Jazz Cooks, Folge 63, Teil 2

Motta ist das Motto
Ein Farbenmeer.

Erinnern Sie sich noch an den ersten Teil dieser brasilianischen Esstrinkkochparty mit Ed und Sabine ? Oder wabern nur noch unscharfe Fragmente von Bildern des Zuckerhuts vor Ihrem inneren Auge ? Ein Caipirinha oder ein Caipiroska würden diesen Nebel unter Umständen nicht lichten. Eher ein von Mann Motta geliebter Riesling, der mit seiner Kühle, Mineralität und säurebetonten Strikt – wie Verspieltheit das dünne Eis, auf dem die Welt tanzt, nicht gleich brechen läßt.

Wir lassen uns auf den Stühlen nieder und fühlen Wohlumsorgtheit.

Sabine erscheint mit den Oktopuszigarren (Pulpo-Rollen), dem Garnelen-Palmherzen-Cocktail und der Salsa Criolla.

Während der Vereinnahmung dieser Speise wandert mein Blick über die Tischgarnitur, speziell die verteilten Blütenblätter. Der Mann, auf dessen Sportschuhe „Samba“ steht – reiner Zufall….. – prostet mir zu. „Zum Wohl“.

Aus der Küche schwirren Stimmen durch den Flur an unsere Ohren, die auf baldiges Heranziehen der ersten Warmspeise hinweisen lassen. Und wir werden weder getäuscht noch enttäuscht. Asparagi werden aufgetragen. Die Frühlingserdfruchtstangen. Lustvolles Entwässern im kulinarischen Zirkel.

Grün, weiß und wild. Dazu geräucherten und gekochten Schinken. Nahezu symbadisch.

Zur Sprache kommt codfish, Bacalhao. Getrockneter Kabeljau. Einst ein Brot – und Butterfisch, heutzutage eine Delikatesse und brutalst dezimiert. Das schmackhafteste Stockfischpürree aus getrocknetem Kabeljau bekam ich einst am Bodensee vorgesetzt, vom Freund eines Freundes, der gleichzeitig einen bemerkenswerten Brombeeressig zustande bringt.

Und als ich das letzte Mal musikalisch mit Rebekka Bakken in San Sebastian weilte – das Baskenland wird als höchstentwickelte Salzkabeljauküche der Welt bezeichnet -, war das einzige Souvenir, das ich mit nach Hause nahm, ein kleines Paket Bacal(h)ao. Darin ein edles Stück Lomo, vom Mittelfiletstück aus der Rückenregion dicht hinter dem Kopf eines kapitaleren Exemplars.

 

Oha, die zweite Warmspeise wird serviert: schwarzer Reis bildet das Bett für die Lachsschnitte, darum eine cremefarbene Lache der Maracuja-Weißwein-Sauce. Fruchtiges Säurespiel. Da geht’s zur Sache. Ein würziges Bier kommt mir in den Sinn, eisgekühlt.

Das ist die Eselsbrücke zum Nachtisch, eine Mango-Tarte-Tatin mit Kokosmilch-Nuß-Eis und karamellisierten Kokosraspeln. Ei, da kommen wir vor lauter Kühle ins Schwitzen. In diesem einen Falle hilft augenblicklich nur eines: 2012er Riesling Schweisströpfchen. Schwerer Tonboden mit hohem Kalksteinanteil. Kühle Süße in flüssigster Form. Süßes Leben ! Schöne, freundliche Gewohnheit des Daseins und Wirkens ! wußte schon Goethe niederzuschreiben.

 

„Oktopus ist das intelligenteste Tier der Welt“ fügte Sabine an, als wir uns anfangs mit dem Oktopus beschäftigten. Möge die hohe Intelligenz nicht allzuoft vom Menschen ignoriert und vor dem Aussterben gerettet werden. Ab und an hilft dann noch der Greenpeace-Fischführer oder die Salzwasserfischabstinenz. In der Hoffnung, einen in klarem, sauberen Wasser schwimmenden Karpfen an die Rute zu locken. Trüschenleber kommt mir in den Sinn. Die Quappe, auch Aalrutte genannt; welch´ seltene Gelegenheit und delikat ein „Süßwasserdorsch“ doch sein kann. Ich muß unbedingt dieses Jahr noch mit einem Bodenseefischer frühmorgens aufs Boot. Was sein muß, das muß sein. Auch Ed Mottas Motto.

 

P.S. Ob Ed weiß, daß die Panettone (Fruchtkuchen) der Firma Motta aus der Lombardei zu den besten der Manufakturen zählen ?

 

Udo Jürgens hätte an dieser Stelle nur noch einen Satz von sich geben dürfen: „Aber bitte mit Sahne“.

 

Text: Dieter Ilg (www.dieterilg.de)

 

 

 

MENÜ ED MOTTA

 

Duo frutti di mare:

 

Garnelen-Palmherzen-Cocktail und Pulpo-Rollen mit Salsa Criolla

 

Spargel mit Maniok-Kräuter-Bröseln

 

Lachs auf Maracujá-Weißwein-Sauce und schwarzem Reis

 

Mango-Tarte-Tatin mit Kokosmilch-Nuss-Eis und karamellisierten Kokosraspeln

 

 

 

REZEPTE

(Für 4 Portionen), original von Sabine Hueck

 

 

Duo frutti di mare:

Garnelen-Palmherzen-Cocktail und Pulpo-Rollen mit Salsa Criolla

 

Zutaten

 

Garnelen-Palmherzen-Cocktail

600 g Garnelen (30 Stk. à ca. 20 g, ohne Kopf, mit Schale)

8 EL Mayonnaise

8 EL Sahne

3 EL Tomatenketchup

1/2 TL scharfer Senf

1 Spritzer Tabasco

4 EL Cognac

Salz und Pfeffer

 

 

Mango-Avocado-Palmherzen-Tatar

½ Mango, geschält

½ Avocado, geschält

2 Palmherzenstangen

½ kleiner Fenchel oder Sellerie

2 Schalotten, geschält

2 EL Zitronensaft

3 EL Olivenöl

Salz und Pfeffer

Salatblätter

 

Außerdem

4 Gläser

 

Zubereitung Garnelen-Palmherzen-Cocktail

Garnelen schälen (davon 12 Garnelen bis zur Schwanzflosse), am Rücken längs einschneiden, den Darm entfernen, in kaltem Wasser waschen und trocken tupfen.

Zuerst die Garnelen mit Schwanzflossen in etwas Olivenöl mit Salz und Zucker 2 bis 3 Minuten in einer heißen Pfanne anbraten und mit etwas Cognac abschrecken. Für die Dekoration zur Seite stellen. Dann dasselbe mit den anderen Garnelen wiederholen. Garnelen-Sud reduzieren und dazu geben.

 

Für die Cocktailcreme alle Zutaten mit einem Schneebesen zu einer Creme rühren. Die kalten Garnelen in dicke Scheiben schneiden und in den Sud unterrühren.

 

Mango, Avocado, Palmherzen und Fenchel in kleine Würfel schneiden. Schalotten fein würfeln. Alles in einer Schale mit etwas Zitronensaft und Olivenöl mischen. Mit Salz und Pfeffer würzen.

 

Salat waschen, trocken schleudern und in feine Streifen schneiden.

 

Mango-Avocado-Palmherzen-Tatar in die Gläser verteilen und etwas andrücken.

Den Garnelen-Cocktail auf dem Tatar verteilen, Salatblätter dazu anrichten.

Mit den restlichen Garnelen an den Rändern der Gläser servieren.

 

 

 

 

Pulpo-Rollen mit Salsa Criolla

 

Zutaten

 

Oktopus Füllung

½ kg Oktopus

1 Zwiebel

1/4 TL Koriandersamen

1 Lorbeerblatt

1 TL feines Meersalz und Pfeffer aus der Mühle

2 Lauchzwiebeln

2 Korianderwurzeln mit wenig Stängel (keine Blätter)

 

Salsa Criolla

1 große Tomate

Etwas geriebener Knoblauch (optional)

1 rote Chilischote

1 Stängel Koriander mit Wurzel

Meersalz und Pfeffer aus der Mühle

½ TL Zucker

Saft von 1 Limette

Olivenöl

evtl. etwas Brotbrösel zum verdicken

 

Außerdem

Frühlingsrollenteig

1 Eiweiß

Öl zum Frittieren

 

 

Zubereitung

Den Oktopus gründlich waschen. Mit ausreichend Wasser in einen Topf geben, sodass der Oktopus bedeckt ist. Die ganze Zwiebel, Korianderwurzeln und -samen, Lorbeerblatt sowie Salz und Pfeffer zugeben. Aufkochen und bei niedriger Hitze ca. 50 Minuten kochen, bis der Oktopus gar ist. Den Oktopus aus dem Wasser nehmen, gut abtropfen lassen, Augen sowie Mund wegschneiden und den Rest klein schneiden.

(Nach Belieben mit etwas Kräutern und klein gehackten Zwiebeln mischen.)

 

Den Frühlingsrollenteig bedeckt auftauen lassen, damit er nicht austrocknet.

Die kalte Oktopus-Füllung auffüllen, einrollen und mit dem Eiweiß zusammendrücken.

Für die Salsa den Blütenansatz sowie die Kerne der Tomaten entfernen und in Würfel schneiden. Chili in feine Ringe schneiden. Koriander mit den Stängeln hacken. Alles mit Salz, Pfeffer, Zucker, Limettensaft sowie Olivenöl durchmixen und abschmecken. Bei Bedarf mit etwas Brotbröseln verdicken.

Die Pulpo-Rollen in heißem Öl frittieren und sofort mit der Salsa servieren.

 

 

Spargel mit Maniok-Kräuter-Bröseln

 

Zutaten

Spargel

16 bis 20 Stangen weißer Spargel

16 bis 20 Stangen grüner Spargel

Etwas Salz, Zucker

1 EL Zitronensaft

3 EL Butter

 

Brösel

150 g Butter

30 g Maniokmehl

5 EL klein gehackte Kräuter nach Wunsch (z. B. Schnittlauch, Basilikum und Petersilie)

Salz und frisch gemahlener Pfeffer

1 Tomate, geschält und entkernt, gewürfelt

 

Beilage

600 g Schinken nach Wunsch

 

Zubereitung

Spargel

Spargel schälen und die holzigen Enden abschneiden. Etwa gleich dicke Spargelstangen mit Küchengarn zu 4 Portionen bündeln. Mit Salzwasser, 3 Prisen Zucker, Zitronensaft und Butter bedecken. Spargel je nach Dicke etwa 12-18 Minuten darin kochen.

 

Den grünen Spargel nur an den Enden schälen (merkt man, wenn das Messer leicht in den Spargel eindringt) und dann gleich in reichlich Butter braten bis er al dente ist. Mit Salz, Zucker und Pfeffer in der Pfanne ziehen lassen.

 

Brösel

Maniokmehl in einer dicken Pfanne hellbraun rösten, dabei immer rühren, damit das Mehl nicht verbrennt. Butter dazu geben und wenn alles geschmolzen ist, die Kräuter zu den Bröseln geben. Mit Salz und Pfeffer würzen. (Maniokmehl, auch Cassava genannt gibt es im Asiamarkt)

 

Abgetropften Spargel anrichten, mit den Bröseln und den Tomaten-Würfelchen bestreuen und mit dem Schinken auf den Tellern anrichten.

 

 

 

Lachs auf Maracujá-Weißwein-Sauce und schwarzem Reis

 

Zutaten

frisches, gehäutetes Lachsfilet (pro Person ca. 100 bis 150 g)

 

Marinade

10 Kaffirlimettenblätter

70 g Olivenöl

1 gestrichener TL Meersalz

Pfeffer aus der Mühle

 

Zubereitung

Das Lachsfilet mit kaltem Wasser waschen und mit Küchenpapier abtupfen. Mit einer Pinzette eventuell vorhandene Gräten herausziehen und das Filet in sechs Stücke schneiden. Von den Kaffirlimettenblättern den Faden in der Mitte entfernen, jeweils eine Blatthälfte klein zusammenrollen und in dünne Streifen schneiden.

 

Das Olivenöl in eine flache, ofenfeste Form füllen. Die Fischstücke auf beiden Seiten sparsam salzen und pfeffern und darauf verteilen. Die geschnittenen Kaffirlimettenblätter darüberstreuen. Mit Frischhaltefolie bedecken und mindestens eine Stunde lang marinieren lassen und unterdessen die Maracujá-Weißwein-Sauce zubereiten.

 

Anschließend die marinierten Lachsstücke ohne Abdeckung im vorgeheizten Backofen bei 100° C (Umluft 80° C) je nach Größe etwa zehn Minuten garen lassen. Der Fisch sollte beim Servieren innen noch fast roh und glasig sein, jedoch leicht zu zertrennen.

 

 

 

Maracuja-Weißwein-Sauce

 

Zutaten

3 Schalotten

1 EL Zucker

1 EL Butter (35 g)

200 ml Weißwein

300 ml Sahne

100 ml Maracujápüree

½ Tasse Wasser

1 TL Currypulver

1 TL Cayennepfeffer

1 gestrichener TL Salz

 

Zubereitung

Die Schalotten schälen, grob hacken und in Zucker und Butter andünsten. Mit dem Wein, der Sahne und dem Maracujápüree ablöschen und eine halbe Tasse Wasser dazugeben. Köcheln lassen, bis zirka ein Drittel der Flüssigkeit verdampft ist. Danach mit dem Rührstab mixen und mit dem Currypulver sowie dem Cayennepfeffer würzen, salzen und bei Bedarf mit Zucker abschmecken.

 

Die Maracujá-Sauce kurz vor dem Servieren nochmals erwärmen. Mit dem in der Kaffirlimetten-Marinade gegarten Lachs und schwarzem Reis servieren.

 

 

 

Schwarzer Reis

 

Zutaten

350 g schwarzer Reis ihrer Wahl

2 Schalotten, kleingehackt

3 EL Fenchel oder Selleriestangen, kleingehackt

1 Stängel Zitronengras

2 EL Butter

Salz

 

Zubereitung

Den Reis in einem Topf mit allen Zutaten unter Rühren anschwitzen und mit Wasser zum Kochen bringen. Danach zugedeckt bei kleiner Hitze je nach Ihrer Reis-Gebrauchanweisung köcheln lassen. Den Herd ausschalten und den Reis mit geschlossenem Deckel 15 Minuten ziehen lassen.

 

 

 

Mango-Tarte-Tatin mit Kokosmilch-Nuß-Eis und karamellisierten Kokosraspeln

 

Kokosnuss-Eis

 

Zutaten

Jeweils 500 ml Vanille- und Nußeis (etwas aufgetaut, so dass man es rühren kann)

1 kleine Tetra-Packung Kokoscreme (ungerührt, davon nur die obere feste Schicht verwenden)

30 g Kokosraspel

 

Zubereitung

Beide Eissorten mit der Kokoscreme (ohne Wasser) und Kokosraspeln verrühren und wieder einfrieren – zwischendurch öfter umrühren, damit eine cremige Konsistenz erhalten bleibt.

