu passen hervorragend Früchtepürrees. Z.B. aus tiefgefrorenen Himbeeren oder Heidelbeeren.
Dazu die Früchte auftauen lassen und dann durch ein feines Sieb streichen. Nach Geschmack mit Puderzucker süßen.

Herr Bolzheimer………oder Herbolzheimer Krisengericht
Zu Gast in Peter Herbolzheimers Zwiebelhaushalt

Wer wie Bandleader-Legende Peter Herbolzheimer schon ganz anderes durchgemacht hat, der weiß sich auch in Zeiten wie diesen zu helfen – im Falle eine Notfalles lässt sich auch mit einfachen Mitteln etwas Schmackhaftes zaubern. Unser Chef-Gourmet, Bassist Dieter Ilg, fand an dem Krisengericht durchaus Gefallen.

Im Vorfeld hatte ich vergeblich versucht, einen Winzersekt aus dem badischen Herbolzheim bei Freiburg ausfindig zu machen. Es wollte nicht gelingen, diese kleine Ehrerbietung vinologischer Art. Zudem unser Gastgeber mehr aus dem fränkischen Herbolzheim im Steigerwald familiäre Wurzeln vermutet. Und eines der Hauptbestandteile unseres Jazzthing-Krisengerichts bildet eine gewisse Knolle, eine aus Südamerika stammende. Der gemeine Leser assoziiert hier vielleicht schon Salsa oder ganz klischeehaft den flötenden Indiojungen aus Peru; natürlich in musikalischer Hinsicht. Der ungemeine Leser seinerseits ist die letzten Jahre in Deutschlands Fußgängerzonen besonders mit diversen Andencombos in Berührung gekommen, neben den unvermeidlichen Didgeridoospielern aus allen Herren wie Damen Länder. Da wir momentan insbesondere in der Presse bzw. in unterschiedlichsten Medien im allgemeinen mit der „Finanzkrise“ konfrontiert sind und werden, war Peters Vorschlag, der Zubereitung eines oder des – wie er es bezeichnet – typisch rumänisch-jüdischen Gerichts, der geeignete Anlass bei Herr und Frau Herbolzheimer vorbeizuschauen. Gut, was haben die meisten Leute zuhause – zumindest in Bukarest – ? Eben, eine Knolle namens Kartoffel.

Diese Erdfrucht genießt eindeutig auch deutschen Identifikationsstatus, obwohl sie vor einigen Jahrhunderten ein exotisches Früchtchen darstellte, mit der sich nicht jeder anfreunden konnte und sie deshalb mitunter aufs Heftigste bekämpft wurde. Bis Friedrich der Große zur Tat, das heißt, zum Befehl schritt. Leuchtet bei dem ein oder anderen ein Lämpchen der Erkenntnis auf, dass Fremdes im Laufe der Zeit zum Einheimischen sich verwandeln kann? Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Aus Gewohnheit entstehen auch Rituale. Und exakt das besagte Gericht, um das es heute geht, dient als solches bei unserem Maitre de Bigband, Peter Herbolzheimer.
Hoch über Köln lassen wir uns erst einmal ins Sofa fallen. Peter stöhnt über all die Telephonate, die er den ganzen Tag über führen mußte: „Ich bin abgelaufen“. Organisation einer bevorstehenden Reise in die Ukraine, das Leid der Bürokratie im allgemeinen. Das schlaucht. An Schilda teilweise nicht zu überbeiten, sind doch angeblich über 70% aller Steuergesetzregelungen dieser Welt deutsch ! Das Land der Ausnahmeregelungen. Ein Leben unter der Knute der Lobbyisten. Zum Wohl ? Wessen ?
Photograph Lutz knabbert derweil schon an einem Brot, bestrichen mit rumänischer Paprikapaste. Diese wird Zacusca genannt und in Rumänien von jeder Familie selbst produziert.
Smalltalk, es geht hin und her. Wir reden als nächstes über die Bausubstanz alter Gebäude und die Renovierung derselben zwecks Energieeinsparung. Ein hochaktuelles Thema, das in der Realität zuwenig Aufmerksamkeit bekommt, beklagt Peter. Wußten Sie, dass in Deutschland nach dem 2.Weltkrieg mehr Häuser als im Krieg selbst zerstört worden sind ? Wir politisieren weiter:“Ich hasse Gleichförmigkeit und Uniformierung.“ Und landen bei der Kfz-Abgaspolitik. Schon mein Automechaniker wundert sich, dass immer nur die Pkw-Abgase und nicht auch unsere privaten Hausbefeuerungsrauchzeichen in ihrer Schwere erkannt werden. Gerade was die Belastung unseres Körpers mit Feinstpartikel betrifft. Und das unsägliche Gegurke mit der Kfz-Steuerneuregelung ist ja höchstaktuell.
Peter und seine Frau Gisela sind sich dieser Problematik auch mehr und mehr bewußt. Wenn es dann eben zur Arbeit in die Ukraine geht, ist es eben so, mit allem ökologischen Wahnsinn. Die Globalisierung wirft die Arbeit ab und an weit vom eigenen Nest ins Geschehen.

Gehen wir jetzt weniger hart mit diesem Tun, mit dem wir alle konfrontiert sind, ins Gericht und widmen uns nicht dem Linsengericht sondern dem des umtriebigen Arrangeurs: der Verwandlung eines Nachtschattengewächses zum Krisengericht. Passend für alle nachtaktiven Musiker ? Peters Frau Gisela schwärmt von ihrem Zwiebelhackmaschinchen und zeigt sie uns fröhlich. Peter schält die gekochten Kartoffeln: „Wir sind halt ein Zwiebelhaushalt.“ Und zu seiner Handhabung des Schälmessers meint er selbstironisch: „Ich weiß nur noch wie der Säbel geführt wird………“. Im Anschluß an das Zergabeln der geschälten Erdäpfel werden nach gusto beliebig viel gekochte Eier und rohe, gehackte Zwiebeln beigemengt, Sonnenblumenöl oder wer mag auch Olivenöl sowie Pfeffer und Salz zugeführt und zu einem Stampf verarbeitet. Das Abschmecken überläßt sich Peter selbst und fügt noch weitere Ölstöße zur Masse. Und fertig. Ein traditionelles Schnellgericht nach Art des Hauses. Der Autor möchte hinzufügen, dass die Verwendung gedünsteter statt roher Zwiebeln durchaus eine vorstellbare Variante wäre.