 

 

Karamellisierte Kokosraspeln

Zutaten + Zubereitung

1 Tasse frisch geraspelte Kokosnüsse mit 3 EL Puderzucker bei 170° ca. 10 Minuten hellbraun im Ofen backen. Gelegentlich rühren.

(Frische Kokosraspeln gibt es in der Tiefkühlabteilung in gut sortierten Asiamärkten)

 

 

Mangotarte

 

Zutaten

4 nicht zu reife Mangos

150 g Zucker

100 g Butter

1 TL frischer, klein gehackter Ingwer

400 g tiefgekühlter Butterblätterteig

 

Zubereitung

Den Zucker karamellisieren, dann die Butter und den Ingwer hinzugeben und abkühlen lassen. Die Mangos schälen, in dünne Scheiben schneiden und aufeinander mit dem Karamell in eine Form (oder einzelne kleine Förmchen) legen.

30 Minuten im Ofen bei 160 Grad backen. Aus dem Ofen nehmen und mit dem aufgetauten Blätterteig bedecken, dabei mit einer Gabel kleine Löcher stechen. Weitere 20 Minuten bei 180 Grad backen. In der Form auskühlen lassen, auf die Teller stürzen und mit dem Eis anrichten.

 

Motta ist das Motto
Global Cuisine mit Ed Motta

Die Welt zu Gast beim (und im) Essen… In einer Berliner Küche ist unlängst mal wieder so einiges zusammengekommen: zum Beispiel die Gastgeberin Sabine Hueck, unser Chefgourmet Dieter Ilg, vor allem natürlich Ed Motta nebst Gattin, Promoterin und Produktmanager sowie kulinarische Einflüsse aus Deutschland, Marokko, Italien, Brasilien und vieler weiterer Herren und Damen Länder. Die Rezepte zum kompletten Menü gibt’s dann im zweiten Teil im nächsten Heft…

Berlin, wie es singt und lacht. Summer in the city. Wieder in Germaniens Hauptstadt unterwegs, ohne Sambagruppe, aber mit der Vorahnung, dass es gleich brasilianisch vergnügt zugehen würde. Und ich sollte mich nicht täuschen.

Ich betrete einen lichtdurchfluteten Korridor, der Wärme und Herzlichkeit ausstrahlt, die mir prompt in Gestalt von Sabine Hueck entgegenflutet, ihrerseits Berufsköchin mit brasilianisch-deutschen Wurzeln (www.sabinehueck.de).

 

So viel Farbe bin ich nicht mehr gewohnt. Alles scheint mehr zu leuchten als sonst. Sabine stellt mir gleich ihre langjährige Helferin Rosiris Garrido vor, ihrerseits Pilates-Trainerin und Akrobatin. Von waghalsigem Seiltanz nichts zu spüren, eher von Freude am Tun. Nun, Sabine und Rosiris sind schon eine Weile am Vorbereiten. Das fällt gleich beim Eintreten in die Küche auf.

Licht, Mond, Sonne? Aus der bayerischen St. Leonhards Quelle. „Ein spezielles Wasser für den Genussmenschen soll es sein“, gibt Sabine lachend von sich und stellt eine Auswahl deutscher Flüssigkeiten auf den Tisch. „Ich finde es wichtig, Gästen das Einheimische, Deutsche zu zeigen“. So reihen sich auf dem Teller Schwartenmagen respektive Sülze, Salami etc.

Die „Cocina Sabina“ hat auch einen soziologischen Ansatz. Wie kochen Japaner, die in Peru sesshaft wurden, wie kochen Deutsche, die in den Tropen ansässig sind? So ist das Mischen und qualitative Vermengen der Weltküchen Sabines Hauptanliegen. Ob Spinatbrot aus Marokko oder Brotstangen aus Italien. Fingerfood aus allen Herren und Damen Länder tummelt sich angerichtet auf dem Küchentisch. „Für den ersten Hunger, wenn er kommt.“ Sabine zwinkert mir zu. So wird er umgarnt, der Star, vom Fan. Kann denn Star-sein Sünde sein? Fragen Sie den Baum, in den die Bruthöhle genackenköpft wird. Verzeihen Sie mir den kleinen ornithologischen Ausflug in die Baumwipfel.

Es klingelt.

 

Das südamerikanische Soulmonster erscheint. Das Begrüßungsszenario als herzlich zu beschreiben wäre untertrieben. Und tatsächlich, der Kapitänsbart tragende Meisterbarde prüft sogleich, was er sieht, und er sieht reichlich Gedecktes. Ed mustert die Wasserflaschen und probiert. Ihm schmeckt das „Brandenburger Quell“, Medium aus Diedersdorf (Dohrn und Timm GmbH) vom Rande des Nuthe-Urstromtales, am besten. Dieter schmunzelt.

„Ah, Octopus, I love Octopus“. Ed fasst das Meeresgetier mit der linken Hand, und Sabine hebt das Messer zum Kampf. Doch stets bekannt, kommt das Kochen vor dem Mampf…

Sabine lässt sich trotz weiterer intensiver Zubereitungsaktivitäten nicht nehmen, Ed etwas Lardo anzubieten, von dem sie wusste, dass er es so mag. Eds Geschmack kommt meinen Vorlieben wunderbar entgegen. Logisch: Fett ist Geschmacksträger! Alte Küchenweisheit: Traue nie einem dünnen Koch. Nun, das ist natürlich von Fall zu Fall differenziert zu betrachten. Selbstverfreilich.

 

Nun ist Eds Produktmanager für Europa eingetroffen. Er trägt einen größeren Karton unterm Arm: Wein! Ed hebt die bedeutungsvoll die Augenbrauen. Götz Bühler packt die Flaschen aus, und Ed photographiert sie sogleich. Vielleicht, um eine Kolumne zu schreiben?

Die Stimmung hebt sich. Eds Frau Edna und seine Promoterin Christina Ruiz-Kellersmann integrieren sich in die allgemeine Küchenarbeit unter Sabines Regie. Die Köchinnen unterhalten sich, reden und umarmen sich immer wieder mit großer Freude.

Eine vorgekühlte erste Flasche Wein wird geopfert. Ein 2012er Westhofen Riesling trocken vom Weingut Katharina Wechsler aus Rheinhessen. Der Nachmittag startet mit 12,5 Alkoholprozenten (www.weingut-wechsler.de).

 

Noch im Schlucken und im Glasabsetzen fragt Ed nach MPS-Geschichten, nach Dieter Reith, Filmmusik von Raumschiff Orion, nach all den ganzen Anekdoten, Geschichten und Hintergründen der Hochzeit des Schwarzwald-Labels. Jetzt würde ich gerne Friedhelm Schulz an meiner Seite wissen, der hier für mich antwortend in die Bresche springen könnte. Halt, eine Anekdote fällt mir ein. Als Jugendlicher in Offenburg wohnend und intensiv wie es mir möglich war, auf den Spuren von Niels-Henning Ørsted Pedersen kurvend, schrieb ich einen Brief an Hans-Georg Brunner-Schwer, den damaligen Labelleiter und Initiator von MPS, mit der Bitte, ob es mir möglich sei, einer Aufnahme meines Idols beizuwohnen. Mir wurde negativ beschieden. Schade, ich hätte so gerne den „great Dane“ persönlich näher kennengelernt.

 

Ed bringt mich zurück in die Küchendaseinsgegenwart. Während im vorderen Hintergrund eifrig gearbeitet wird, bekundet Ed, dass sein Großvater Koch für den Privathaushalt eines Franzosen in Rio de Janeiro war. Er selbst koche zwar kaum, aber seine Frau Edna umso mehr. „Ich bin eher der Typ, der sitzt und isst“. Sabine bindet dem lächelnden Speisenliebhaber eine geblümte Küchenschürze um und äußert in Richtung Herd zurückwandernd: „Ich möchte irgendwann ein Lokal eröffnen“. Ein feines Vorhaben. Ed schnüffelt an seinen Händen und erkundigt sich nach einer Iron Soap, quasi einem Edelstahlhandling. Er möchte den noch vorhandenen Fischgeruch von seinen Händen entfernen und schwört auf dieses Produkt.

 

Auf einen Schlag sprechen wir wieder über Wein. Ed erwähnt den Winzer Dominique Laurent aus dem Burgund. Den Fruchtcharakter dessen Weine mag er sehr, aber manchmal ist ihm der Holzeinsatz zu dominierend.

Multiinstrumentalist Motta hatte in den 90ern eine Wein- und Speisenkolumne namens „Bier & Tee“ in einer der bedeutendsten Gourmetmagazine Südamerikas, „Viga – Folha de Sao Paolo“. Kein Wunder, dass Ed sich nun sehr für den von Götz angeschafften Silvaner interessiert, der fürs Essen gleich wieder kaltgestellt wird. Intensives Treiben in der Küche. Ed singt dazu die von John Williams stammende Filmmelodie von „Star Wars“ sowie eine Linie aus „Kings Road“ aus dem Jahre 1929 (mit Schauspieler Ronald Reagan). Diese Musik wurde geschrieben vom österreichisch-ungarischen Komponisten Erich Wolfgang Korngold, der mit „The Adventures Of Robin Hood“ im Jahre 1938 eine der am meisten geschätzten Filmmusiken schrieb.

 

Sabine häutet den Lachs, den sie mit Kaffirlimettensaft mariniert. Im Anschluss werde ich in die Bibliothek gebeten, wo die Hausherrin mir ihre beeindruckende Bibliothek zeigt. In Brasilien besitzt sie nochmals so viele Bücher. Ich stöbere entzückt in den Regalen, während die engagierte Köchin bereits wieder in der Küche weilt. Nun macht ein Champagne, Reserve, Veuve Durand die Runde. Ökotest befindet mit „sehr gut“ laut Aufkleber. Weiteres zu Eds Weinereien: Generell hat er ein Faible für weiße wie rote Burgunder, gerne auch Geschöpfe der Loire und der Rhone. Große Flüsse haben es ihm angetan. Ich bekunde den Einfluss von George Dukes „Brasilian Love Affair“ auf mich in den frühen 1980ern. „George has the best falsetto“ betont Ed und trällert alle Songs dieser großartigen Scheibe. Ein Repertoire, der Mann. Exzellent.

Zwischen Naschen an den Snacks erklärt Sabine das Kaffirlimettenblätterschneiden. Tja, auch das will gelernt sein.

Über einem Scheibchen Lardo landet unser Gespräch bei der Tierhaltung. Musterbeispielhaft legt Mister Motta dar, warum er Foie Gras aus konventioneller Geflügelhaltung ablehnt. Das sollte den bösen Züchtern auf die Leber gehen. Nickend probiere ich etwas vom Schafskäse aus Nordportugal, der von Verwandten hergestellt wird. Sehr geschmackvoll, alle Achtung.

Erstaunlich, wie viele deutsche Weingüter der brasilianische Kellermeister kennt und über deren Flaschlinge zu erzählen weiß. Ich frage nach seinen flüssigen Vorlieben in Nordamerika, der allseits bekannten Geburtsstätte des afroeuropäischen Jazz. Witzig und unwitzig zugleich. Umgehend erhalte ich Auskunft. Von Chardonnay der Weingüter Kistler oder Williams Selyem bis zu den Pinot Noirs aus dem Russian River Valley und von Bonny Doone. Das ist ein famoses Auskennen nach Ausprobieren. Leidenschaft wird sichtbar.

Sabine instruiert, leitet, ordnet, räumt, delegiert und beantwortet gleichzeitig meine Fragen.

 

Scampi tanzen in einer Gusseisenpfanne. Ed bekommt einen zum Probieren, brummt vergnügt vor sich hin und lässt sich von Sabine die Garung der Pfifferlinge beschreiben. Mit Knoblauch und Schalotten anbraten, mit Weißwein ablöschen, Pilze herausnehmen, Sud einkochen und schlussendlich wieder zu den Pilzen geben. Die Gastgeberin nimmt dafür ein Urgestein 2011, Riesling von der Mosel, 11,5%, Edition Markus Molitor. Wer ist da nicht gerne Pfifferling!

Wir werden aufs Heftigste nun aus der Küche gedrängt, um den finalen Handreichungen nicht im Wege zu sein, und schleichen uns gen Wohnzimmer. Einladend gedeckt strahlt dieser Raum eine helle, freundliche Wohlfühlatmosphäre aus. Ein Farbenmeer…

 

Fortsetzung folgt!

 

 

Text: Dieter Ilg (www.dieterilg.de)

Vogelfutter II / Alfreds Vogelfutter – Folge 2

Vogel, Hellbock, Madsen – Ein Drei – Gang –Menü und derlei mehr

Meister Metzler ist der Regent von im gleichen Stall untergebrachten Kühen und Ziegen. Ein formidables Tierhaus, nach neuesten EU-Regeln erbaut. „Der Bregenzer Wald ist silagefrei“ erklärt der moderne Milchverwerter vor dem Herrn. Das ist gewissermaßen ein Standortvorteil, wie ihn die gemeine und ach so gemeine Wirtschaft modischerweise nennen würde. Wenn das ursprünglich Vernünftige und Normale plötzlich zum Ausnahmezustand wird, haben wir den Beweis, daß die meisten Landwirtschaftsfunktionäre bisher größtenteils versagt haben; aber im Dunstwasser von Lobbyvertretern der industriellen Landwirtschaft gibt es schon mal keine Weitsicht durch den Nebel. Symbiose statt Syngenta wäre ein feiner Zug.

Ein ebenso durchdachter Zug ist die Weiterverwendung der Molke, denn nur ein Zehntel der gemolkenen Milch wird in der Verarbeitung zu Käse. 90% Molke will genutzt sein. Andernorts sinnvoll auch den Schweinen zur Labsal angedient, ist bei Ingo und Melitta Metzler nebst Familie und ganzem „Hofteam“ die Kosmetik zu einem soliden Standbein gewachsen. Von der Feuchtigkeitsmaske zum Katzenshampoo, von der Beincreme mit Rosskastanie zum Molkebadpulver mit Fichtennadelöl, von der Ziegenmilchseife mit Gänseblümchen bis zum Molkegetränk für anämische Mountain Bike Kraxler, von der Süßmolkensuppe mit Kräuter und Gemüse bis zur Wälderschokolade aus Molke in Herzform. Eisenhart, mir wird ganz schwindelig…… Eigener Heilpflanzenanbau und natürlich die eigene Sennschule. Nicht nur Touristen wollen beschäftigt sein. Apropos Käse. Dessen Liebhaber kommen im Bregenzerwald mehr als auf ihre Kosten, was jede Badezimmerwaage bezeugen würde. So ist finde ich, der Bauernhof Metzler zu begreifen. Jedes Familienmitglied wächst hier in seine Aufgabe hinein und übernimmt Verantwortung. Verantwortung bindet. Wie Eiweißmoleküle im Käse ? Ich kann nicht verhehlen, dem „Edelziege Camembert“ aus 100% pasteurisierter Ziegenheumilch zu verfallen. Eine mir angenehme Champignonnote wirkt reich und intensiv wie lang anhaltend in meinem Mundraum. Desgleichen die „Wälder Edelziege“ mit der essbaren Pflanzenasche. Ich assoziiere Pfannkuchengeschmack, Salzigkeit wie bei Feta, gleichfalls mit langem Nachhall im gesamten Pipettenbezirk. Hautnah an der Natur, ein Vorzeigebetrieb.