Wir werden zu Tisch gebeten. Gisela köpft – im weiten Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika – eine Flasche KMV 2003er Chardonnay und fügt hinzu, dass nahezu alle Weinberge Südafrikas nach Norden ausgerichtet sind. Kurzes Stirnrunzeln erwartend fügt sie sogleich hinzu, dass sich dieser Teil Afrikas auf der anderen Seite des Äquators befindet. Ja denn, der Äquator macht die Musik. Und alles hat seinen Fluß.
Peter schenkt sich reines Wasser ein und gönnt sich einen kleinen Nachschlag: ich bin ein sehr großer Eisfan und befriedige diese Sucht mindestens einmal täglich.“ Grinsen. Lange Zeit großer Sorbet-Fan, bevorzugt der ehemalige Vertreter von Hoyer-Bässen zuhause als Standard ein Mövenpick-Vanilleeis. Gisela bringt den selbst angesetzten Rumtopf, der das Geeiste begleiten soll. Ja, das Thema Früchte. Peter klagt:“Es ist schwieriger geworden, gutes Obst zu bekommen. Das meiste ist unreif und vertrocknet. Tolles Aussehen, beschissener Geschmack.“ Wie vieles im Leben, mehr Schein denn Sein. Wir kommen wieder auf seine Zeit in Bukarest zu sprechen. Er erinnert sich daran, dass Samstag und besonders Sonntag früher für ihn schreckliche Tage gewesen sind, in denen „das Leben erstirbt.“ Ich kenne das auch: in jungen Jahren Sonntag morgens um 7h00 ministrieren gehen und den ganzen Tag ohne Fußballkameraden auskommen müssen. Das ist nicht lustig. Nun könnte noch ein Gläschen Tzuika – eine Art milder Pflaumenschnaps – einverleibt werden oder ein anderes Verdauungswässerchen. Ach, ein Fencheltee tuts mindestens genauso gut. Und wie weggeblasen ist jede Krise…..gegen sie hilft nur die Prise. Frei nach Heinz Ehrhard, dem Geburtstagkind. Peter lacht und begleitet uns zur Tür, die Fahrstuhltür öffnet sich und bevor sie uns schluckt winken wir uns alle gegenseitig aufs Heftigste. Bis bald !

Des Autors Empfehlung:

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Getrommeltes Huhn – Drumfood – AfriKuba – Das unschlagbare Duo-Chickenparty – Kuba meets Mozambique – Huhn sei Dank

Wenn so schlagfertige und weitgereiste Musiker wie der Kubaspezialist Roland Peil und der Ostafrikaspezialist Michael Küttner in der Küche aufeinander treffen, wird so einiges nicht in einen, sondern in mehrere Töpfe geworfen. Und so konnte sich unser Chefgourmet Dieter Ilg u.a. an einem Hühnchen Zambesischer Art, kubanischen Hähnchenschenkeln und einem ghanaischen Reistopf Eitorfer Art erfreuen.

Eine Landschaft, in der die Dörfer und Weiler mit –stein oder – bach enden. Die Strasse zieht sich von einer Kurve zur nächsten. Schaukelstunde. Einige Zeit später schwänzelt ein gut gemästeter Kater vor der Haustür. Roland Peil und Michael Küttner begrüßen sich herzlich. Das Schüler-Lehrer Verhältniss hat sich in ein feines Kollegenverhältnis aufgelöst. Umarmung allerseits. Wir traben ins Haus, in dem Palmwein-Musik tönt und bereits diverse Perkussionsutensilien sich erkennbar zeigen. Nix da, ab in die Küche, Huhn. Da liegt schon eines auf dem Küchentisch, verpackt in eine Masse, Kosmetikassoziationen meinerseits. „Wie eine Maske, hast Du das in weiße Schokolade getaucht“ entfleucht es voreilig meinem Mund. „Nicht ganz“ entgegnet Michael, „Du weißt ja, lange Einweichzeit erspart lange Kochzeit“. Während Roland seine eingepackten Utensilien auf den Arbeitsflächen verteilt, erklärt uns Michael das Rezept des Hühnchens Zambesischer Art. Ursprünglich platt gegrillt über offenem Feuer läßt die Ofenvariante in unserem Falle das Geflügel saftiger bleiben. Und schon sind wir in den schönsten Futtermittelerzählungen aus allen Herren wie Frauen Länder.
„Ich hab´die Bohnen über Nacht eingeweicht“. Frijoles Negros, schwarze Bohnen sollen unser Mittagsmahl begleiten. Roland hatte nebst seinem Hühnchenrezept auch für den ghanaischen Reistopf Eitorfer Art vorgearbeitet. Wir stecken bereits mitten in einer heißen afrikanisch-kubanischen Kochsession. Die Gemeinsamkeiten sind frappierend, die Unterschiede verblüffend.
Michael – der in Kiel geborene und in Bonn aufgewachsene Ostafrikaspezialist – weist mich auf den klugerweise schon vorgeheizten Backofen hin. „Ich liebe Schlagzeuger“ höre ich mich sagen in Anbetracht dieser ausgezeichneten Vorbereitung. Roland – der in Essen geborene und in Düren aufgewachsene Kubaspezialist fragt löblichst nach dem Bioabfall und schneidet die geschälten Kartoffeln in grobe Würfel. In Olivenöl angebraten und mit Sojasauce gewürzt, verteilt sich so bereits eine appetitmachende Rauchschwade in der Küche und in den angrenzenden Räumen. Beide Matadoren spielen nun immer intensiver im Duokontext, man(n) schnipselt, hackt, brutzelt, gart wie ein seit Jahren eingeschworenes Team. Nun verschwinden die Hühnchengerichte fast gleichzeitig im Ofen, frei nach dem Motto Ein guter Hahn wird selten fett…
Ober -/ Unterhitze und weiter geht’s.
Michael zeigt uns einen afrikanischen, flachen Mörser aus Ton mit Holzstößel. Ascheglasur. Eine Anschaffung wert. Roland schält die kleinen schwarzen Avocados, indem er sie erst halbiert, den Kern entfernt und die Avocadohälften längs in Streifen schält wie ich es vom Orangenschälen kenne. Zwischendurch überwacht Michael mit lustvollem Blick die Garung des Federviehs und brät auf dem Herd oben Knoblauch und Zwiebeln mit etwas Sesamöl in einer Pfanne an. „Fürs Bohnengericht.“
Nach einer Stunde Bohnengeköchel, darf der Reis mitschwimmen: „ Ich steh´tierisch auf Duftreis“ meint Roland beiläufig, während er seine Grünzeugdroge, frisches Koreanderkraut, hackt. „Ich kann nicht mehr ohne…..ich kann gar nicht anders, als es bei jeder Gelegenheit drüberzustreuen.“ Wir lernen, dass es auch in Havanna ein Chinatown gibt und derlei mehr:“ Kubanisches Essen ist in der Regel völlig ohne Schärfe, aber mit viel Knoblauch. Es gibt auf dieser Insel zwar keine Vampire aber genug Voodoo-Zauber. Religionen und Riten aus Nigeria und Benim kamen mit den afrikanischen Sklaven in die Karibik. Wußten Sie, dass kaum einer auf Kuba – außer bei religiösen Ritualen – Kokosnuss zu sich nimmt ? Ganz im Gegensatz zu den Menschen in Mozambique. Daran hängt eine Geschichte ließ schon Shakespeare sagen. Obwohl manche Hähne glauben, daß die Sonne ihretwegen aufgeht, erleben wir hier keinen Hahnenkampf im Sinne Zwei Hähne auf einem Mist vertragen sich nicht, sondern ein verständnissvolles miteinander Umgehen zweier Familienväter ohne Allüren. Dafür mit wohlschmeckenden Gerichten. Michael serviert nun sein präsentables Huhn, Roland sein intensiv schmeckendes, dazu gibt es die deftigen Reisbohnen, den passenden Salat mit Avocado und Zwieblen und vielerlei scharfe Saucen (Molho de Piripiri). Jedes Gericht, ein Gedicht. Wenn wir das von der Justiz auch sagen könnten…….Ein kleiner Schluck portugiesischer Wein, ein Lothar-gerechter Mateus rosé, Vinho de Mesa darf nicht fehlen. Jung und spritzig.
Jetzt greift sogar Lutz, unser Photograph, ins aktive unphotographische Geschehen ein und räumt die leergefegten Teller ab. Wie eine Mentholprise fegt die Restschärfe über unsere Lippen. Zufriedenes Atmen ist zu hören. Zeit für Frucht und Cocktail. In Streifen schneidet Michael eine reife Mango, die er ein paar Tage zuvor vom Markt in Mozambiques Hauptstadt Maputo eigenhändig importierte. Dazu bereitet Roland das kubanische Getränk per se zu, mit dem er auf jeder noch so kleinen Party der Hahn im Korb ist, für jeden einen Mojito. Hasta Siempre. Mango und Mojito. Großer Dank den Herrn dieser edlen Bewirtung ! Nach diesem Festessen bin ich garantiert mit den Hühnern zu Bett gegangen und rupfte am nächsten Tag mit niemandem ein Hühnchen, sondern bediente nur ab und an den Wasserhahn……Empfehlung des Autors: wollen Sie noch mehr über Hühner und Hähne wissen, besorgen Sie es sich selbst: das neue SlowFood-Magazin Nr. 2_2009 „Huhn im Glück?“ Für den Durchblick und derlei mehr.
Slow food Deutschland e.V., Wilhelmstr. 22, D-71638 Ludwigsburg, fon 07141-99209-72, fax -74, info@slowfood.de

Text: Dieter Ilg, www.dieterilg.de

Rezeptur nach dem Hause Küttner:

Reis mit Bohnen Ghanaisch/Eitorfer Art

Zutaten:
2 Tassen Reis
2-3 Tassen eingeweichte Rote oder Schwarze Bohnen (aus dem Asienshop)
etwas Olivenöl und Sesamöl
Zwiebeln und Knoblauch
Die Bohnen 24 Stunden vorher in frischem Wasser einweichen. Dann mit dem Wasser in einen Topf geben und bei Bedarf etwas Wasser hinzufügen. Die Bohnen sollten gut bedeckt und es sollte noch genug Wasser für den Reis da sein (3 – 3,5 Tassen). Das Ganze bei grosser Flamme aufkochen und bei kleiner Flamme köcheln lassen, bis die Bohnen anfangen weich zu werden. Wieder aufkochen lassen und den Reis hinzugeben. Nun mit (grobkörnigen) Meersalz salzen. Je nach Geschmack etwas Oliven – und/oder Sesamöl (ca. 1 – 2 Esslöffel) hinzu gegeben werden. Aufkochen und das Ganze auf kleiner Flamme köcheln lassen. Wenn alles Wasser aufgesogen ist, ohne Flamme im warmen Topf ziehen lassen. Das Ganze dauert etwa 45 Minuten.
Parallel dazu ein Gemisch aus Sesam – und Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, zuerst den kleingeschnittenen Knoblauch, dann die in Ringe geschnittenen Zwiebeln braun und knusprig braten. Bei Bedarf kann getrockneter oder frischer Chillipfeffer mitgebraten werden. Diese Knoblauch-Zwiebel-Chilli-Zubereitung zum Reis dazureichen.

Galinha Zambeziana
(Hühnchen Zambesischer Art)

Zutaten:
1 ganzes (Brat-)Hühnchen
800 ml Kokosmilch (in Dosen oder Kartons á 400 ml im Asien Shop zu beziehen)
3-4 Knoblauchzehen
etwas mittelscharfen Senf
bei Bedarf etwas trockenen Weißwein
Salz und Pfeffer (aus der Pfeffermühle)
Die Kokosmilch in ein Gefäß geben, die Knoblauchzehen dazu auspressen, etwas Senf dazu geben und dann mit einem Pürrierstab gut durchmischen. Wenn die Kokosmilch zu dick ist oder es erwünscht ist, das Ganze mit dem Weißwein flüssiger machen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das gereinigte Hühnchen in eine Backofen taugliche Schale aus Glas oder Ton geben, mit der Flüssigkeit übergiessen und wenn möglich 24 Stunden ziehen lassen. Dann das Ganze in den auf 200° vorgeheizten Backofen stellen und ca. 1 Stunde mit Unter- und Oberhitze garen lassen. Zwischendurch das Hühnchen immer wieder mit der Soße übergiessen. Wer möchte kann das Hühnchen auch mal umdrehen und wenn möglich am Ende etwas knusprig grillen, wenn ein Grill im Backofen vorhanden ist. Das fertige Hühnchen wird ganz serviert und dann vor dem Verzehr in gewünschte Teile zerschnitten.