Sich offenbarender Innovationsgeist. Wertkonservative Moderne. Ganz mein Geschmack.

 

Metzler Käse-Molke GmbH

Bruggan 1025

A-6863 Egg

fon +43-5512-3044

metzler@molkereiprodukte.com

www.molkereiprodukte.com

 

 

Spielboden, Dornbirn

 

 

Für Sorgen sorgt das liebe Leben. Und Sorgenbrecher sind die Reben. (Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832: Westöstlicher Divan)

 

Il vino fa buon sangue. – Wein macht gutes Blut. (Italienisches Sprichwort)

 

Wein ist unter den Getränken das nützlichste, unter den Arzneien die schmackhafteste, unter den Nahrungsmitteln das angenehmste. (Plutarch, griechischer Philosoph, um 100 n. Chr.)

Der Nutzen des Weins kann der Kraft der Götter gleichgesetzt werden. (Plinius, römischer Schriftsteller, 23-79 n. Chr.)

 

Es gibt mehr alte Weintrinker als alte Ärzte. (Volksweisheit aus Franken)

 

: „ Weißwein ist das was man trinkt, bevor man Rotwein trinkt. (Bruno Prats, Château Cos d’Estournel)

Vogelfutter I / Alfreds Vogelfutter – Folge 1

Bregenzer Wald – Weisen und Wiesen

Hm, ist es Im Märzen der Bauer, oder He, ho, spann den Wagen an ? Ist es Laßt uns all nach Hause gehen oder etwa Guter Mond du gehst so stille ? Aber nein, jetzt, endlich, kreucht der Titel aus den sprachvereinnahmten Furchen der Zunge: Alle Vöglein sind schon da !

Volkslieder im Radio. Aktivraum. Bregenzer Wald. Dort findet volkswirtschaftliche Wertschöpfung im Sinne nachhaltiger Landschafts – wie Kulturpflege auch von Seiten und mit der Gastronomie statt.

Doch noch nicht angekommen, duelliert sich das Radio mit den Wageninnengeräuschen, kämpfe ich mit der Sicht bei starkem Schneefall. Den Bodensee hinter mir gelassen, tuckert der Diesel das Bödele hinauf gen Hotel Post in Bezau im Bregenzer Wald. Mein erster Eindruck ist das eines familiären, lässigen Wellness-Sanatoriums a la Wellville. T.C. Boyles Geschichten hinterlassen einfach ihre Spuren. Davon wegzukommen, ist für mich fast ein Unding. Aber warum auch. Lara Flynn Boyle plays T.C. Boyle. Nicht verkehrt. Richtig ist auch, daß das im Hotel befindliche Haubenlokal von Freitag bis Montag geöffnet ist. Schade, es ist Mittwoch, und ich hätte gerne den Haubentaucher gespielt. Seufzen auf hohem Niveau. Im Kaminzimmer treffe ich mich wenig später mit Gastgeber Alfred Vogel zu einem Espresso. Plausch im Koffeinrausch.

 

Wälderness statt Wellness ? Der prachtvolle Gasthof Hirschen in Schwarzenberg unter der Leitung von DJ Franz Fetz. Ein Nachname als Lebensmotto in einer Gegend in der bereits Eduard Mörike die lärmenden Laute der Zivilisation ganz und gar nicht vermisste. Das Leben ist paradox: Seit mehr als einem halben Jahrhundert versaubeuteln uns Automobile wie Motorräder, Eisenbahn und Flugzeuge oder Laubbläser und Subwoofer – unter Bühnen wie in tiefergelegten Kfzs – fast alle Rückzugsstätten der Ruhe. Gesellschaftlicher Kollateralschaden. Gesellschaftiches Ereignis jedoch ist das alljährliche Schubert-Festival um den immer wiederkehrenden, berühmt-berüchtigten Helmut-Kohl-Imitator Thomas Quasthoff. Auf zur Schubertiade und beide Ohren beim Frühstück aufsperren. Oder abends ein 3-Gang-Menü einfahren und luftige Ländler, stampfende Polkas und anderes goutieren, bis die Fetzen fliegen: www.waelderness.at . Jeder nach seinem Gusto. Beim Plaudern über Hotelgäste und der Vergangenheit des Hotels, gibt es eine Buchempfehlung des Hirschenchefs aus erster Hand: „Der Tag ist hell, ich schreibe dir“ von Tanja Langer. www.tanjalanger.de

 

Gasthof Hirschen

Kunst.hotel nach waelder.art

Hof 14

A-6867 Schwarzenberg

fon +43-5512-2944-0

fax +43-5512-2944-20

info@hirschenschwarzenberg.at

www.hirschenschwarzenberg.at

 

 

„Kennst Du Frau Kaufmann“ werde ich gefragt ? Ein typisch Wälder Name wie mir scheint. Meine Neugierde ist geweckt.

 

Frau Kaufmann (www.fraukaufmann.at) hat ihre Einrichtung vom Europäischen Landwirtschaftsfond für den Ländlichen Raum fördern lassen, wie ein Schild an der Außenwand des alten Gasthauses in Egg bekundet.

Ihre Initiation natürlicher Art erhielt die Unternehmerin allerdings durch die eigene Mutter; so wie es sich gehört. Im Keller des „Engels“ befindet sich ein kleiner Kaufladen im ehemaligen „Fleischabhängeraum“ des Betriebes. Bei einer der Beschreibungen zu ihren Kochkursen verlautbart die Kochaffineuse, daß der wahre Wert und die Fleischqualität des Tieres nicht an dessen sogenannten edlen Stücken zu erkennen ist, sondern vor allem an den mit Fett durchzogenen Teilen. Genau, Fett schmeckt bzw. Fett macht den Geschmack oder im Fett zeigt sich der Gehalt. Zur Verdeutlichung soll ein Schweinefilet mit einer Schweinehaxe „verglichen“ werden.

Nach dem Credo der regionalen Küche benennt Frau Kaufmann die Produzenten, deren Lebensmittel und Waren sie selbst verwendet. Nach dem Motto: „Gute Zutaten sind meine besten Quellen“. Und Wasser labt ja bekanntlich. Die Weisheiten des Kochalltags wollen für jedermann und jedefrau wiederentdeckt werden. „Man braucht Geduld und reichlich Butter“. Ich liebe solche vermeintlich einfachen Sätze, die von der Realität in Fels gespült sind. Bei einem Gläschen Williams Christ spekulieren wir über die tatsächliche Herkunft der Käsespätzle. (siehe „ Der geschriefelte Haderer „, Jazzcooks Nr. 46)

 

Karin Kaufmann

A-6863 Egg

Buchenrain 339

fon +43-676-4954-144

karin@fraukaufmann.at

 

Frohen Mutes zurück auf dem Autositz. Im Radio wird über subjektive Realitäten in Tageszeitungen und Fachblätter diskutiert. Ich versuche nicht hinzuhören. Keine Chance heute….

 

Es ist wahr, daß in unserer Medienwelt nur das oberflächlich einfach zu Verstehende beeindruckt und aufgenommen wird. Bedeutet doch der Weg zu Tiefgründigkeit und Differenziertheit oft, von einer bedrohlich wachsenden, „rohen“ Masse nicht wahrgenommen zu werden. Und was rohe Masse betrifft, akzeptiere ich persönlich nur ein Tatar von einem artgerecht aufgezogenen und geschlachteten Tier oder eben alternativ bestes Marzipan.

Nun, Objektivität, Subjektivität, alles ist relativ. Schubladendenken ersetzt den anstrengenden Versuch, sich mit komplexen Inhalten und der Mehrdeutigkeit auseinanderzusetzen. Auch Voreingenommenheit und eine damit einhergehende Prise Selbsthass gehören mit dem Schubkarren zum Kompost gefahren……weder ein Nietzsche noch ein Adorno haben die Wahrheit oder Weisheit gepachtet. Das einzige Recht in dieser Hinsicht, das ich jedem der beiden zugestehe ist das, ihre eigene Weisheit und Wahrheit zu pachten als das was sie ist: eine persönliche, eine eigene, eine einzige aus Milliarden. Ein Stern unter vielen.

Und des letzteren Vielzahl wird von den Gralshütern einer anderen Zunft, die der Gastonomiekritiker, gerne vom Himmel geholt, geputzt und gewichst wie hernach vergeben und versprochen. Eieieieieiei…….wieder ein Grund Alkoholiker zu werden ? Ein vorgeschobener, kokett eingefädelt. Tee aus getrockneten Walnussblättern unterstützt die Leberkräfte. Ausgleich suchend.

 

Langsam schwindet die Helligkeit des Tages, die Weiße des Schnees leuchtet von Minute zu Minute stärker, bis die Eiskristalle vollends die herrschende Macht der beginnenden Nacht übernehmen. Ein wenig Licht ins Dunkel bringen !

 

Wieder auf die Piste, ab nach Andelsbuch.

Eine Art Kunsthalle wie der Gasthof Hirschen ist der Kulturverein Bahnhof in der Station Andelsbuch der „aufgelassenen“ Wälderbahn. Betreiberin Margarete Broger gibt uns einen Überblick über ihre Aktivitäten und beschenkt mich mit reichlich Lesestoff und Hörmaterial aus der eigenen Edition. Ohne Sponsoren wie Subventionsgebern geht auch hier nichts. Wie auch, warum sollen Künste wie Musik und andere Dinge subventionslos existieren, wenn andererseits die zumeist industrielle Landwirtschaft mit Milliarden gepämpert wird und sogar die Lufthansa Millionen von EU-Subventionen einstreicht, weil sie auf ihren Flügen aus der EU landwirtschaftliche Produkte in Form von on-board-Menüs exportiert ?

 

Kulturverein Bahnhof

Kontakt: Margarete Broger

Brand 159A

A-6952 Hittisau

fon +43-664-2507789

info@bahnhof.cc

www.bahnhof.cc

 

Nun noch ein warmes Glas Wasser bevor wir uns verabschieden. Zurück nach Bezau. Ein Paar Schwimmzüge im Nass des Hotelbeckens, emails checken und damit beruflich „nach dem Rechten“ geschaut. Die Uhrzeit ruft zum Abendbrot. Ich werde im Speisesaal der Hotel Post (in der fünften Generation geleitet von Susanne Kaufmann) zu einem kleinen Abendmenü erwartet.

Kärtner Nudeln als Vorspeise, hernach ein Salätchen, Ziegenleber als Hauptspeise, Griesnockerl mit Beerenmus und Eis zum Dessert. Käse schließt den Magen“ geleitet mich als Aufforderung zur Selbstbedienung am Käseeckchen; ich treibe es garantiert nicht bis zum „ Käse verschließt den Magen “ mahnt ein neuer Gedanke.

Mir fällt die sperrig lederne Weinkarte auf, die mit fairen Preisen und natürlich vorwiegend österreichischen Weinen auftrumpft.

Der 2007 Morillon „November Rain“ vom Weingut Zweytick aus dem österreichischen Ratsch an der Weinstraße (www.ewaldzweytick.at

) stammt aus Südsteiermark. 25 Monate in Barrique aus französischer Eiche gelegen. Ein Angstblitz zündet durch meine Gedankenwelt: bei all dem Raubbau auf dieser Erde wird es neben entwaldeten Regenwäldern irgendwann auch keine alte französische Eiche mehr geben. Und unsere mechanistische Zeit beweist, daß es in der Weinzubereitung auch der Holzschnipsel tut. Irgendwann reichen dann Sägespäne und zuschlechterletzt wird Barrique-Geschmack auch noch synthetisch hergestellt. Offenes Ende.

Fahren wir fort mit dem Eröffnungssatz auf der homepage von Ewald Zweytick: „Schade dass man Wein nicht streicheln kann“. Ein hundertprozentiger Kurt Tucholsky.

Gespräche am Abendtisch über das Thema „Abhängigkeiten“. Wahrlich kein Dialog über abgehängtes Fleisch. Salvador Dalí (1904-1989) meinte einst: „Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet Geheimnisse.“

 

Später an der Hotelbar treffe ich noch einen Tagesgast, der gerne einmal im Haubenlokal mit seinem „braven“ Hund (unterm Tisch) speisen möchte. Und verlauten läßt, schon alleine wegen der Weinkarte gerne in die Post zum Logieren zu kommen. Solche Geschäftsleute sind ein Plaisier.

Wir stoßen gemeinsam an mit einem Trinkspruch von Bruno Prats, einst geschäftsführender Gesellschafter von Château Cos d’Estournel in Bordeaux: „ Weißwein ist das was man trinkt, bevor man Rotwein trinkt.

 

„Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Thor sein Leben lang“ wird dem sächsische Reformator Martin Luther, 1483-1546), seinerseits antisemitischer Polterer und Vordenker Richard Wagners, in den Mund gelegt. Schauen wir uns einmal die zweite Strophe des Deutschlandlieds an und zählen eins und eins zusammen…..

Im imaginären Radio streiten sich nun fleischlos und fleischunlos. Ohne Vorwarnung. Lieber gutes Pferdefleisch als Gammelfleisch. Deklariert ist beides nicht. Mehr als ein Fauxpas.

Nun, generell wie ungenerell bitte ich, mich von obsessiver Veganermission wie undifferenzierter Fleischfresserei zu verschonen. Ich kann beide Tendenzen nachvollziehen, mag sie allerdings nicht, insbesondere letztere ist mir ein Dorn im Auge. Naja, ein Dorn von vielen. Und ohne Dorn kein Dornröschen. Den nächsten Heinz Ehrhard Pseudoanfall kann ich unterdrücken…..und in der nächsten Folge geht’s unter anderem nach Dornbirn. Wohl bekomms.

Kochen in Ilgonesien

Feuchtheiß drückt die Kraft der Sonne aufs Thermometer.

Die Ritter der Kokosnuss gleiten aus dem Fond des Kleintransporters, dem Hausfahrzeug des Goethe-Instituts in Jakarta. Blinzeln in den leicht gedimmten, schwadigen Himmel. Ein holländisches Bauwerk des frühen 20. Jahrhunderts ist hinter diversen Büschen und Bäumen zu erkennen und wir lassen den Stadtstaub hinter uns, um in eine kleine Oase zu treten. Von Katrin Sohns, der regionalen Programmleiterin des Goethe-Instituts Jakarta, herzlich empfangen, gelangen wir ins Innere und landen wie von geheimer Hand gesteuert sogleich in der offenen Küche, dem Hauptkristallisationspunkt der Zubereitung nahrhafter und genussvoller Speisen.