Rezeptur nach dem Hause Peil:

Hähnchen „Ana Rosa“/Pollo a la abuela Ana Rosa

(…ich nenne es so, weil das Rezept von einer Tante meiner Frau Libania stammt. Ich habe es ein wenig meiner Art zu kochen angepaßt )

für 4 Personen:

4 Hähnchenschenkel mit Rückenteil
4 Knoblauchzehen
1 EL Salz
1 TL Pfeffer(körner), gemischt
2 EL getrockneter Oregano
6 – 8 EL Balsamico Essig
Saft einer Limette
Olivenöl
4 – 5 mittelgroße Kartoffeln
1 Tasse Sojasauce

Am Vorabend:
1. Knoblauchzehen schälen, grob zerteilen und mit Salz, Pfeffer, Oregano im Mörser zerstampfen. Mit dem Limettensaft und dem Balsamico Essig vermischen.
2. Hähnchenteile evtl. zerteilen, in eine Schale geben und mit einer Gabel rundum einstechen. Marinade darüber geben, gleichmäßig verteilen oder am besten mit einer Gabel ins Fleisch „einarbeiten“ und über Nacht zugedeckt durchziehen lassen.

Am Kochtag:
1. Ofen auf ca. 200 Grad vorheizen.
2. Kartoffeln schälen und ca. 2 cm große Würfel schneiden.
3. Etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzen.
4. Die Kartoffelwürfel hineingeben und mit reichlich Sojasauce übergießen.
5. Unter regelmäßigen Wenden bei mittlerer Hitze ca. 10 Minuten anbraten bis die Kartoffeln die Sojasauce gut aufgenommen haben.
6. Die Hähnchenteile in einer großen Keramik-Auflaufform verteilen und mit der restlichen Marinade übergießen.
7. Die Kartoffelwürfel und die Sojasauce darüber und/oder drumherum verteilen.
8. Zum Schluß noch etwas Olivenöl obendrauf und im Ofen ca. 30 bis 40 Minuten unter mehrmaligem Wenden goldbraun backen.

Avocadosalat / Ensalada de Aguacate:

2 reife Avocados (vorzugsweise aus der Karibik)
1 große rote(!) Zwiebel
Saft einer 1/2 Limette
ca. 2 EL weißer Balsamico Essig (nach Geschmack auch anderer Essig)
ca. 4 EL Olivenöl
Salz
Pfeffer

1. Avocados schälen, vierteln und in Scheiben schneiden.
2. Zwiebel schälen und in Ringe schneiden.
3. Alles in einer Salatschüssel vorsichtig mischen und Limettensaft, Essig und Öl darubergeben.
4. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, nochmal vorsichtig unterheben und servieren.

„Buen provecho“

Davor oder danach paßt natürlich vorzüglich ein Mojito:

Diese Zubereitung hat – außer den Zutaten – nichts mit der gemeinhin in hiesigen Etablissements angebotenen Version gemeinsam, die aus der Caipirinhawelle in den 90er Jahren entstanden ist. Mein Rezept habe ich aus Kuba von einem Barmann, der auf Mojitos spezialisiert ist und es seinerseits von einem alten Cantinero gelernt hat.

Für 4 Gläser braucht man:

8 Minzezweige (im Original nimmt man Hierba Buena, das leider in unseren Breitengraden nicht gedeit.)
2 – 3 Limetten
4 EL weißer Rohrzucker
Mineralwasser mit Kohlensäure
3 Jahre alter kubanischer Rum
möglichst kleine Eiswürfel (KEIN CRUSHED ICE!!!)
Angostura
4 mittelgroße Longdrinkgläser mit festem Boden
Strohhalme
langer Holzstößel
langer Löffel

1. Zuerst zerstampft man je Glas einen Minzezweig (mit Stiel und allem) und einen EL Zucker in demselben, bis die Minze zu duften beginnt und vollends zerkleinert ist.
2. Jetzt gibt man ausreichend Limettensaft (normalerweise reicht der Saft einer halben Limette) und einen Spritzer Mineralwasser) hinzu.
3. Umrühren bis der Zucker vollständig aufgelöst ist!
4. Da der Minzgeschmack beim Stampfen in den Zucker übergegangen ist, kann man jetzt die großen Minzreste mit einer Gabel entfernen.
Zurückbleibt der Mojo, der dem Mojito seinen Geschmack gibt.
5. Pro Glas gibt man eine Hand voll Eiswürfel hinzu.
6. Je 4 – 6 cl Rum angießen und gut umrühren.
7. Gläser (evtl.mit Eis und) Mineralwasser auffüllen und nochmals umrühren.
8. Zur Dekoration gibt man jetzt noch einen schönen Minzezweig in jedes Glas, Strohhalm dazu und fertig ist der Mojito original. (Wer möchte kann noch einen Spritzer Angostura dazu geben)

„Salut!“

Der geschriefelte Haderer.
Mit Matthias Schriefl in Andy Haderers Küche

Wer in die Ferne geschweift ist, hängt dort zuweilen mehr an den Traditionen seiner Heimat, als er es vielleicht daheim tun würde. Und so gestaltete sich das kulinarische Gipfeltreffen unseres Chefgourmets Dieter Ilg mit den beiden in Köln lebenden Bläsern Matthias Schriefl (Allgäu) und Andy Haderer (Niederösterreich) heftig deftig.

Ein Kremser Goldberg, Grüner Veltliner 2007er, Kellermeister privat mit 13% Alkohol dient der Aufwärm – und Vorbereitungsphase. Er soll hitzige Gemüter kühlen. Unser Spätzlamacher Matthias Schriefl – gut aufgelegter Meister des Widerstands an sich – erweist sich auch hiergegen resistent. Fast väterlich weist Andy Haderer seinen Freund und jüngeren Bläserkollegen in die seinige Küche ein. All das natürlich ohne Blazer aber mit Schürze. Das Getümmel nimmt seinen Lauf, der Startschuß kommt zu spät, schon hackt Andy statt Minoran Majoran. Gleichzeitig erklärt mir Matthias, wie er seine Spätzla intonieren wird und frägt Andy nach 405er Mehl wie einem Flaschenöffner fürs Weißbier. „Achtung Action“ ruft Matthias, leert das Mehl in eine Schüssel und schlägt Eier hinein, anschließend Weißbier. Schon hängen wir im Vorspiel. Im Stile eines hereinbrechenden Gewitters eröffnet Matthias eine Diskussion über Hühnerhaltung (siehe auch die slowfood-Empfehlung des Autors im vorigen Jazzcooks!). „Entweder eigene Hühner freilaufend oder Käfighaltung. Bodenhaltung kommt mir nicht ins Haus“ schallt es aus des Knaben Füllhorn.
Der Professor für Jazztrompete an der Musikhochschule Köln grinst ob dem jugendlichen Elan seines Compagnons. „Jetzt paßts, obacht !“ ruft Matthias. Die Brettchenwahl geht vonstatten. „Ich bin ein total unbegabter Koch“ entfährt es dem Irrwisch und kommentiert lauthals seinen ersten Versuch mit den Kässpatzen, der bestätigt, dass der Teig noch zu flüssig ist. Damit die Spätzla nicht weitergaren, ertränkt der Shreefpunk-Patient sie in kaltem Wasser.
Kochplattenwechsel.
Andy zeigt mir seine bereits am Vortag zubereitete Rinderbrühe. Das nenne ich Vorbereitung und verteile einen Jazzcooks-Orden. Der direkte Weg zu einer formidablen Leberknödelsuppe. Schluck, einer meiner Lieblingssuppen. Die Laus, die über die Leber lief, hatte keine Chance…..
Ein Probeknödel wird geformt. „Müßte klappen“ kommentiert unser erster Trompeter den ersten Durchlauf. „Meine Oma ist 90 Jahre alt und ich fragte sie nach dem speziellen Rezept für die Leberknödelsuppe. Und sie berichtete mir, dass ihre Mutter immer welche gemacht hat. Aber das sei für sie nicht mehr drin und seit es Bofrost gibt, auch nicht mehr nötig“. Wir lachen ob solcher direkten Ehrlichkeit. „Nun gut, auch ich greife gelegentlich zu Frosta-Bioland Erbsen…..fürs winterliche Risotto“ entfährt es meiner leicht belegten Zunge. Genug der „Werbung“.
„Wo bist Du denn geboren?“ frage ich Andy, der seit nahezu 20 Jahren in der WDR-Bigband den Ton angibt. Zuweilen außerordentlich hoch. Hoch die Tassen……“In Tribuswinkel“ entgegent dieser. Das liegt etwa 25 km südlich von Wien und grenzt direkt an einen Ort namens Baden. Es erstreckt sich über eine Fläche von 6,92 km² und wird von fünf Gewässern durchflossen (Schwechat, Wiener Neustädter Kanal, Mühlbach, Hörmbach und Sagerbach). Ob da Flußbaden angesagt ist ?
Andy schneidet Schnittlauch und findet die Leberknödel „ein bißchen zu weich“. Wir dürfen alle vom Probeknödel versuchen. Sie sind mild abgeschmeckt. Andy hadert immer wenn die Knödel zuviel Leber enthalten und dann bitter schmecken. Interessant. Bitterstoffe sind eigentlich gut für die (menschliche) Leber, siehe auch www.kraeuter-verzeichnis.de und www.schwarzwaldkraeuter.de. Verbittre dir das junge Leben nicht ! Verschmähe, was dir Gott gegeben, nicht. Sprichwort – Wahrwort (Sprichwort)……
Um keiner Worte verlegen – nach dem Genuß der den Magen wohlauskleidenden Suppe von Andy – kümmert sich Matthias um die Entkernung der Paprikas. Die wahre Kernkraft. „Allgäuer sind ausgewiesene Schotten“ zwinkert er uns zu und delegiert einen Besucherfreund zum Reiben des Bergkäses sowie zum Zwiebelschälen und mahlt reichlich Muskatnuss über die erkalteten Spatzen (www.spaetzle.de ). Der Liechtensteiner schrie. (Wortspielerklärung: Schriefl = Schrie + FL, FL = Abkürzung für das Fürstentum Liechtenstein ) Ohne Worte.
Gemächlich mit großem Ernst schichtet M.S. Spätzla und Käse in die ausgehöhlten Paprika. „Welchen Käse nimmt man ?“ trompetet er in die Runde und gibt sogleich selbst die Antwort: „für gute Gäste Bergkäse, für weniger gute Gäste Emmentaler“. Ob der junge Mann jemals wieder in der Schweiz auftreten darf oder nur noch privat für Herrn Steinbrück das Mundstück wärmt ? Eine scharfe Sache, dieser weiße Pfeffer, der da in enormen Mengen über die gefüllten Schoten schneit. Matthias nimmt heute sardischen Pecorino. Da weint das Allgäu. Während er das Paprikapulver mit Mehl und den Zwiebelringen wie –spalten vermischt, berichtet der Mann aus Maria Rain von Alphornspielern in seiner großen Familie. „Gewürze berg´ich in der Schürze“ gluckst er vergnügt und brät die manipulierten Zwiebeln in Butaris. Ein kleiner Krampf seitens fullfat.“Ich hab´ein Kochtrauma posaunt Schrieflchen. „Ich bin ganz aufgeregt“ höre ich und auch „ Ihr müßt immer mit ganz viel Pfeffer nachwürzen !“
Eintretende Verdauungsruhe.
Andy erzählt vom Wiener Sternerestaurant. „Ich hab´das Rezept mehr oder minder aus dem Plachutta-Wagner. Das österreichische Jahrhundert-Kochbuch, die gute Küche. Rapsöl wird in einer Pfanne erwärmt. Herr Haderer backt die Palatschinken einzeln. Einen Schöpfer Teig in die Pfanne, Pfanne hin und her kreisen, damit sich der Teig schnell verteilt. Es brutzelt und duftet himmlisch. Nachdem der bereits gewendete Pfannkuchen fertig gegart ist, hieft der Ventilmeister diesen auf einen Teller, gibt ein kroatisches Zwetschgenkompott darauf und rollt den heißen Teigling zusammen. Etwas geschlagene Sahne dazu und ab zum Servieren.
Die versammelte Riege streichelt unisono über ihre Bäuche. Vergnügter Blick in die Schar. Leise und routiniert räumt Andy die Küche auf. Es ist vollbracht.Empfehlung des Autors:
Apropos Pfeffer. Mein momentaner Liebling ist der Tellicherry Pfeffer aus der indischen Provinz Thalassery, eine Art Spätlese der entsprechenden Pfefferbeeren. Schöne Schärfe, schöne Würze. Zu finden u.a. bei www.orlandosidee-gewuerze.de und www.gewuerzkarawane.de.Originalrezept in Wort und Kommentar:

Versteckte italienisch-allgäurische Kässpätzla á la Schriefl (bitte nicht nachmachen!)