Statt Kristallzucker aus germanischen Zuckerrüben wird indonesischer Kokosblütenzucker (auch als Palmblütenzucker aus dem Nektar der Kokosblüte bezeichnet) aus biologisch-organischem Anbau zum Süßen des Willkommens-Espressos gereicht. Der feine Karamellgeschmack mit leichter Vanillenote vermählt sich mit den Röststoffen des Kaffees wie selbstverständlich. Kokosnüsse und Kaffeebohnen sind tropische Kinder, die auf gemeinsamem Land gedeihen. Kokosblütenzucker ist aufgrund seines niedrigeren glykämischen Index auch für den ein oder anderen Diabetiker in Erwägung zu ziehen. Auch soll das Pülverchen günstig auf das Körpergewicht schwerer westlicher Leiber einwirken, so sie ihn mit Verstand einsetzen um anderes zu ersetzen. Kaffee darf den eingetrockneten Gehirnschmalz der polemischen Journalistenhand schmieren und zu Leben wecken… Java Kiss, ein reines Naturprodukt. Dieser natürliche Süßstoff wird auch mit Zitroneningwer kombiniert angeboten, z.B. für eine Verfeinerung der Soße eines Salates mit Radicchiostreifen.

„Es sind auffallend wenig Streifenpolizisten unterwegs auf Java“ entnehme ich aus dem Munde von Patrice Herál, der an einer Zimtstange riecht, während Rainer Böhm die Ausdünstungen eines frisch geschnittenen Galgant-Stückes nasal einatmend unter die Lupe nimmt.

Nun, statt Brennglas Gasherd.

Aksan Sjuman has arrived. Bis wir die Kurve vom englischen Gruß zur deutschen Sprache kriegen, dauert nur Sekunden. Aksan studierte in den 90er-Jahren an der Folkwangschule in Essen. Da ist noch viel Erinnerung wachzukitzeln.

„Lontong opor“ werde ich für euch zubereiten, sagt der Schlagzeuger, Musikschulgründer und Inhaber eines italienischen Pizzalokals in der indonesischen Hauptstadt („LARGO“, Adresse: Jln. Benda Raya 7a, Kemang, Jakarta). Ich fantasiere Lardo aus balinesischem Spanferkel….mit hinduistischen Gedanken.

Für 90% der indonesischen Bevölkerung ist Schwein keine gute Idee, da der Islam in dieser Hinsicht Enthaltsamkeit zu pflegen verkündet. Kein Problem, das Huhn ist der tierische Mittelpunkt aus Aksans Rezeptvariation von Opor Ayam und Lontong.

 

Riza Arshad, Pianist und Kurator des Serambi Jazz Programms, und interessanter Gesprächspartner während unseres Jakartaaufenthalts, führte uns am Vorabend nach Beendigung eines dreitägigen workshops am Goethe-Institut, in ein seafood-Restaurant seiner Wahl, dem Pondok Aroma Laut ( Jln. Cideng Timur No.51, Jakarta Pusat, fon+62-21-3440322 ). Dort frönten wir einheimischen Spezialitäten auf Bananenblättern gegrillter Wasserbewohner: Riesengambas, Krabben in einer Art Barbecue-Soße, Süßwasserfisch, Salzwasserfisch und – speziell für mich – Tintenfisch. Serviert mit unterschiedlichsten Soßen. Sehr delikat. Gegessen wurde innen, gegrillt auf offenem Feuer und im Wok gegart wurde vor dem Lokal. Im Trio inspizierten wir den improvisierten Kochutensilienaufbau und die darin auftauchenden Tierchen. Als Beilage süßsauer eingelegte Mangostreifen und grob geschnittene Stückchen von Pepperoni wie Chili. Dazu Sambal Oelek. Kleine Limetten überall, dessen Saft zwischen den Händen verrieben wunderbaren Zitrusduft offenbart. Richtig archaisches Fingerfood. Patrice´Hände waren hernach gezeichnet von einem intensiven Landschaftsbild mit Seen und Teichflecken aus allen auf dem Tisch vorhandenen Soßenvarianten. Gewissermaßen ein währschaftes Vesper der herrlich händischen Art. Rainer nickt in nahezu zufriedenster Stimmung.

 

Doch Aksan reißt mich aus meinem Traum vom Vorabend und lässt mich zuerst einmal Knoblauchzehen und rote Zwiebeln, hernach die als Geschmacksverstärker dienenden aber roh nicht zu geniesenden Lichtnüsse mörsern. Ein wunderbares Exemplar von Steinmörser mit grober Innenoberfläche, auf der der Stößel kurzen Prozess mit allerlei Gewürz im Handstreich macht. Feststoffliches wird zur weichen Paste. Aksan und Riza bilden ein feines Kochduo. Ersterer erklärt, warum er Soße und Gemüse separat anrichtet. Grund ist, uns die Möglichkeit zu geben, selbst über die Schärfe des Gerichts am Tisch zu befinden und das Gemüse eventuell ohne schärfende Chilischoten zu genießen. Ein Food-Gentleman.

 

Wenige Tage zuvor bekamen wir in der Langgeng Art Foundation in Yogyakarta eine Kostprobe des einheimischen WEDANG SECANG Tee aus Zentraljava:

 

1,5l Wasser, 25gr Secang-Holzspäne, 2 Stängel plattgeklopftes Zitronengras, 2 daumennagelgroße Stücke Ingwer, 4 Gewürznelken, 1 Zimtstange, Kokosblütenzucker (oder Rohrzucker) nach Geschmack

werden 10 Minuten gekocht und abgeseiht. Sieht aus wie Glühwein und soll sehr gesund sein. Für oder gegen was ? Nun, Secang (lateinisch: Caesalpia sappan L.) ist ein Johannisbrotgewächs, ein Baumstrauch, der in tropischen Lagen unter 1000m über Meereshöhe wächst. Das Holz wird zuerst entrindet, in schmale Stücke gehauen und getrocknet, anschließend zusammen mit den oben genannten Kräutern zum Getränk gebraut. Man sagt, es wirkt gegen Blähungen wie Erkältungen und stärkt wie wärmt den Körper.

 

Riza kümmert sich um die Zubereitung einer hellgrünen Gemüsefrucht namens Labu Siem. Labu Siem – auch jepan squash genannt – ist in anderen subtropischen und tropischen Gebieten als chou-chou oder chayote bekannt. Es ist eine Rankpflanze und ähnelt äußerlich einer Mischung aus Melone, Mango, Birne, Kohlrabi und Gurke. Labu Siem gehört zur Familie der Kürbisgewächse. Das Fleisch wird auch als Antiwurmmittel und gegen Fieber eingesetzt. Es ist reich an Vitamin C und enthält viele Aminosäuren.

 

Das indonesische Essen scheint ein Heilbrunnen. Benetzen wir zwischendurch unsere Kehlen mit Quellwasser und widmen uns der finalen Speisezubereitung. Bald ist es soweit.

 

Nach einigen Tagen mit Nasi Goreng fritiertem Tofu (Tahu Sumedang) oder Tempe (aus teilfermentierten Sojabohnen) und Nasi Gudeg (Ente geschmort mit Jackfrucht) zum Frühstück, fühle ich mich pudelwohl. Des Pudels Kern scheint hier auch das überall eingesetzte Öl der Kokosnuss zu sein. Kokosnussöl und Palmkernöl seriöser und nachhaltiger Herkunft erregten Aufsehen durch Versuche Alzheimer-Erkrankung zu mindern. Ein bisher unbekanntes Heilmittel ? Weitere Informationen unter:

http://www.anh-usa.org/coconut-oil-and-alzheimer’s-disease/ or

www.coconutketones.com/

http://www.forever-vital.de/company_info.php?info_id=24

 

Von Zeckenabwehr durch Kokosnussöl aufgrund ihres hohen Anteils an Laurinsäure wird berichtet sowie von antimikrobieller Wirkung.

Hervorragendes Kokosnussöl in unseren Breiten, auch mit Galgant, bekommt man bei www.oleofactum.de

 

Während Aksan und Riza unter interessierter Beobachtung von Patrice und Rainer ihr Kochwerk nahezu vollenden, wabern wie in großen Sprechblasen all die unterschiedlichen Gerichte der letzten Tage vor meinem inneren Visier. Unser Abend in einem Lokal der Warung Daun – Küche ( Wolter Monginsidi 41, Kebayoran Baru, fon +62-21-72786138 und Cikini Raya 26, Menteng, fon +62-21-3910909) bescherte ein höllisch scharfes Tintenfischgericht mit grünen Bohnen, das großen Eindruck auf meine Verdauungsorgane ausübte sowie wunderbare innere Wärme einbrachte. Desgleichen einem Restaurantbesuch der unzähligen Lokale in Jakarta mit Padang – Küche (Garuda XIV, Jl. Sabang / Jl. Agus Salim 59 Jakarta Pusat, fon+62-21-3142466 oder -31931055, fax+62-21-31930759, www.restorangaruda.com ). Typisch hierfür sind die verschiedensten Gerichte, die auf Tellern und Platten serviert ohne genaue Bestellung auf den Tisch gelangen. Gegrillte Makrele, eine Fleischbrühe, gekochte Eier in Currysauce, Rinderhirn in ebensolcher, Fleischspießchen (Sate Manis und Sate Padang) sowie wiederum eine andere Tintenfischzubereitung, kleine fritierte Goldfischchen, Spinat und weitere Delikatessen.

 

Aufwachen aus Tagträumen beschert mir ein galantes Fingerschnipsen vor meinem Gesicht. Es wird angerichtet. Zuerst gelangen die gescheibelten und wie Bananenstücke aussehenden Reiswurstscheiben auf den Teller, darauf wird der pfannengebratene Labu Siem gehoben. Obendrauf die kokosgemilchten Schmorhühnchenstücke mit etwas Soße. Außenrum, einen Ring bildend die rötliche Gewürzsauce, als Krönung einige an ihrem Rand buntgefärbte Krabbenchips (Kroepoek) und einen Klacks Sambal an die Seite. Ein Toast auf Koch Aksan !

 

Du isst, was du bist. Also koche, was du werden willst und sorge. Es gibt noch viel zu entdecken, auch in Indonesien !

 

 

LONTONG OPOR (für 4-8 Personen, abhängig von der Gürtelschnallung….)

Serambi-Jazz-Variation von Aksan Sjuman

 

 

  1. ein ganzes Huhn, in kleine Teile zerlegt
  2. eine kleine Handvoll Koriandersamen
  3. ein-zwei Esslöffel Pfeffer
  4. Salz
  5. zehn-zwölf kleine rote Zwiebeln
  6. eine Knoblauch-Knolle (zu Hilfe…..)
  7. zehn Lichtnüsse (Kemirinüsse)
  8. ein daumengroßes Stück Ingwer
  9. ein daumengroßes Stück Galgant
  10. ein Stück Muskatnuss
  11. zwei Stängel Zitronengras
  12. vier indonesische Lorbeerblätter und 4 Kaffernlimetten-Blätter (=indonesische Zitronenblätter)

 

Alle Zutaten nach und nach so schonend wie möglich zermörsern.

Dann ausreichend Kokosnussöl in eine große Pfanne, Wok oder gusseisernen Topf geben und die Gewürze goldgelb anbräunen, hernach die mundgerechten Hühnerstücke hinzufügen und zusammen anbraten bis das Fleisch halb gegart ist.

Anschließend entweder Kokosnusswasser (von junger Kokosnuss) oder normales Wasser beigeben – soviel, daß die Hühnerteile knapp bedeckt sind – und fertiggaren.

Nun etwa 0,3l Kokosmilch eingießen und zehn Minuten weiterköcheln lassen.

 

Das kleingeschnittene Gemüse Labu Siem separat pfannengaren mit gehacktem Knoblauch, gehackten Zwiebeln sowie zerhackten Lichtnüssen.

 

Für die rote Sosse:

 

Ein Sambal Oelek mit Lichtnüssen, roten Zwiebeln, Knoblauch, Pfeffer, Salz, Koriander, indonesischem Lorbeer, Kaffernlimettenblättern, Kokosnussöl und Peperonipaste mit geringelten roten Chilis.

 

Lontong dumplings:

 

500gr Reis, gewaschen und abgetropft

acht Bananenblätter (aus „ökologischem“ Anbau ist angeraten…..), je größer desto besser

 

Zuerst die Bananenblätter in kochendem Wasser 2-3 Sekunden blanchieren – das macht sie weicher und schmiegsamer, damit sie beim Einpacken des Reises nicht so leicht reißen…. – und trockenreiben.

Jedes Blatt mit der grünen Seite nach oben aufrollen. Jede Rolle sollte einen Durchmesser von ca. 3cm haben. Eines der „Wurstenden“ mit Zahnstocher sichern. Jedes der aufgerollten Blätter zur Hälfte mit Reis füllen. Das andere Ende der Rolle sichern. In einen Topf geben und mit Wasser bedecken. Zum Kochen bringen. 3-4 Stunden kochen bis fertig gegart. Wenn der Wasserstand im Topf zu niedrig wird, mit kochendem Wasser auffüllen. Nach der Garung die Rollen aufrecht stellen, bis sie abgetropft, abgekühlt und fest geworden sind. Kurz vor dem Servieren die Reisrollen aus den Blättern nehmen und in ca. 1 cm dicke Stücke scheibeln.

 

 

Empfehlung des Autors:

 

Für spätwinterliche Stimmung in unseren Gefilden, bestens zu genießen:

Die Rotwein-Cuvee „Parzival“ nach dem mittelalterlichen Epos von Wolfram von Eschenbach, der eben diesen Roman auf der dem Weingut nahen Wildenburg verfasste. Drei Traubensorten tragen zur Homogenität des roten Saftes bei: Domina, Cabernet Dorsa und Spätburgunder. Nicht nur zu kräftigen Fleischgerichten passendst.

 

Weingut Rudolf Fürst

Hohenlindenweg 46

D-63927 Bürgstadt am Main

fon +49-9371-8642

fax +49-9371-69230

info@weingut-rudolf-fuerst.de

www.weingut-rudolf-fuerst.de

Weniger isst Meer

Ölblatt zu Ölblatt. Ich will kein Öl ins Feuer gießen, nur, wenn ich mir den Speiseölmarkt so anschaue, schüttelt es mich kräftig. Was treibt mich zu diesen Gedanken, auf meinem Weg zu Peters Zuhause ? Ich bin in der Stadt, in der sich – wie in Brüssel – mehr Lobbyisten in Parlamentsnähe aufhalten als Politiker. Ein kurzer Diskurs in die Geschichte der Speiseölgewinnung, in der die deutsche Hauptstadt – genauer gesagt, das dort regierende NS-Regime – einiges zum Verschwinden handwerklich arbeitender Ölmühlen beitrug. Bis zum Anfang der 1930er Jahre hatte nahezu jedes Dorf wenigstens eine Ölmühle. Öl war seither ein wertvolles Frischeprodukt, hat es seine ernährungsphysiologischen und spürbar besten Wirkungen doch während der ersten 4 (!) Wochen nach dem Pressen. Durch die Inbetriebnahme der ersten großtechnischen Speiseölraffinationsanlage (1933) und das Volksfetternährungsgesetz des Dritten Reiches (1937) kam die Ölmüllerei abrupt zum Stillstand. Und heute wird das auf dem Markt angebotene Speiseöl fast ausschließlich industriell produziert. Die Industrie wiederum kontrolliert die Fettforschung. Ein Schelm der schlechtes denkt ?
Größtes Misstrauen ist angebracht bei vielen Speiseölangeboten, die im Supermarkt in den Regalen mit Mindesthaltbarkeitszeiten ausgezeichnet sind, die dem Öl als ursprünglichem Frischeprodukt spotten. Da kann man nur einen großen Bogen drum machen und sich um Alternativen bemühen, so mann und frau denn will. Mein Ihnen gerade anvertrautes, bescheidenes Wissen stammt von Walter Bitzer, einem kämpferischen Fachmann und Meister des Speiseölhandwerks: www.oleofactum.de
Auch in dieser Hinsicht gilt: Weniger ist mehr.