verwendete Lebensmittel: 4-6 Zwiebeln (je nach Größe), Weißweinessig, neutrales Öl (z.B. Sonnenblumenöl), 405-Weizenmehl, 3 Eier (wenn Sie vom Bauernhof sind) oder 5 Eier von glücklichen Legebatterien-Hühnern, (auf keinen Fall von Hühnern aus Bodenhaltung, weil dafür stehe ich nicht mit meinem Namen.) Unertl – Weißbier, kann auch durch Allgäuer Zötler-Bier oder Nesselwanger Postbräu ersetzt werden. Auf keinen Fall Franziskaner!!! Salz, frisch geriebene Muskatnuss, weißer Pfeffer, süßes Paprika-Gewürz, 500g Butaris, 5 bunte Paprikas und das wichtigste: Allgäuer Bergkäse, direkt von der Alm (nur zu Fuß erreichbar). Wenn Matthias Schriefl nicht gerade im Allgäu war (so wie heute) und somit keinen gscheiten Käse hat, kauft er exklusiv italienischen Käse in folgendem Feinkostladen: Salumeria Toskana, Leyendeckerstr. 73, 50825 Köln, Tel. 0221-2595619

Rezept: Mehl, Ei, Bier und Salz zu einem dickflüssigen Teig rühren. Die Eierschalen mit Bier ausspülen.

1 großer Topf mit viel kochendem kräftig gesalzenem Wasser auf den Herd stellen.

1 Schüssel mit viel kaltem Wasser daneben stellen.

Glattes, am besten schmales, kunststoffbeschichtetes Holzbrett mit ein bisschen kaltem Wasser benetzen.

Pfannenmesser oder Spätzleshobel nehmen und auch mit kaltem Wasser benetzen, damit der Teig fließt.

Eine möglichst kleine Menge Teig immer ins Wasser schaben und dort maximal 1 Minute kochen lassen, bis die Spätzla an jeder Stelle einmal unter Wasser waren. Danach die Spätzla mit einer Schaumkelle aus dem Wasser nehmen und im kalten Wasser abschrecken, das Holzbrett und das Pfannenmesser erneut mit kaltem Wasser benetzen, erneut ein bisschen Teig ins Wasser schaben, usw. bis der Teig verbraucht ist.

Danach die Spatzen in einem Sieb abtropfen lassen und mit viel Muskatnuss und viel Pfeffer würzen.

Die Paprikas in heißem Wasser 5 Min. sieden lassen, dabei kann auch das alte Kässpatzenwasser wiederverwendet werden.

Den Käse grob reiben, und dann immer abwechselnd eine Schicht Spatzen und Käse mit den Fingern in die Paprikas drücken. Darauf achten, dass die Paprikas möglichst trocken sind. Die oberste Schicht sollte unbedingt mit viel Käse sein.

Eine Auflaufform mit etwas Butaris einreiben, und die gefüllten Paprikas nebeneinander mit der Öffnung nach oben im vorgeheizten Ofen bei 180 Grad gute 10 Min. mit Ober- und Unterhitze backen.

Die Zwiebel währenddessen in Ringe schneiden, die Pfanne komplett voll machen mit Butaris, und erst wenn die Pfanne heiß ist, die Zwiebeln in ein Gemisch aus süßer Paprika und Mehl kurz schwenken und sofort danach in die Pfanne werfen. Zwiebeln nur 1-2 Min. in der Pfanne brutzeln lassen und dann mit 2 Gabeln rausnehmen, das Fett abtropfen und damit die Paprikas, die im Ofen sind, garnieren. Nicht zu viele Zwiebeln auf einmal in die Pfanne, besser diesen Vorgang 3-4 mal hintereinander wiederholen, damit alle Zwiebeln gleich durch sind. Danach mit viel Pfeffer und evtl. Salz würzen und Prost-Mahlzeit! Absolut passend dazu ist Allgäuer Bier oder zur Not bayrisches Bier (von möglichst kleinen Brauereien)!

Rindsuppe Haderer Andy:

Zutaten: ( 8 Personen )
4 Liter Wasser
1 kig Rinderknochen und Markknochen
1 kg Rindfleisch
2 Gemüsezwiebeln
je 100g Möhren, Sellerie und Lauch
10 Pfefferkörner,
Liebstöckel,
Petersilstengel oder -grün
Salz,
Suppenwürze,
Schnittlauch geschnitten

Rindfleischknochen & Markknochen (ca 1kg) warm waschen, mit kaltem Wasser zustellen.
Rindfleisch (ca 1kg) beigeben und zum Kochen bringen.
Mit einem Schöpflöffel den aufsteigenden Schaum abschöpfen.
2 große Gemüsezwiebeln halbieren und in einer Pfanne ohne Fett dunkel bräunen.

Nach ca 1 1/2 Stunden Wurzelwerk Zwiebeln, Suppengrün, Pfefferkörner Salz und Suppenwürze zugeben ( falls erwünscht auch mit etwas Wasser auffüllen, dass ca 3 liter Flüssigkeit im Topf ist und eine weitere Stunde leicht köcheln lassen. Die Suppe durch ein feinmaschiges Sieb seihen und abschmecken.

Leberknödel:
200g Rinderleber
80g Semmelbrösel
Schweineschmalz
40g Semmel oder Weißbrot
2 Eier
2 Zwiebeln
Salz
Knoblauch
Gehackte Petersilie
Pfeffer
Majoran
Semmeln in kaltem Wasser einweichen und ausdrücken.
Zwiebeln in heißem Fett rösten und kaltstellen.
Leber, Zwiebeln, Schweineschmalz und Weißbrot fein faschieren,
die restlichen Zutaten dazugeben und gut vermischen.
Eine halbe Stunde ruhen lassen.

Suppe zum Kochen bringen und die Knödel mit der mit Wasser benetzen Hand formen und einige Minuten köcheln lassen. Danach noch einige Minuten ziehen lassen.

Palatschinken:
(für ca 15 Stück )
120g glattes Mehl
5 Eier
1/4Liter Milch
Salz
Fett (Öl) zum Backen
Alle Zutaten vermischen und zu einem Teig verrühren.
Das Fett oder Öl in der Pfanne erhitzen und den Teig DÜNN einfließen lassen.
Anbacken, wenden und aus der Pfanne nehmen.

Schokolade-Nuss Füllung:
200g geriebene Walnüsse,
Schokoladensauce
Puderzucker

Die warmen Palatschinken mit heißer Schokoladensauce bestreichen, mit den Walnüssen bestreuen und die Palatschinken zusammenrollen.
Mit Zucker bestreuen.
Alternative Erdbeer-Sahne Füllung:
Die Palatschinken mit Erdbeeren und geschlagener Sahne füllen und mit Zucker bestreuen.!“

Burger Mannheims.
Bei Thomas Siffling im Obergeschoss

Als Jazz-thing-Chef-Gourmet Dieter Ilg den Trompeter Thomas Siffling besuchte, erwartete ihn Ungeheuerliches: ein Hamburger! Zubereitet mit Bio-Hack von einem Four-Letter-Word-Discounter! Durch den verstärkten Einsatz von Slow-Food- und Greenpeace-approbierten Zutaten konnte der Fluch des Bösen jedoch neutralisiert werden.

Ein großbürgerliches Treppenhaus bietet Stufen Richtung Obergeschoß. Holz und meine Wenigkeit ächzen unisono. Jetzt merke ich noch nichts ernährungsspezifisches heute zu mir genommen zu haben. Ein feines Glas Wasser hilft mir über den Damm. Thomas Siffling geleitet mich in die Küche, dem natürlichen Ort sozialgesellschaftlichen Geschehens in der nordbadischen, einstigen Arbeiterhochburg. Wir singen eine kurze Begrüßungsarie und prosten nur zum Teil auf die sich seit einiger Zeit so nennende Gewerkschaftsvereinigung Ver.di. Zum Aperitif erfüllt ein Villa Sandi Prosecco „Il Fresco“, Vino Spumante Aromatico di Qualita Brut seine feinperligen Pflichten. Das Getränk der Neuzeit schlechthin und Hausmarke der Casa Siffling. „Frisch, leicht, fruchtig“. Unter der Gastfreundschaft von Thomas wie seiner Frau Nicole fühle ich mich sogleich wohl. Wir flutschen ins Gespräch wie warme Butter in die heiße Pfanne. Während Thomas sich dem Gruß aus der Küche widmet, einem von mir mitgebrachten Salat aus getrockneten türkischen Marmorbohnen (wegen Rezept schreiben Sie dem Autor !), tratschen wir über samstägliche Rituale wie Sportschau oder Formel-1-Qualifikation und dergleichen vorwiegend männliche Offenbarungen. Die rote Schürze umgebunden reibt sich Thomas immer wieder seine Hände am darunter angebrachten Handtuch ab, was überaus geübt aussieht und Sinn macht. Wer rennt schon gerne ständig zum Handtuchhaken. Kartoffelschnitze schneidend erklärt der in Karlsruhe geborene Trompeter, welche Utensilien er in seiner Küche mit Vorlieben gebraucht. Von einem österreichischen Freund aus dem Dunstkreis der SAP-Bigband, seinerseits Feinkosthändler (badisch „Spezereiensimpel“ genannt…), bezieht er steirisches Kürbiskernöl, griechisches Olivenöl, scharfen Chilisenf und diverse Blütensalze. Die Verpackungen der Flor De Sal D´Es Trenc – mit Geschmacksrichtungen wie Orange-Chilli oder Limone-Lavendel – sehen wie Camembert-Schachteln aus. Jaja, das Auge kauft mit. Macht sicher großen Spaß, das Eiweiß von Spiegeleiern mit diesen unterschiedlichen Salzen abzuschmecken. „Ei lecker“. Apropos, denken wir und tauschen unsere Erfahrungen in den DB-Speisewagen aus, der ehemals von Köchen bedienten Echtküche in Fernzügen, vom Orient-Express träumend. Heutzutage ist es wichtig – sicher primär aus finanziellen Gründen – dass jeder Schnellangelernte weiß, welche vorgefertigten, eingeschweißten Plastiktüten (Convenience-Food genannt) wie in Mikrowellenöfen etc. aufgetaut und warmgemacht werden müßen. Immerhin werben Sterneköche mit sich und für den guten Ruf dieser Dinge, und die Mitropa legt Wert auf gewisse Bio-Zutaten. Ich fühle mich beim Lesen der Speisenkarten in den Restaurants des Globus wie vor einer Bundestagswahl: welches ist das kleinste Übel ? Solange Manager (das gilt auch für Politiker und andere Funktionäre) ohne spezifische Qualitätsprüfungen von einer Druckmaschinenherstellerfirma zu einem halbstaatlichen Eisenbahnunternehmen wechseln können……wird es so weitergehen wie bisher. Von einer Krise in die nächste. Immer schneller dreht das Rad.

Zwiebel schnippeln und das Aushöhlen grüner und roter Paprika ist angesagt. Der Mitgründer von Jazz´N Arts erzählt gleichzeitig von dem bevorstehenden Veröffentlichungsauftritt zur Vorstellung eines Musikerkochbuchs auf der Frankfurter Buchmesse 2009. Feiern wir das Lesen…..der Trauben….indem wir mit schwerem Glockenkorkenzieher einen 2007er Weisser Burgunder „Wollmesheimer Mütterle“ aus dem Weingut Bruno Leiner bei Landau der Öffnung preisgeben. Ein französisches Sprichwort leicht verändernd: wer nichts trinkt, hat in der Küche nichts zu suchen. Kneip(p)-Kur eben.
Jetzt nähern wir uns dem Konzentrationspunkt der Burger-Zubereitung. Als ausgewiesener Aldi-Fan wie auch Wochenmarktbesucher fiel die Wahl von Thomas auf Biohackfleisch von Aldi. Als ausgewiesener Aldi-Verweigerer mußte ich gehörig aufhorchen und schlucken.
„Hm, das ist echt geil“ vernehme ich aus des Sportwagenfahrers Munde, der sich in den Duft in Butter angerösteter Zwiebeln verliebt hat. Mehr als verständlich. Was wäre der Autor ohne Butter ?…. Die kapitalen Hamburger – im Gastronomiezirkel auch „Deutsches Beefsteak zwischen Weißbrotscheiben“ genannt – werden wie es sich gehört mit den Händen geformt. Zur Herkunftsbenennung wird berichtet, dass sie im 19.Jahrhundert von deutschen Auswanderern via Hamburg in die Neue Welt kamen. In der Einzahl wurde er dort zum Hamburger und Beefburger. Da das Wort „ham“ im englischen „Schinken“ bedeutet, führte das wohl zu Mißverständnissen. So ward er vereinfachend nur „burger“ genannt: durch den Fleischwolf gedrehtes oder mit dem Messer klein gehacktes und gebratenes Fleisch, um deren Veredelung sich auch die Sterneköche kümmern, siehe die Oktober2009-Ausgabe des Lifestylemagazins H.O.M.E., welches sich „Das Magazin für eine moderne Lebenswelt“ nennt. Darin ist die Rede von „Jakobsmuschel und Gurke mit Currycreme unter einem Burgerhut“ oder „Offener Burger mit Steinbuttfilet und Sommertrüffel“,„Mac Krusty mit ausgelöstem Hummer und Peperonata“, „Fishmac aus Reisbrot mit Sushi, Seetang und Wasabicreme“ und „Doppel-Whopper vom Kobe-Beef nach Hausmacherart mit Linsen und Altem Balsamico“. Mama !……….
Zurück auf dem Boden Mannheims weist der Hausherr in die Untiefen des Ketchup ein und gibt uns in viereckigen Schälchen Versuchsproben von drei Ketchupmarken. Das amerikanische Heinz (die sifflingsche Vorliebe) und zwei ostdeutsche Produkte, dem Thüringer Born (www.born-feinkost.de, Fördermitglied des „Freunde der Thüringer Bratwurst e.V., sic !) und der Firma Werder (www.werder-feinkost.de) aus dem Havelland. Letzteres verarbeitet nach Angaben von Greenpeace keine genmanipulierten Zutaten. Fein.
Übrigens, Thomas bevorzugt bei McDonalds den BigMac oder Cheeseburger, bei Burger King den Whopper. Über die french fries scheiden sich nicht nur die Geister…..die gerufen.
Die Grillschlange gibt den Kartoffelschnitzen den Rest. Die Bräunung. Es geht Schlag auf Schlag. Mayonnaise, Senf, Ketchup, Gemüse, zack, zack, zack und fertig ist des Bürgers Burger. Thomas gibt den Hauptgang frei: „Es gibt Gerichte, die müssen nicht unbedingt heiß gegessen werden. Dazu zähle ich den Burger.“ Die Ketchupschälchen machen die Runde. Kompliment, für mich seit Urzeiten wieder einmal ein Burger, der beste meines Lebens bisher. Handgemacht. Da braucht keiner zu den einschlägigen FastFoodKetten pilgern, diese Qualität gibt’s dort nicht. Der Freiburger nickt.Empfehlung des Autors:Ein wunderbares Kotelett von tiergerecht aufgewachsenen Schwäbisch-Hällischen Landschweinen. Die ideale Kur gegen grasierende Schweinegrippen.Wirtshaus zum Hermannsdorfer Schweinsbräu
Herrmannsdorf 7
85625 Glonn
fon +49-8093-9094-45
www.schweinsbraeu.de