Peter ölt sich die Hände und reibt damit die halbierten, ungeskalpten Kartoffeln ein. Anschließend gibt er die behandelten Erdäpfel auf ein mit Backpapier belegtes Backblech.
Saxman gefrierkühlt die Kräuter und wringt sie über die wartenden Kartoffeln.
Er läßt den Bauchspeck in Olivenöl aus, nimmt ihn dann aus der Pfanne und gibt die Zwiebeln ins Speckfett des runden, gußeisernen Topfes. Nach Garung werden auch diese Lauchpflänzchen herausgenommen.

Mülltrennung im Hause Weniger bedeutet nicht weniger Mülltrennung, sondern eine säuberlich aufgeteilte Menge, welche sich für die sammelnden Müllverwerter besser verwerten läßt. Erst mehr Verwertung bedeutet weniger Müll. Verstanden ? Cradle to Cradle als Ziel ?

„Ich halte nichts von der Meinung, Fleisch nicht vorher zu salzen“. Nun, diese Aussage lasse ich stehen. Das müsste differenziert werden. Aber nicht jetzt und in diesem Moment, in dem ein Geräusch ertönt, welches ein kühlendes Getränk assoziieren läßt. Isabel, Peters Frau, reicht ein Glas Cremant d´Alsace, Paul-Edouard, brut, www.bott-geyl.com.
Zuprostend zurück zur Fleischverwertung.
Peter salzt und mehliert die großen, gewürfelten Rinderstücke. „3x3cm mindestens“ vernehme ich. Das Mehlieren dient zum Aufsaugen des Wassers und der nachfolgend besseren Bräunung des Anröstmaterials.
Isabel schaut mit wachem Auge über die Schulter des werkelnden Tenoristen. „Das wird eine Daube a la Isabel“ entfährt es dem Gatten.

Ursprünglich wurde werktags am Morgen der Topf für die Daube gefüllt und auf den Ofen oder in den Herd gestellt. Bei kleiner Flamme garte das Fleisch wenigstens 8 wenn nicht sogar 12 Stunden, je nachdem wie lange der Arbeitstag aussah. Einzige Voraussetzung war, daß die Hausfrau oder Köchin beständig das Schmorgericht mit regionalem (logisch) Rotwein ablöschte.
Eine Daube (nach franz. „dauber“ = „schmoren“), ist eine spezielle Art der Ragoutzubereitung, die typisch für die Provence ist. Hergestellt mit Wildfleisch, vornehmlich Wildschwein; oder eben mit Rind, Lamm etc.
Daube wird oft wie eine Suppe – meistens einfach mit Brot – gegessen.

Der Duopartner David Friedmanns knöpft sich für die Vorspeise nun den gewaschenen Rukola vor und entfernt den unteren Teil der Stängel. Für die Vinaigrette bevorzugt er Dijonsenf und Blütenhonig.

Neuerdings hat fertige Balsamicocreme Einzug in die Haushalte genommen. Ich mag sie nicht. Zuviele künstliche Zusatzstoffe. Lieber nehme ich stattdessen einen erstklassigen Balsamico und füge Süße durch Ahornsirup hinzu. Wem die Konsistenz wichtig ist, muß den Balsamico bis zur gewünschten Dicke einkochen. Je besser der Balsamico, desto weniger Puderzucker oder andere Süße muss beigegeben werden.

Peter filetiert die Limette und quetscht die Restfrucht zum Heringsrogen. „Den sollte man im Sieb abspülen, da er manchmal in sehr salziger Lake eingelegt wird“. David, mittlerweile eingetroffen, macht sichs am Küchentisch gemütlich. „Da bin ich ja gerade richtig gekommen“ läßt er verlauten, in Anbetracht der angerichteten Vorspeise. Kein Trachinus Vipera, auch Petermännchen genannt. Statt Eier vom Stör, Eier vom Hering. Die bezahlbare Alternative. Funktioniert auch mit frischem Forellenrogen. Das wäre die Süßwasseralternative. Stört keinen.
„Ich hätte gern noch ein wenig mehr“ höre ich mich sagen. Es dauert nicht lange, und ich komme dagegen nicht an, bis es in mich fährt, unaufhaltbar: „Weniger isst Meer“ Geschrieben verständlicher denn gesprochen……

Während die Daube vor sich hin simmert, widmen sich die beiden Protagonisten dem Dessert. „Ein Winternachtisch“ meint Peter und instruiert seinen Bühnenpartner zum Stampfen. Klingt in der Vorstellung martialischer als in der Realität, in der David die Amaretti-Plätzchen in einem durchsichtigen Plastikbeutel mit einem Wasserglas vorsichtig zu Grieß zerstößelt. „Für die Geschmeidigkeit“ murmelt Peter und hantiert mit Quark, Zucker und Milch. Eine Schichtspeise für jede Schicht. Ein deutscher Klassiker. Gottseidank kein Schichtsalat.
Isabel philosophiert über das Sonntagskochen, bei sich zuhause in Frankreich. Die Wirkung des stundenlangen, gemeinschaftlichen Kochens, bis selbst die Kinder vergnügt und seelig von sich aus erzählen.
Doch erst einmal steht die Hauptspeise an. Der Tisch im Wohnzimmer ist gedeckt. Peter serviert die Kartoffelhälften, die Bohnen und natürlich die Daube mit den Worten: „ In Arles gibt es dieses Gericht am Tag nach dem Stierkampf in der Arena. Es wird aus dem Tier zubereitet, das den Kampf verloren hat“. Heiliger Strohsack. Darwin läßt grüßen.
Betäuben wir unseren Geist ein wenig mit einem Rioja Reserva 2007 von Remelluri. „Vom spanischen Weinladen in der Knesebeckstraße“ fügt Peter hinzu. Naja, 94 Parkerpunkte sind schon eine Trophäe in den Zeiten der Etikettentrinker. Wir sind keine und unterwerfen uns nicht dieser Etikette….lieber Charlie Parker als Robert Parker.

Im Hintergrund tönt Louis Armstrong, als nach der Schichtspeise, ein kleine Käseplatte durch die Runde kreist. Ein blauschimmliger Saint Agur, einen mittelreifen Crottin de Chavignol (von der Ziege), ein halbfester Saint Nectaire aus der Auvergne, ein Chaource und ein Appenzeller. Letzterer „statt eines Beaufort“ betont Peter. Der gemütliche Abend unterm Dach endet mit einer Digestiv-Wahl. Steinhäger, schottischer Glenfarclas oder ein Viriana ChinaChina Likör ? Peter erklärt die Notwendigkeit der Zumischung von Wasser in den Whiskey, zur Trinkbarmachung und Genussfreude.
Ich begnüge mich mit einem Schluck des Orangenbitterlikörs. Das Leben kann süß sein.

Rezepte des Gastgebers:

150 gr Heringsrogen
eine Handvoll frisch geriebenen Parmesan
ca. zwei Limetten
Pfeffer

Heringsrogen in eine Schale geben (ggf. im Sieb abspülen, da er manchmal in sehr salziger Laake eingelegt wird). Den fein geriebenen Parmesankäse untermischen (der Parmesankäse muß sichtbar sein….). Nun den Saft einer Limette über der Masse ausdrücken und einige Limettenfilets kleingeschnitten in die Masse unterrühren. Mit Pfeffer abschmecken.
Dazu Rukola-Salat mit angerösteten Pinienkernen und einer Vinaigrette aus
Balsamicoessig, Sojasoße (nicht zu viel), ein wenig Joghurt, Honig, Pfeffer, Senf und Olivenöl.

„Daube á la Isabel“ (Rezept für ca. 6 Personen)

Vorbereitungszeit: 30 Min / Kochdauer: 3 bis 4 Stunden

Großer Topf (vorzugsweise Gusseisen) mit Deckel
1,5 kg Rindfleisch (Schmorfleisch….), Rindergulasch
200g Bauchspeck (durchwachsen)
6 Zwiebeln
4 Knoblauchzehen
1 Stange Porree (=Lauch)
3 Tomaten
3 Pflaumen
ca. 5-6 Trockenpflaumen (entkernt)
6 Karotten (Bund)
Lauchzwiebeln
Wacholder
Salz
Pfeffer
Cayennepfeffer
Mehl
1/2 Glas Kirschlikör (vorzugsweise selbstgemacht)
Olivenöl
1 Liter starker guter Rotwein!

Zubereitung:
Die Zwiebeln grob schneiden (vierteln oder achteln), dann im großen Topf anbraten (Röstaromen), aus dem Topf nehmen und beiseitestellen.
Im selben Topf Bauchspeck anbraten, aus dem Topf nehmen, beiseitestellen
Fleisch in 2x2cm große Stücke schneiden, mit Mehl bestäuben, dann in dem Topf anbraten. Das Gemüse schälen und vorbereitend in kleinere Stücke schneiden. Nun alles zum angebratenen Fleisch in den Topf geben…. die Zwiebeln, den Bauchspeck, das Gemüse, die Pflaumen – alles!
Den Wein dazugeben….. ein wenig Kirschlikör hinein….Deckel drauf und nun 3 -4 Stunden köcheln (!!!) lassen – kleine Flamme !
Hernach mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Als Beilage dazu:

Flageolets – französische Bohnen (am besten im Glas kaufen)
Inhalt in einen Topf geben. Knoblauchzehen hinzufügen, Rosmarin und Thymian (je nach gusto…) dazu, 10-15 Min. köcheln lassen und eventuell mit Salz und Pfeffer würzen. Dann zur Daube servieren.

Ofenkartoffeln:

Festkochende Kartoffeln halbieren (vorzugsweise große…!), mit Olivenöl „ummanteln“, mit kleingeschnittenem Knoblauch „beträufeln“! Rosmarin und Thymian in kleinen Mengen zufügen. Salzen!
Für 45 Min (bis zu einer Stunde) in den Ofen (200 bis 240 Grad!). Wenn sie leicht angebräunt sind, sind sie fertig!

Dessert (4 Personen)
2 Packungen Quark (40%) mit ein wenig Vollmilch „geschmeidig“ rühren. Je nach Geschmack Zucker hinzufügen (2 Esslöffel). Amarettini in einem kleinen Säckchen zerkleinern (zerbröseln). 500g Waldfrüchte (ruhig tiefgefroren) mit dem Mixstab pürrieren (nach dem Auftauen), einen Esslöffel Zucker hinzu-fügen, sowie den Saft einer halben Zitrone.
Anrichten in einem Glas, z.B. einen Fingerbreit Fruchtpüree, kleine Schicht zerstoßene Amarettini, einen Fingerbreit Quark, Amarettini, erneut einen Fingerbreit Fruchtpürree, abschließend Amarettini .

Empfehlung des Autors:

Hotel Otto
Knesebeckstr. 10
D-10623 Berlin
+49-30-54710080
+49-30-547100888
info@hotelotto.com
www.hotelotto.com

privat geführt, slow food – verbunden, hervorragendes Frühstück mit „Themen der Woche“. Zum Beispiel „Berlin“ mit Buletten, Bratkartoffeln, Mini-Berlinern…. Klassiker sind Pfannkuchen mit Kompott, sehr freundlicher Service.

Unter einem Dach mit Céline / Feigen und Cassis a la Céline

Nordamerika ist nicht nur das Land, das durch das Zusammentreffen von europäischen Einwanderern und afrikanischen Sklaven den so genannten Jazz hat entstehen lassen, sondern auch das Land, in dem seit vielen Jahrzehnten schon in einigen Gemeinden der gemeine Laubbläser respektive Laubsauger verboten wurde. Wegen der Lärmentfaltung !

Und trotz der Ausrottung der Ureinwohner Amerikas – primär durch ausgewanderte Europäer – breche ich eine zweite Lanze für die vereinigten Staaten von Amerika. In den USA gilt für den Steuerbürger primär die Unschuldsvermutung, in Deutschland genau das Gegenteil. Nun, ob BAM (BlackAmericanMusic) oder WEAM (WhiteEuropeanAfricanMusic), Migranten sind wir doch alle!

Ich stelle mir jetzt französische Schiffe vor, die im 18.Jahrhundert gen New Orleans steuern. Cajun-Küche, SoulFood aller Immigranten. Und sogleich Schiffe, die auf ihrem Rückweg exotisch anmutende, fremde Früchte und Gewürze zurück aufs europäische Festland transportieren. Wie die europäische Kochkunst inspiriert wurde, wie in Europa eine amerikanische Migrantenerdfrucht namens Kartoffel zum deutschen Synonym schlechthin wurde. Und ein Auguste Escoffier die Pommes Dauphin adelte…..Auch wenn Céline Rudolphs Großmutter nicht auf den Namen Dauphine hörte, orientiert sich unsere Gastgeberin an der ihr ans Herz gelegten französischen Kochkunst.

 

Getrocknete, selbst eingelegte Feigen in Cassis reihen sich nebeneinander auf. Leicht angetrocknete Valpolicella-Tropfen ähneln meiner lila Hemdfarbe. Ein Farbenspiel mit der aphrodisierenden Frucht aus tausendundeiner Nacht breitet sich hier mit aller Macht in meinem Blickfeld aus. Unterm Dach läßt sichs durchaus leben, doch der Dachs bleibt außen vor. Ein dralles Huhn übernimmt die Hauptrolle. Gegart mit wacher Hand. Haushuhn unterm Baldachin. Unter Beistand von Feigen und Cassis. Rot sehen und lächeln. Auch ein Salvador Dalí könnts kaum appetitlicher richten. Wie sähe das bei Gerhard Richter aus ?

Doch ernten wir erst nach dem Richten des Gerichts.

 

Rote Tulpen allerorten.

 

Die Küche liegt weit von der Wohnungstür entfernt, doch auch ohne Wanderschuhe erreiche ich die Höhle der Löwin. Hier regiert eher Gemüsezwiebel denn Tulpenzwiebel. Lächelnd schälen wir uns in den sprachlichen Austausch über den Bezug essbarer Handelsware.

Céline berichtet sogleich von einem Händler des Vertrauens: Rogacki, www.rogacki.de, Feinkostladen in Charlottenburg (für Gemüsehändler: Schalottenburg……), eine Art Markthalle mit diversen Ständen für Fisch, Fleisch und Begleitendes, „mit Kundschaft von der ondolierten Oma über das Schwuchtelpärchen bis zum Bauarbeiter“ vernehme ich salopp beschreibend.