Im Hofmarkt erhalten sie eine entsprechende Leberkässemmel im selbstgewählten Laugenknoten. Löst Knoten im Taschentuch und Hals.

Hermannsdorfer Landwerkstätten
fon +49-8093-9094-34
www.herrmannsdorfer.de

Sifflings Rezeptweisen:

Ofernkartoffeln

– Festkochende Bio Kartoffeln (nicht zu groß) aus der Pfalz
Backblech mit Olivenöl beträufeln. In Scheiben geschnitten (mit Schale), im Backofen bei 180 Grad Umluft 30-40 Min backen.
Gewürzt mit Fleur de Sel Orange-Chilli und normalem Salz, Pfeffer und Kräuter der Provence sowie einem Schuss Zitronen-Rapsöl

Thomasburger

– 2 Paprika, 2 Bio-Karotten, jeweils in dünne Scheiben geschnitten
– 1 Zwiebel, klein geschnitten
– 2 Zähen Knoblauch
-1 Ei
– Raclette – und Alpenkäse in Scheiben (1 Scheibe pro Burger) und
nicht vergessen die Rinde abzuschneiden
– Gemischtes Bio Hackfleisch (1 kg für 4 Personen) vom Aldi J

Ins Hackfleisch kommen 2 gepresste Knoblauchzähen, eine
geschnittene halbe Zwiebel, Salz, Pfeffer, Paprika, geriebener
Muskat und 1 Ei. Wir verzichten absichtlich auf eingeweichtes
Brötchen. Das Ganze schön mischen und dann in gleichförmige
Hackfleischbällchen formen. Nicht zu dick!

Hackfleisch schön in Olivenöl anbraten. Achtung aufpassen: bei nicht beschichteten Pfannen muss immer Öl unter dem Hackfleischballen sein, da er sonst anbrennt! Pfanne mit einem Deckel zudecken.

Nach mehrmaligem Wenden kommt nach der Schlusswendung eine Scheibe Käse oben drauf und nochmals kurz bedeckeln.

Beim Gemüse wird zuerst die Zwiebel mit Butter angebraten, dann kommen die Karottenscheiben dazu und zum Schluss die Paprikascheiben.
Alles schön anbraten und dann wieder etwas abkühlen lassen, da das Gemüse nur lauwarm auf den Burger kommt.
Gewürzt wird das Ganze noch mit Salz und Pfeffer.

– Riesen Burger Brötchen von Golden Toast.

– Ketchup (3 Varianten: Heinz, Werder, Born – Amiland gegen
Ostdeutschland…….)
– Tommy Senf Mittelscharf
– Tommy Mayonnaise
– Bio Tomaten vom Aldi
– Gewürzgurken aus dem Glas

Die Burgerbrötchen werden noch kurz in den Ofen gelegt und beim Grillen von oben etwas angecrosst.

Belag des Burgers:

Auf die Unterseite des Brötchens kommt eine dünne Schicht Mayo, darauf dann das Gemüse, wobei zu achten ist, dass es gleichmäßig verteilt wird um dem Burger eine sichere Auflagefläche zu bieten.
Darauf kommt der Burger mit Käse und auf den Burger eine Scheibe frische Tomate.
Die Oberseite des Brötchens wird zuerst mit Senf und dann mit Ketchup (Heinz, der Favorit von Gourmet Siffling) eingeschmiert, was einen unverwechselbaren Geschmack gibt.
Darauf werden dann die 2-3 längs geschnittenen Gurken Scheiben gelegt.
Dann das Ganze zusammensetzen und mit einem Holzspieß stabilisieren.

Angerichtet wird der Burger mit den Ofenkartoffeln und einer Schale mit extra Ketchup.

Zum Nachtisch:

Zutaten: 3 Pfälzer Äpfel

Entkernt und geschnitten (mit Haut wegen der Vitamine) in eine Schale zum Pürieren geben. Hinein kommen 2 Beutelchen Vanillezucker, Limettensaft einer ausgedrückten Limette, eine Prise Zucker, ein Schuss Sahne, 2 Bio-Jogurt natur und Zimt.
Das Ganze wird mit einem Mixer püriert und danach in kleine Schälchen gefüllt. Hernach ab damit ins Eisfach. Wichtig vor dem Verzehr: ca. 1 h vorher aus dem Eisfach nehmen !