Madame sucht die Gewürze fürs formidabel ausschauende Huhn, bröselt den getrockneten Thymian hinein in die Bauchhöhle. Partner Rüdiger, seinerseits Gitarrero, salzt und pfeffert ins ausgehöhlte Knochengerüst, während Céline das Huhn dafür neigt ( Thema „geneigtes Huhn“). Sodann wird der würzende Husarenritt von Rüdiger mit dem Salzen und Pfeffern der Außenhülle fortgeführt. Zuerst eine Hälfte und als abschließenden Zwischenschritt einen Schuß flüssigen Honigs auf selbige Hautpartie drauf. Nun nur noch das Huhn drehen, und die andere Seite wird mit Honig, Salz und Pfeffer ebenso behandelt.

Céline wählt aus unterschiedlichen Cassiszubereitungen aus, die sie tags zuvor herzustellen lustig war. Eines davon mit reduziertem Valpolicella. Wie war der allseits geliebte Satz ? „Ich koche viel mit Wein….gelegentlich gebe ich ihn sogar ins Essen…..“.

 

„Zerkleinert werden Schalotten grob, bis die Längsstreifenschürzen-trägerin den Cassis-Essig hob“ murmelt der Autor autistisch in sein Ziegenbärtchen. Jetzt beginnt der erste Streich. Ab mit dem Huhn in den Gartopf mit heißem Bratöl. Und damit die Haut nicht am Behältnis haften bleibt, bitte mit Bedacht rütteln. Nicht an mir, nein, am Topf !

 

Die Achtelung eines Apfels unter Mithilfe der Farbe rot. Dieses Maschinchen ist ein hilfreiches Spielzeug, einem scharfen Messer aus dem Wege zu gehen und jedwede Unaufmerksamkeit nicht mit einem Strahle eigenen Blutes zu bezahlen.

 

Hand in Hand überkreuzen sich die Zubereitungsvorgänge im Küchentrakt. Pürreeliebhaber Rüdiger nimmt ein Handtuch, schüttet das Kartoffelwasser ab und entfernt die Knoblauchhälften aus dem Topf. Céline begutachtet derweilen die Bräunung des Huhns, alle Seiten sollen gleichmäßig rösch leuchten. Karotten, Lorbeer und Schalotten dazu, ein Schuß Rotwein, und mit offenem Deckel schmoren lassen.

 

„Frage: kennst Du die Rebsorte Madeleine Céline ?“

„Die gibt’s echt ?“ entgegnet mir Madame Rudolph.

Diese Sorte ist in Bulgarien, Tschechien, der Slowakei und in Rumänien zu finden. Sie ist eine Kreuzung zwischen Madelaine Angevine und Malingre Precoce. Die Trauben sind mittelgroß und locker, die Beeren haben einen honigähnlichen, süßen Geschmack. „Hm, in Südosteuropa kenne ich mich weintechnisch nicht aus. Toll, was es alles gibt.“ Frohlockt die Namenspatin.

 

Céline schneidet eine drei Tage eingelegte Feige in kleine Stücke, löscht im blauen Le Creusot-Bräter zwischendurch immer wieder ab, fügt gemörserten Thymian hinzu, und salzt wie pfeffert das Gemüse. Nach 30 Minuten gibt sie eine zusätzliche Feige zum Huhn. Keine Ohrfeige für das Geschöpf, das sich für unsere Nahrungsaufnahme opfert, sondern eine ehrwürdige Verneigung, eine Ehrerbietung durch die edle Frucht.

Zwischendurch ein Aperitiv. Kredenzt wird ein Mönchhof/Robert Eymael „Salve“, 11% und feinherb. Es moselt. Schlotz.

 

Rüdiger nimmt die Tarte aus dem Ofen und dreht sie unter Aufsicht von Céline ohne große Tropfverluste. Chapeau ! Das habe ich schon anders erlebt. 15:07, „der Vogel kommt rein“ und zwar bei „180-200° für 60 Minuten“ vernehme ich aus der Küchenchefins Mund.

 

Die Hausdame versichert, daß sie selbsthergestellte Vinaigrette immer einsatzbereit im Kühlschrank aufbewahrt. „Wenn es des öfteren einmal schnell gehen muß“. Die Ziegenkäserollenteile verabschieden sich in den Ofen. Der Bräunung des Ziegenkäses zuschauen ist wie Fernsehen.

 

Gleichzeitig erzählt mir Céline, daß sie gerne bei De Maufel ( www.de-maufel.com ), einem Feinkostladen & Bistrot in Charlottenburg einkaufen geht, z.B. wegen der Pasteten und dem Kaffee. Dort führt man „hochwertige Produkte aus Luxemburg und den angrenzenden Regionen“.

 

Vorzeitig resümieren kann ich schon: Viel Vorplanung, Koordination, Besprechung, Strategie ist hier in den vier Wänden bei der Speisenzubereitung mit im Spiel.

 

Es ist soweit, der Gongschlag ertönt: das Huhn muss raus aus dem Ofen, nebst den Gemüsestücken (gesalzene Karotten und Petersilienwurzel). Doch jetzt ist erst einmal die Vorspeise im Visier. Also, Feldsalat mit Salatsauce beträufeln, hernach Pinienkerne kurz und vorsichtig (!) bräunen, auf den Salat drauf, und stante pede servieren ! „Jetzt kannst du Ziegenkäse auspacken kommen“ ruft Céline Rüdiger zu. „Schnell“.

Beide richten die Ziegenkäsestücke auf dem Salatbeet an. Dazu wird gereicht ein Chardonnay von Tiefenbrunner / Turmhof, 2010 (13,5%), aus Südtirol.

 

Nach dem Wegputzen des ersten Ganges denkt Céline laut nach, ob doch noch mehr Flüssigkeit zum Huhn sollte. „Hm“. Währendessen mengt sie viel Butter unter die Kartoffeln. Nach und nach noch Milch dazu, salzen – „a la Großmutter“. Ein schönes orange-braunes Huhn lugt aus dem Backofen. Das Geflügel am besten in Alufolie eingewickelt ausruhen lassen. Rüdiger holt das Huhn aus dem Bräter und zerteilt es, Céline checkt Gemüse wie Sauce und schmeckt mit Salz ab.

„Ich liebe das Geräusch, wenn Salz in der Mühle gemahlen wird“ meint sie. Klingt der Mahlstein, lockt die Mahlzeit.

 

„Jetzt improvisiere ich“ feixt die Sängerin und wärmt vier feige Feigen im eigenen Sud. Der Edelstahltopf strahlt Wärme aus. „Warte, ich mach jetzt alle fünf“ flötet es und Céline singt „ein Glas Feigen in Cassis“……..

„Manchmal koche ich auch ayurvedisch, aber meine großmütterlichen Eindrücke führen mich immer wieder zurück in die französisch inspirierte Kocherei“ konstatiert sie und dreht an einer Cassis-Likörflasche mit feuerrotem Etikett und Verschluß. Die Johannisbeerenbasis lockt verführerisch und ich nehme kein Feigenblatt vor den Mund.

Wir speisen ein köstliches Huhn und sehr gelungenes Gemüse.

 

Wer wird denn gleich rot sehen ? Auf jeden Fall keiner der Runde. In selbiger fließt ein Col de Larole 2010 / 13%, Coteaux du Languedoc. Den anschließenden Nachtisch in Form der Tarte begleitet ein süßer Tramin „Roan“ 2008 / 11,5%, Gewürztraminer ( www.cantinatramin.it )

 

„Darfs noch ein Espresso sein ?“

 

 

Rezepte /Zutaten a la Céline:

 

Ziegenrolle auf Feldsalat

Ziegenkäserolle, ca.1,5cm dick, mit Honig und Thymian bestreichen, ca.10 Minuten in den Ofen, (200°C) eventuell kurz mit Grill für die schöne goldene Farbe

Weitere Zutaten: Feldsalat, Vinaigrette ( aus pflanzlichem Öl, Weißwein-essig, Wasser, Salz, Pfeffer, Senf, Schalotten, Knoblauch, Kräuter nach Belieben), Pinienkerne (kurz in der Pfanne gebräunt).

 

Huhn mit Feigen in Cassis

1 Biohuhn (freilaufend, „doock, dockdockdockdoooock…..“), ca.1,5kg

Mediterranes Bio-Olivenöl, hocherhitzbar. – oder ein erstklassiges Butterfett (Anmerkung des Autors) – Cassisessig zum Ablöschen

Salz, Pfeffer, Honig, Lorbeer, Thymian, wenig Nelken, Schalotten, Knoblauch, Karotten, Petersilienwurzel, Feigen in Cassis, Rotwein.

Dazu frische Feigen in Cassis, separat in einem anderen Topf aufgewärmt.

 

Feigen in Cassis

2¼l leichter Rotwein, 50g brauner Kandiszucker, Mark aus zwei Vanilleschoten auf ¼ zu einem Sirup einkochen, 350ml Cassis-Liqueur dazu und noch mal aufkochen.

5 getrocknete Feigen mit 3 kleinen Zimtstangen in ein Glas geben und mit der Hälfte des Sirup auffüllen, am besten mehrere Tage ziehen lassen. Die andere Hälfte des Sirup (plus 3 kleine Zimtstangen) sind für die frischen Feigen, die vor dem Einlegen mit einem Zahnstocher kleine Löcher gestochen bekommen. (Frische Feigen sollten wirklich ausgereift sein !)

 

Kartoffelpurée

6 Kartoffeln, mehligkochend

2 Knoblauchzehen mitkochen

Salz

Butter und Milch nach Geschmack

 

Tarte Tatin aux pommes

Pâte brisée (zuckerloser Mürbeteig) herstellen:

250g Mehl (405)

125g Butter

Salz

1 Eigelb

etwas kaltes Wasser

(ergibt 400g Teig), mindestens 30 Minuten kühlstellen und ruhenlassen

 

Für die Tarte:

250g Teig (pâte brisée)

1 kg Äpfel (zB Elstar)

50g Butter (35g zum Karamelisieren, 15g für obendrauf)

6 EL groben braunen Zucker zum Karamellisieren

2 EL Zitronensaft

6 TL Zucker

dazu eine Kugel Vanilleeis und Dessertwein (Traminer)

 

 

Empfehlung des Autors:

 

Ohne viel Worte. Das ist der Wein aus dem Languedoc, der mir die letzten 2 Jahre auf Tournee mit meinem Trio nach getanem Kunsthandwerk immer wohltat:

Coteaux du Languedoc, Terrasses de Larzac, Les Clapas rouge

 

Weinhandlung Kreis & Krämer KG

Böheimstraße 43

D-70199 Stuttgart

fon: 0711-762839

www.wein-kreis.de

Jens Thomas – Frank und frei

Viel frankophil. Frank und frei, die südlichen Gefilde rufen; mitten in Charlottenburg. Und doch, kein puddinghaftes Gebäck a la Charlotte oder – dem russischen Klischeewetter gleich – eine kalte Malakofftorte. Schon gar nicht zu Anfang eines Abendessens. Brotlose Kunst wollen wir auch nicht, eher einen Korb handwerklicher Backkunst. Einen Kuchen gebacken hat uns Tastensänger Jens Thomas zwar, doch nur „nit hudle“ (badisch, praktisch, gut) und schön der Reihe nach.

Der Tisch ist gedeckt, ich sehe das ein oder andere cover entfernt liegen. Doch in greifbarer Nähe wird mir zuerst ein Glas Cava von Juve Y Camps, Cinta Purpurea, Reserva 2007 gereicht. Das perlende Getränk stammt im weitesten Sinne aus der Ecke, in der Jens und seine Frau Katrin ein Seminarhaus eingerichtet haben (www.seminarhaus-laforge.eu). Dort leiten sie Naturkräuterwochen wie Stimmkurse und bieten auch ein dazu gehöriges Ferienhaus an. Es hängt zwar noch kein Gerhard-Richter auf dem Anwesen in der Region Languedoc-Roussillon, aber zumindest ist genügend Platz vorhanden, die eigenen Stafetten aufzubauen und die Pinsel zu schwingen. Schon Goethe meinte zu sagen: „Man soll den Gegenteil hören, bevor man ihn richtet.“ Oder ein anderes Sprichwort, um in der musischen Richterei zu bleiben: „Ein Richter soll zwei gleiche Ohren haben“. Köstlich und wahr zugleich.

Laich eines Fisches wird es nicht geben zur Vorspeise, obwohl der Geruch des unterirdisch hergestellten Schaumweines geschmackliche Sehnsüchte danach hervorbringen möchte, zumindest in meinen Visionen. Ruchhaft wäre es nicht. Nun, mein Gedanke ist ruchbar geworden.

Es riecht nach Brot, ein leicht hefiges Fähnchen mit Röstaromen ist dezent zu vernehmen. Der Wahlberliner und Fußball-Afficionado, mit heimatlicher Neigung zu namhaften Vereinen wie Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, hat mit knackenden Geräuschen die Teilung des Brots vorgenommen. Gerade in unseren Gefilden ist das tägliche Brot wie Brötchen zu einer der Sicherheiten im psychischen Diagramm des Alltags gewachsen. So bringt ganz allgemein der viel verzehrende mitteleuropäische Teiglinglüstling das ein oder andere Gramm zusätzlich auf die Waage. Wagemutig sind wir doch alle.

Jens hebt das Glas, und wir wünschen uns gegenseitig Gesundheit. Auf eine gelungene Fußball-Europameisterschaft, zwar ohne Kevin Kuranyi, doch wohl mit Sami Khedira und Miroslav Klose.

Zurück zu den Klössen, gewissermaßen, also zum ersten Gericht (ohne Richter beziehungsweise Urteil….). Schlichten statt richten. Grüner Salat mit gestückelten Walnüssen und gewürfeltem Speck sowie den mit einer Knoblauchzehe gestreichelten Brotcroutons wird gereicht.

„Walnusshälften sehen aus wie Gehirnhälften“ meint Fotografin Anja Grabert. „Stimmt“ antwortet Jens bestätigend und eilt zurück in die Küche. Ich folge ihm bedächtig und treffe ihn beim klangvollen Rühren im Karottentopf. „Uff, es hat fast schon geraucht“ entfährt es ihm nach der Rettung des Gratin Dauphinois. Es duftet nach Kartoffeln mit viel Milcheiweiß, sprich Creme double, Milch und Butter…..und ein bißchen Knoblauch, naturellement.

Ich hänge mit meinen Augen an einer Frankreichkarte, die an der Küchenwand alle Blicke auf sich ziehen möchte.

Für einen Augenblick zieht es uns wieder an den Esstisch und wir stürzen uns in Gespräche über die „Mehrarbeit“ der sich rasant vermehrenden Digitalisierung unserer Alltagswelt. „Mehr Möglichkeiten heißt auch mehr Zeitverbrauch“ sprudelt es aus meinem Mund.

Unfassbar wie mir immer wieder der extreme Duft der Lilien in die Birne steigt. Kein Williams sondern eine Pflanze mit betäubender Wirkung. „Lass´uns zurück in die Küche gehen“ äußert Jens, und ich ziehe wie mit Geisterhand auf einem imaginären Geleise hernach, den vegetarischen Sirenen des übelriechenden Gewächses entkommend.

„Es geht um die Wurst“ vernehme ich klar und deutlich aus des niedersächsischen Mannes Stimmbändern. Er gibt den in der Pfanne vor sich hin schmurgelnden Merguez etwas Chili bei. „ Merguez sind in Deutschland nicht so scharf wie in Frankreich. Die hier sind aus Rind und Lamm“. Aha, aus dem Elsass bin ich durchaus schärfere Darmlinge gewohnt, die dort vornehmlich aus Lammfleisch hergestellt werden. Beschert haben uns die Würstchen die nordafrikanischen Einwanderer. Wunderbar fürs Grillfeuer am Angelsee. Mit Senf oder einer Extraportion Harissa dazu. Bei Jens – übrigens im mit blau-weißen Querstreifen verzierten T-Shirt – sind verschiedenerlei Sorten von Bautz´ner Senf vorzufinden. Ich werde Herrn Thomas irgendwann einmal meinen Favoriten zum Kosten und hiermit ohne Widerstand meinen Senf dazu geben: Chilisenf mit leichter aber spürbarer Schärfe (je frischer vermahlen desto schärfer und gesünder geltend) von der Senfmühle aus Monschau in der Eifel, www.senfmuehle.de .

Jedem seine Wurst. A discrétion.

Ein pfannengebratener Würzsaitling nebst Kartoffelgratin und Carotte Vichy. Carotte reimt sich fast wieder auf Charlotte um einen vorläufigen Kreis zum Anfang des Artikels zu bilden, doch obacht, es handelt sich um eine besondere Art der Karottenzubereitung: Zuerst werden entweder kleinste Karotten nicht geschält sondern abgeschabt ! Hernach mit Wasser bedeckt, mit reichlich Butter, gut Zucker und einer ordentlichen Prise Salz versehen und solange geköchelt bis das Wasser vollends verdunstet ist. Wer keine kleine Möhren bekommt, nimmt größere und scheibelt diese vor dem Kochen fein. Zuguterletzt noch mit gehackter Petersilie vermengen. Fertig.

Der Dieter Thoma des Pianospiels mit Stimme (Jens, ich bin Sportliebhaber, rein kucktechnisch) erwähnt flugs nach Absprung vom Herdbacken wohlgestimmt, daß grundsätzlich Biogemüse bei ihnen eingekauft wird. Diesen feinen Steilpass schnurstracks aufnehmend, möchte ich auf das Permakultursystem des österreichischen Agrar-Rebells Sepp Holzer aufmerksam machen (www.krameterhof.at).

Es werden Rotweinflaschen auf den Tisch gestellt, zur Begutachtung wie Öffnung. Zum einen handelt es sich um einen Chateau Ayraud, Corbieres 2007 mit weichem Abgang und brombeerigen Tönen (Macon Medaille d´Or 2009). Zum anderen um einen Corbieres 2009 von der Domaine Fontsainte. Beide ergattert bei einem französischen Weinladen am Kaiserdamm.

„Vielleicht hätte ich doch Schweinefilet in Kapernsauce mit Zitrone machen sollen“ philosophiert Jens lauthals und vergnügt auf meine Frage, was denn sein Kochklassiker wäre. Bei solch selbst reflektierenden Anwandlungen, bin ich meistens geneigt, den Kopf bejahend zu schütteln. Auch ein Wolfgang Dauner schuldet mir in der Hinsicht noch seine unschlagbar geltenden Pfannkuchen !

Hm, wandlerisch wie Tischgespräche an solch´einem Abend zu sein pflegen, streifen wir unzählbare Diskussionsthemen. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, sprichwörtlich. Von Biogemüse im Hause Thomas und Geschichten über südländische Ess – und Arbeitsgewohnheiten genauso wie über den Geruch von frischem Tabak und frisch gemahlenen Kaffeebohnen. Bei letzteren beiden Dingen herrscht völlige Übereinstimmung: sobald Feuer mit Tabak, oder Wasser mit Kaffeepulver in Berührung kommt, verwandelt sich süßliche Geruchsverführung in harte wie legale Drogen, ohne die viele Menschen nicht zurande zu kommen scheinen. Wie scheußlich kalter Rauch unsere Riechorgane – und nicht nur die – belästigt ist, sorgt für Pein. Nicht nur an der Peine.

Und siehe da, wir gelangen – wie von Geisterhand geführt – zur piratösen Schändung des Urheberrechts im Internet und den Ungerechtigkeiten und Unsinnigkeiten mancher GEMA-Abrechnungsmodalitäten. Wir schwadronieren inbrünstig und bedauern schlußendlich das Fehlen von Sinnlichkeit, Muse und Spiritualität. Bis uns ein formidabler Apfelkuchen mit selbstgeknetetem Mürbeteig wieder ins Reich der oralen Befriedigung beamt. Scotty, bitte übernehmen Sie !

 

 

Empfehlung des Autors:

 

Kaffee für kostbare Momente…..Momente für kostbaren Kaffee. Die Frustrationen der reisenden Menschen, insbesondere der wach und aufmerksam zu bleibenden Automobilfahrer, explodieren in ungekannte Höhen beim Besuch vielfältigster Kaffeestationen an den Raststätten unserer Welt. Wegelagerei in jeder Hinsicht, preislich wie qualitativ. Machen Sie eine großen Bogen um die industrielle Massenproduktion, auch wenn ich mich wiederhole. Wenn Sie genießen wollen ohne Reue und mit sinnlicher „Vernunft“, wählen Sie einen Handwerksbetrieb, der mit Geschick und Wissen, hochwertige Kaffeebohnen in traditioneller Trommelröstung (nicht nur für Schlagzeugnasen) langsam röstet. An einem Musterbeispiel einer Existenzgründung baut Marco Burkhart. Die Eltern betreiben ein Bioweingut, und in der Familie gibt es auch eine berüchtigte und vom Autor leidenschaftlich besetzte Brotbäckerei. Man hat es also im Blut. Handwerkliche Feinkost. Eine Demarkationslinie, auf der Lebensmittel und Musik ihren Reigen tanzen. Hut ab und Verneigung

!

 

Rösterei Burkhart

Marco Burkhart

Raiffeisenstr. 11

D-79112 Freiburg

fon +49-7664-4040714

fax +49-7664-4040715

info@burkhart-kaffee.de

www.burkhart-kaffee.de

 

 

 

 

Text: Dieter Ilg / www.dieterilg.de

Noch Meer Rebekka !

Schon die ersten von Rebekka Bakken mit selbstimportierten Meeresspezialitäten und frisch am Wiener Naschmarkt gekauften Köstlichkeiten bereiteten Gänge hatten unseren Chef-Gourmet in Begeisterung versetzt. Mit den folgenden Speisen und Weinen sollte sich die norwegische Sängerin nochmals selbst übertreffen. Zum Glück hat sie Dieter Ilg damit nur fast sprachlos gemacht – zu gekonnten Wortspielen war er noch immer fähig.

Chickenmousseburger. Damals in New York City. Ein Gedicht in meiner kulinarischen Erinnerung, die mitunter einige Kapriolen schlägt. Nicht in diesem Fall. In den Bann gezogen von perfekter Großmenge an Hühnerfett, wabert in meinem Darmhirn einmütige Zufriedenheit wenn ich an die Verspeisung dieser hausgemachten Fastfood-Verkörperung denke. Andererseits muß ich nur gelegentlich nach unten oder in den Spiegel schauen, um leicht versteckte Restdepots gut angelegten Specks zu erspähen. Mein persönliches Aktiendepot. Mit mir könnte man Gänseschmalz stehlen…..oder in Schweineschmalz Gebackenes entführen und Lösegeld verlangen, auszuzahlen in Butterbergen statt Wareneuros. Naturalienhandel statt schnöden, unsinnlichen Leerkäufen….
Doch nicht erst beim Einkaufen sondern mit dem Erhalt der Einkaufsliste zur Einsichtnahme und Erörterung schwant mir ein meerwertiges Essen, mit vornehmlich nordeuropäischen Wasserbewohnern als Einweißlieferanten im spätsommerlichen Wiener Herbst. Die Kühle des nahenden Winters sehnend. Dazu verführt uns kein erfrischendes blondes (Bier), sondern eine gefühlsbetonte Norwegerin. Eine Dame ihresgleichen.Unsere verabredete Begegnung am Rande des Naschmarkts hält manchen vor rot wartenden Autofahrer ab, bei grün der Ampel loszufahren. Entgeisterte Wiener. Immer noch besser als kalte Frankfurter (Wüstchen), oder ungewürzte Thüringer wie Nürnberger (Rostbratwürste). Fett beiseite, Vorfahrt für Eiweiß. Fischiges.
Doch zuvor und zuallererst zu Rebekkas Lieblingssommelier in Österreichs Hauptstadt, einem französischen Austernöffnungsenthusiasten aus der Normandie. Jener arbeitet bei Wein&Co in der Filiale am Naschmarkt und beriet unsere Küchenchefin in ihrer Weinwahl, die genauestens nach Rebekkas Gusto abgestimmt sein sollte, um mit den unterschiedlichen Speisengängen zu harmonieren. Wohl geplant. Feinjustierung von Begleitflüssigkeiten. Welche Nahrungsmittel sind so schirch, daß sie sich auf diese Gabe nicht freuen würden ?

Mit prallen Tüten und Kartons jonglieren wir uns durch die Menschenmengen. Es riecht nach Pferdeäpfel, aber kein Fiaker weit und breit. Ist das regionalspezifischer Biodiesel oder eine olfaktorische Fata Morgana ? Keine Burka in der Burggasse. Zuviel verkaufte Pferdeleberkässemmeln ? Au Backe, die Tütengriffe und Taschenhenkel bohren sich in mein Handfleisch, ich konzentriere mich aufs Ausatmen, den Schmerz in die Welt blasend. Was kann das für ein Schmerz sein, wo auf der Welt zu Tode gehungert wird und gleichzeitig soviel Nahrungsmittel im Abfalleimer verschwinden, daß es von der Menge her reichen würde, alle Menschen auf diesem Planeten zu ernähren. Wir stoßseufzen durch die Schleifmühlgasse.

Noch drei Stockwerke, noch zwei, noch eines, wir nehmen all unseren Mut zusammen und läuten Sturmglocken. Wolfgang Muthspiel öffnet uns die Pforte zu seiner Heimwelt. Schnurstracks in die Küche bevor die Arme am Boden schleifen. Der gastgebende Gitarrist schleift scharfe Messer statt weiche Fingernägel.
Wir fallen uns in die Arme. Kein Beckmessern allerorten. Die Küche wartet auf die Künstlerin, der Abend beginnt. Mit einem kalten, mineralwassergetränkten Aperol. Ein Auftakt zu meinem Plaisier, da ich mich diesen Sommer nahezu verliebt habe in dieses (italienische) Kultgetränk. Eiswürfel schmelzen. Beloved.

Die ausgepackten Utensilien stapeln sich auf dem Küchentisch. Sortierung und Orientierung ist angesagt. Rebekka läßt sich die Schürze von Wolfgangs Partnerin Christa, ihrerseits Gemälderestauratorin, umbinden. Das passt ins Bild, hat Stil und legt respektvolle Kompetenz und keine Starallüren an den Tag. Auch eine Schürze kleidet. Schürzenjägerinnenblues. Siehe auch www.schürzenjägerin.de

Was es nicht alles gibt. Und vorallem was es alles gibt.
Rebekka widmet sich konzentriert der Vorspeise, nennen wir ihn „Toast Kaviar a la Bakken“. Wie Rebekka meint: ein Familienrezept. Feingekörnter Kaviar (Lodderogn von den Lofoten), Creme Fraiche, gehackte rote Zwiebeln, Dill und Toastbrot sind im Spiel. Die Pfanne kriegt entzündete Gashitze von unten.“You have to roast the toast with butter. It keeps it rösch (österreichisch = knusprig)“ ist von der Chefin mit entschiedener Gestik zu vernehmen. Hm, es duftet nach karamelisierten Röststoffen. Im Nu ist das Werk vollbracht. Der orangene Fischrogen glänzt in fester Farbe. Die Weiche des Kerzenlichts schafft Aura. Gelbtöne. Draußen rumort der warme September, auch in der Nacht. Bereits Richard Strauß hatte eine Faible dafür. Drinnen setzen wir uns alle gemeinsam an den Tisch und zelebrieren den Menübeginn. Rebekka stellt den ersten Wein ihrer Wahl vor: Riesling vom Gaisberg / 1.Lage, 2010er Kamptal Reserve vom Weingut Schloss Gobelsburg.

Nach einem ersten Schlucke werden Gabel und Messer gezückt oder mit der nackten Hand dem Toast auf den Leib gerückt. Das Brot knuspert, die Gegensätze der Zutaten vermengen sich zu einem äußerst reizvollen, homogenen Gesamteindruck. Sappradi, das passt. Mein lieber Herr Gesangsverein ! Noch ist es nicht soweit, dafür sind alle zu nüchtern und abgelenkt vom Genuss. Vergnügen allerseits. Ein formidabler Start.
Zurück in der Küche ist erst einmal Zigarettenpause angesagt. Währenddessen nehme ich das Rogengläschen unter die Lupe. Lodderogn Masago Orange lese ich in großen Buchstaben, das Kleingedruckte überlese ich beflissen. Gut vorstellbar ist natürlich auch anderer Kaviar z.B. von Seehase, Lachs, Forelle, Saibling, Hecht, Maräne und Stör. Alles abhängig von Geldbeutel, Vorlieben und Ausprobierlust wie Verfügbarkeit. Die Größe der Eier ist nicht ganz vernachlässigbar, desgleichen Geschmack und Konsistenz. Ach.

Dieses war der erste Streich und der zweite folgt sogleich. Klopfen wir auf den Busch, um herauszufinden, was es mit der geapfelten Austernsuppe auf sich hat. Ein Apfel kann adeln, z.B. ein vitaminreicher Berlepsch oder ein norddeutsches Prunkstück namens Finkenwerder Herbstprinz. Ohne Fehl und Tadel. Rebekka schwört für diese Suppe auf die Sorte Granny Smith. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Und die besteht darin, sich beim Öffnen der Austern nicht das Austernmesser in die Hände zu hauen. Blut wollen wir keines sehen. Jeder darf mal ran. Die erste selbstgeöffnete Auster, mein linker Daumenballen zittert. Vertrauen in die Vorsicht steigert ab und an die Konzentration aufs Wesentliche.
Rebekka bemustert jede geöffnete Auster mit Auge und Nase. Kontrolle ist unabdingbar. „Für vier Leute 10cm Staudensellerie“ beschreibt die Sängerin. „Wir brauchen jetzt einen knackigen Wein dazu“. Die geknackten Austern lächeln imaginär. Die angeschwitzen Zwiebeln duften herrlich. Der Zauberstab kommt zum Einsatz. In die pürierte Suppe schüttet Rebekka vorsichtig die kleingeschnittenen Apfelstücke. Fertig. Im zartrosa Tellerporzellan dampft es feinst. Ein zurückhaltend aber bestimmender Austerngeschmack tanzt im Mund sanfte Wegfolgen. Die Festigkeit der Apfelstücke bildet den Gegenpol. Rebekkas Familienrezepte trumpfen auf. Chapeau !
Was kredenzt uns die universale Edelfrau für einen alkoholischen Traubensaft dazu ? Neugierde steigt auf. Mit Betonung und Akzent auf die zweite und dritte Silbe. Ein Grüner Veltliner, Gottschelle 1.Lage, Kremstal Reserve 2010er vom Stift Goettweig (Das Weingut der Benediktiner). So wie Wolfgangs Gesicht strahlt, trifft das genau seinen Geschmack. Mönche im Spiel. Wir recken die Hände gen Himmel. Rebekka lacht lauthals, Wohligkeit türmt sich auf. Wie soll das noch gekrönt werden ? Das erfahren Sie in der nächsten Ausgabe mit Krebsen von Frøya, einem wilden Salatmix aus mütterlicher Hand mit diversen Dipps und einem Nachtischangebot, das sich gewaschen hat.

„Toast Kaviar a la Bakken“
Toastbrotscheiben in Butter von beiden Seiten braten. Crème Fraiche darauf verteilen und einen großen Klecks Kaviar auflegen. Hernach die Zwiebeln darüberstreuen und mit etwas Dill zuoberst servieren.

Feinkörniger Kaviar
Crème Fraiche
Rote Zwiebeln, gehackt
Toastbrot
Dill

„Geapfelte Austernsuppe“
Butter, Sellerie und Schalottenzwiebeln sautieren. Anschwitzen bis es Farbe annimmt und den Wein dazugießen. Zum Kochen bringen und Milch dazugeben, desgleichen Schlagrahm und Bouillon. 1-2 Minuten köcheln lassen und mit dem Stabmixer pürieren. Austernflüssigkeit durch feines Sieb filtern und zusammen mit dem Austernfleisch und der Butter in den Topf geben und das Ganze wieder mit dem Stabmixer pürieren bis sich alles zerkleinert und aufgelöst hat. Mit weißem, gemörsertem Pfeffer würzen. Die fein gewürfelten Apfelstückchen in die tiefen Teller legen und portionsweise die Suppe darübergießen.

10cm feingeschnittener Staudensellerie
2 große, kleingehackte Schalottenzwiebeln
1 EL Butter
1 dl Weißwein
2 dl Milch
1 dl Schlagrahm
1⁄2 Würfel Fischbouillon
5 Austern
1 EL gesalzene Butter
1 klein geschnittener (geschälter) Apfel

Empfehlung vom Autor:
Lust auf Rheingau Riesling ? Qualitätssekt statt billigem Supermarkt-Champagner ? Dann probieren Sie einmal die gereiften Flüssigkeiten des Weingut Peter Jakob Kühn. Mittlerweile Demeter-zertifiziert. Begrünungseinsaat, vollwertiger Kompost und Heilkräuterauszüge sind im Dienst und lassen Pestizide und Botrytizide, Sorbinsäure und Ascorbinsäure, Glucanasen, Kaseinat, Gelatine etc. außen vor. Letztere die Büttel der Weinmanipulation. Nur so ist Wein auch für leibhaftige Veganer geeignet. Ein Winzer, der seinen Weg geht und von Eichelmännern und Parkern nicht unentdeckt geblieben ist. In der Stille ruht die Kraft. Probieren Sie den Riesling Sekt brut sowie den Spätburgunder Rosé Sekt brut.

Weingut Peter Jakob Kühn, Mühlstraße 70 , D-65375 Oestrich-Winkel, fon+49-6723-2299, fax -87788, info@WeingutPJKuehn.de, www.weingutpjkuehn.de

Meer Rebekka

In der Familie Bakken weiß man anscheinend seit jeher das Leben zu genießen. Das legen jedenfalls die „meerwertigen“ Familienrezepte nahe, die Rebekka Bakken für unseren Chef-Gourmet Dieter Ilg und beider Gastgeber Wolfgang Muthspiel gekonnt zubereitete und mit perfekter Weinbegleitung versah. Eigens aus diesem Anlass war Bakken in ihre langjährige alte Wahlheimat Wien geflogen und hatte sogar tiefgefrorene, hochsensible und überaus kostbare Meeresspezialitäten aus ihrem Geburtsland Norwegen im Köfferchen mitgebracht. Damit Dieter Ilg seiner Begeisterung hierüber angemessen Ausdruck verleihen kann, haben wir der Schilderung eine zweiteilige Folge eingeräumt .

Rebekka schwärmt von der Qualität österreichischer Weine. Das wird Ihnen, wenn Sie Teil 1 gelesen haben, bereits aufgefallen sein. „Du wirst sie auch gern haben, trust me“ zwinkerte sie mir beim Schleppen der Wiener Einkaufstüten zu. Felsenfest überzeugt. Genauso stelle ich mir eine Sommeliere vor; jemanden, der andere an den eigenen Entdeckungen Anteil nehmen lassen möchte. Plopp, schallt es leise durch die Küche. Madame hat der Flasche den Zahn, Verzeihung, Korken gezogen. Etwas Luft für das propere Geschöpf. Meer, Verzeihung, mehr dazu später.

„So, very kleine Bananen“ ruft Rebekka, wild mit dem pflanzlichen Gelb fuchtelnd. Eine sehr mutige Mischung sich auf den ersten Blick nicht zu vertragen scheinender Zutaten kündigt sich an. Wildbananen und rote Beete mit Haselnüssen und Salatblätter. Mamma mia. Genau, eine Kreation von Rebekkas Mutter. Norwegen läßt grüßen. Dazu eine Salatsauce aus Senf, Olivenöl, hartem Eigelb, Salz und Pfeffer.
„Extremely important on this salad is the pepper“ läßt die Köchin erklingen. I certainly agree. Wie traurig sind all die Behältnisse mit gemahlenem Pfeffer, wie sie fast ausnahmslos verloren, einsam und vernutzt auf den Gasthoftischen dieser Welt ihr trübes Schicksal blasen. Zu abgestanden, um in die Nase gehaucht vielleicht noch ein Niesen zu erzeugen geschweige denn einen ätherischen Pfeffereindruck zu hinterlassen. Schüttelfrost.
Rebekka kreist noch einmal mit dem Zauberstab durch ein Gefäß. Wir starten ein Chorsingen mit dem Eigenton des surrenden Maschinchen.
„Für ihre mixdrinks ist sie ja berühmt !“ bemerkt Wolfgang nonchalant. Dem sollte ich auch einmal auf den Grund gehen. Eine durchaus animierende Alternative zum Grundtöne spielen. Das Gründen einer mixdrink-Runde.

Rebekka: „He is rocking the wine world !“
Dieter: „Wer ?“
Rebekka: „Rudi.“
Dieter: „Ratlos ?“
Rebekka: „Pichler !“
Dieter:„Ich versteh´nur Eintopf….“
Rebekka: „Dieter !!!!!!!“
Dieter: „Verzeihung.“

Des Rätsels Lösung: Weissenkirchner Achleithen, Riesling Smaragd, 2010, Wachau, von Rudi Pichler.

Rebekka: „Ein Juwel“
Dieter: „ Vom Juwelier ?“
Rebekka: „Dieter !!!!!“
Dieter: „Verzeihung“.“

„It´s fantastic and it needs some years“ meint die Gesangselevin mit funkelnden Augen und eindrücklichem Blick auf meinen sich nicht zu öffnen trauenden Mund“. Ich lächle zurück. Auch wegen der Juwelen, Verzeihung, Mineralien, die sich auf meiner mit Riesling überfluteten Zunge bemerkbar machen. Dieses junge Geschöpf braucht Luft, wie schon Rebekka konstatierte.

Rebekka: „You have to drink them simultaneously“
Dieter: „Gleichzeitig, nebeneinander, im selben Zug ? Wiener Westbahn ?“
Rebekka: „Dieter !!!!!!“

Gemeint war tatsächlich, den feinen Pichler mit einem 2009er, Grüner Veltliner von Prager, Achleiten, Stockkultur, Smaragd, Wachau zu verkosten. Eine durchaus wagemutige Aufgabe, aber weder uninteressant noch nicht passend. Ein lohnender Versuch. Egal, ob Achleiten oder Achleithen ? Ach Rebekka, als ehemalige – wenn auch kurzzeitige – Einwohnerin Prags….könnte ich ja jetzt wieder. Fehlanzeige. Kalauerverbot. Unausgesprochen. Versprochen.

Tochter Bakken bedankt sich bei Mutter Bakken für die Besorgung und Bereitstellung der fundamental wichtigen Hauptspeise: persönlich aus Oslo importierter Krebse von Frøya. Das sind mit Scherenfleisch von mehreren Krabben gefüllte Krabbenhauptkörper. Kucken Sie mal auf eines der Photos. Da liegt so ein Eiweißteil auf seinem Rücken auf weißem Porzellan…..
Erkannt ? Sehenden Auges. Früher wurde man nahezu blind vom Fusel aus der Alpenrepublik, heutzutage blendet die Sonne aus manch einer kaiserlichen Flasche. Kein Franzbranntwein. Um Himmels Willen.
Unsere singende Sissi prostet uns zu. Salat, Krabbenfleisch, die Weißweine, die gemeinsam abgeschmeckten Krabbenfleischdipps. Wolfgang darf Versuchskaninchen spielen und probieren. Er lächelt. Alles harmoniert bestens. Bundrein gewissermaßen. Hut ab.

Zeit zum Dessert. Die nehmen wir uns. Schokolade (70% Edelbitter in diesem Falle) wird im Wasserbad aufgelöst und die Erdbeeren fast ganz durchgezogen.

Dieter: „Erdbeeren im September in Wien ?“
Rebekka: „Verzeihung“
Dieter: „Rebekka !!!!“

:O) = Schallendes Gelächter.

Kleine Gläser und Tässchen werden mit Cantucci gefüllt. „Cantucci von Billa sind die besten“ vernehme ich. „Die mußt Du in den Portwein tunken“. Gesagt, getan. „Also, Chocolate and portwine is a perfect combination“ ist die nächste Verlautbarung. Das Pistazieneis stammt von der Eisdiele Bortolotti ( www.bortolotti.at )aus der Mariahilferstrasse, Christa sei dank. Alles wird zusammen angerichtet. Vor jedem von uns türmt sich eine Batterie süßer Versuchung auf. Vorne links die cantucci, vorne rechts das vom Limoncello getränkte und fein geschmückte Eis, dazwischen die zwei Erdbeeren, hinten links im hochstieligen Glas die Muskat Ottonel Auslese vom Weinlaubenhof Kracher, Burgenland, und hinter den Früchtchen ein verziertes Glas mit der Portwein-Cuvee „Portuguese Love“, einem 2008er Remix (?), Syrah & Blaufränkisch, high volume vom Weingut Artner. In der Flasche des letzteren befindet sich ein Korken mit einem eingebrannten Code für das download eines mp3 – Songs: „Bah-Samba – Restless Soul Remix“. Ach ja…….81g/l Restzucker geben mir den Rest. Ich bin pappsatt und damit definitiv nicht einsam unter Freunden.

Was kann nun noch passieren ? Erhellende Gespräche. „You don´t know where the light comes from“ höre ich mich sagen. Märchen, Mythen, Träume von Erich Fromm, prägender Philosoph des sogenannten normativen Humanismus. Um davon träumen zu können, bedarf es noch eines cafè decaffeiNato. Auch ohne atlantisches Bündniss. Gebündelte Geschichten aus NYC beschäftigen uns. Zufriedene Gesichter, beseeltes Mienenspiel. Rebekkas Verpflichtungen für Interviews am folgenden Morgen, sowie ihr Auftritt bei einem Benefizkonzert für Krebshilfe (Pink Ribbon) am nächsten Abend veranlassen uns, profanen Haushaltstätigkeiten Nachdruck zu verleihen. Flaschen ordnen, aufräumen, spülen. Das sich ewig drehende Rad. Weniger backen, dafür Meer Rebekka……

Krebse von Frøya mit drei verschieden Saucendipps

1-2 gefüllte Krebse pro Person, eventuell mit etwas Zitronensaft besprengen

Salat von Mutter Bakken: (Kleine) Wildbananen schälen und scheibeln, gekochte rote Beete in Scheiben schneiden und mit gehackten Haselnüssen und Salatblättern (z.B. von Romana und Radicchio) nach gusto vermengen.

Rogendipp, Dilldipp und Knoblauchdipp: Dazu stellen wir eine eigene Mayonnaise her, verteilen diese auf 3 Schüsselchen und vermengen den Inhalt jeweils entweder mit kleingehacktem Knoblauch, Fischrogen oder feinstzermessertem Dill.

Dazu einen Prager Gruener Veltliner 2009 und einen Pichler Riesling 2010 zur parallelen Verköstigung.

Allerlei allerlei – Dessert:
– in Schokolade getauchte Erdbeeren
– ein Süßwein namens „Portuguese Love“
– Pistazieneiscreme mit Limoncello, gehackten Pistazien, weißer Schokoladensauce mit Stückchen und hauchdünne Scheiben von einer Limette
– Cantuccini
– Dessertwein von Kracher

Empfehlung des Autors:
Feine Pfeffersorten bekommt der Interessierte bei den beiden folgenden Adressen. Meine Favoriten momentan sind:
Indischer Tellicherry, ein schwarzer Pfeffer mit sehr aromatischem und intensivem Geschmack und leichter Schärfe. Sowie Bengalischer Pfeffer mit leicht süßlichem, fast wärmendem Geschmack.

www.gewuerzkarawane.de
www.orlandosidee-gewuerze.de

Und diesen dann immer frisch vor Gebrauch im Steinmörser auf den gewünschten Mahlgrad stösseln !

Eine Stunde von Wien entfernt befindet sich ein wunderbares Gasthaus zum Entspannen (und Ranzenspannen….). Man möge mir dieses Wortspiel nicht übel nehmen. Nehmen Sie sich die Zeit für einen Ausflug in die bodenständige Haubenküche. Haubentaucherragout steht nicht auf der Speisenkarte, aber dafür dürfen Sie dem nicht Hauben tragenden Küchenteam auf die Haare, Verzeihung, Finger schauen und sich vielleicht den Cheftisch reservieren. Ohne Scherz, eine meiner kulinarischen Höhenflüge in 2011. Auch ohne Pilotenschein. Keine Angst vor Golfspielern und Mountainbikefahrern. Auch (vor)letztere baden nur in heißem Wasser. Event hin oder her. Bei Kaiserwetter sich vortrefflich im Garten verköstigen. Österreich wie es leibt und lebt.

TRIAD
Veronika & Uwe Machreich
Ödhöfen 25, Bad Schönau
A-2853 Krumbach
fon +43-2646-8317